Big points dank Albon
Williams wird gieriger

GP Niederlande 2023

Williams brachte in Zandvoort beide Autos in die Top 10 der Startaufstellung. Und auch im Rennen stimmte der Speed. Alexander Albon hätte besser abschneiden können als Achter. Teamkollege Logan Sargeant verunfallte, was der Technik geschuldet war.

Alexander Albon - Williams - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
Foto: Wilhelm

Die Zeiten sind vorbei, als Williams ausschließlich auf Hochgeschwindigkeitsstrecken ins Mittelfeld stieß. Seit dem großen Umbau beim GP Kanada ist der FW45 gereift. Williams machte mit seiner Quasi-B-Version einen großen Fortschritt, der sich inzwischen auch auf Rennstrecken manifestiert, die auf dem Papier eigentlich gegen das blaue Auto sprechen. So wie Zandvoort mit seinen vielen Kurven, die ein hohes Abtriebslevel verlangen und den kurzen Geraden.

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Es müssen aber noch die Umstände helfen, damit der Traditionsrennstall sogar ganz vorn im Mittelfeld fährt. Oder sogar in die zweite Gruppe eindringt, in der sich für gewöhnlich Aston Martin, McLaren, Mercedes und Ferrari tummeln. In Zandvoort waren das die wechselnden Verhältnisse mit nass und trocken, die allgemein tiefen Asphalttemperaturen über das Wochenende hinweg und ein Wind, der in den Problemkurven entgegenblies. So glückte Williams von der Performance her der stärkste Auftritt überhaupt in diesem Jahr.

Logan Sargeant - Williams - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
xpb

Logan Sargeant kämpft um seinen Verbleib bei Williams. Der US-Amerikaner hat es selbst in der Hand.

Weiter Slicks statt Stopp

Alexander Albon und Logan Sargeant hatten Vertrauen in ihr Auto. Was daran lag, dass es einfach zu fahren war. "Einen so guten Williams bin ich noch nie gefahren", berichtete Albon, der seit 2022 im Team ist. Williams traf die Abstimmung und die richtigen Entscheidungen. Man priorisierte ab dem ersten Training, die Reifen zuverlässig in ihr Arbeitsfenster zu bringen und sie dort zu halten. Das ist unter Mischverhältnissen mehr wert als ein paar Punkte mehr Anpressdruck.

Die Performance stimmte nicht nur in der Qualifikation, sondern auch im Rennen. "Wir hätten aus eigener Kraft Sechster werden können. Bei einem normalen Rennverlauf, aber auch mit dem chaotischen, den wir erlebt haben", sagt Teamchef James Vowles. Heraus kam ein achter Platz für Albon. Für mehr hätte die Strategie passgenauer sein müssen. "Wir hätten am Anfang des Rennens und am Ende bessere Entscheidungen treffen können."

Als es unmittelbar nach dem Start zu regnen begann, hielt der Kommandostand beide Autos auf Slicks auf der Rennstrecke. Im Nachhinein hätten die Strategen anders gehandelt, und mindestens die Taktik gesplittet, wenn nicht sogar beide Fahrer reingeholt. "Wir haben die Dauer des Regens korrekt vorhergesehen, die Intensität jedoch falsch eingeschätzt", gibt Vowles zu.

Technik wirft Sargeant raus

Es regnete kräftig für etwa zwei Runden. Danach schloss sich das Boxenstopp-Fenster schon wieder, weil der Regen aufhörte. "Wer in den ersten beiden Runden nicht auf Intermediates umgeschnallt hatte, musste zwingend draußen bleiben und überleben." Das machten die Williams. Weil sich auf dem Asphalt durch den Fahrbetrieb und den Wind schnell eine trockene Linie bildete, und die Intermediates rasch zu einem Nachteil wurden. Williams hatte noch eine Fehleinschätzung bei seiner Taktik. "Die Reifen haben stärker ausgekühlt, als wir es erwartet hatten", schildert Vowles.

Albon und Sargeant rutschten nach hinten. Der Thailänder rückte wieder auf, als seine Kollegen zurück auf Slicks wechselten. So lag er in Runde 16 bereits wieder an achter Stelle und ab dem 25. Umlauf auf Platz sechs. Der Teamkollege war da schon draußen. Sargeant segelte in der achten Kurve mit Schmackes in die Tecpro-Schutzmauer. Im Gegensatz zu seinem Abflug in der Qualifikation gab es eine technische Ursache. "Er hat den Randstein getroffen. Dabei ist etwas gebrochen. Den Randstein hatte er jedoch bereits am Freitag in den Trainings und den Runden zuvor in den Rennen mitgenommen", erklärt Vowles.

"Wir haben in den Daten festgestellt, dass plötzlich eine große Last auf dem Unterboden war. Der Hydraulikdruck ist zusammengefallen. Und damit auch die Servolenkung ausgestiegen." Danach war für den US-Amerikaner, der um sein Cockpit für 2024 kämpft, nichts mehr zu machen. Vowles nimmt ihn in Schutz: "Er fühlt sich nach den zwei Unfällen so allein wie nie in diesem Jahr. Das ist der Augenblick, wo wir ihn als Team aufrichten und besonders unterstützen müssen."

Alexander Albon - Williams - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
Wilhelm

Beim späten Starkregen reagierte Williams zu spät.

Williams-Fokus auf kommende Jahre

Zurück zu Albon und zur Strategie. Der 27-Jährige hielt 44 Runden auf dem Startreifen durch. "Das schaffst du nur, wenn du in einem guten Auto sitzt. Es war sehr einfach, die Abnutzung der Reifen vorn und hinten zu kontrollieren. Mit dem Fahrstil und den Werkzeugen, die ich hatte, konnte ich die Balance immer dorthin schieben, wo ich sie brauchte."

Vowles ist überzeugt davon, dass der Thailänder Sechster geworden wäre – wenn das Timing in der letzten Regenphase gepasst hätte. Williams verpasste allerdings den Zeitpunkt für den Tausch von Slicks auf Intermediates. Albon tauchte in Runde 61 einen Umlauf zu spät bei seiner Crew auf. "In der Boxenstraße hatte es genieselt. 40 Sekunden später schüttete es", erzählt Vowles. Albon kroch um die Piste.

Mit vier Zählern machte Williams big Points im Kampf um den siebten WM-Platz. Der Rennstall aus Grove hat sich mit 15 Punkten etwas von Haas (11) abgesetzt. Es folgen Alfa Romeo (9) und der WM-Letzte Alpha Tauri (3). Trotzdem war die Stimmung bei Williams nach Zandvoort zunächst leicht gedrückt. "Vor dem Wochenende hätten wir einen achten Platz sofort unterschrieben. Nach dem Rennen sind die Gefühle gemischt. Das liegt daran, dass man in der Formel 1 immer sofort gierig wird, wenn es besser läuft als vorher angenommen."

Das Gefühl der Freude überwiegt dann aber doch: "Wir hatten ein schnelles Auto. Das müssen wir uns klarmachen. Damit wir bei solchen Verhältnissen strategisch besser werden, müssen wir an unserer Kommunikation, unseren Prozessen und Systemen arbeiten." Am FW45 selbst wird sich bis Saisonende kaum mehr etwas ändern. "Wir haben nichts mehr in der Pipeline. Wir müssen also dafür sorgen, die Punkte einzustreichen, die uns angeboten werden." Der Fokus liegt bereits seit einer Weile auf der nächsten Saison – und in Teilen auf 2025, 2026. Williams verfolgt mit Vowles einen langfristigen Plan.

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