McLaren verbaut sich besseres Ergebnis
Neuer Flügel bleibt in der Kiste

GP Niederlande 2023

Für McLaren wäre in Zandvoort mehr möglich gewesen als die acht WM-Punkte. Das Traditionsteam verbaute es sich durch eine unglückliche Strategie und einen Fahrfehler. Vom neuen Heckflügel ließ McLaren ab Samstag die Finger. Wir erklären Ihnen, warum.

Oscar Piastr - McLaren - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
Foto: Wilhelm

McLaren rüstete für den GP Niederlande im hinteren Fahrzeugbereich auf. Ein neuer Heckflügel und Unterflügel sollte die Papaya-Rennwagen auf dem Dünenkurs beflügeln. Am Trainingsfreitag probierten die McLaren-Piloten die neuen Teile aus, und bekundeten einen Fortschritt. Trotzdem verschwanden die Upgrades ab Samstag in der Kiste.

Das Mischwetter machte McLaren einen Strich durch die Rechnung. Die Ingenieure schwenkten um auf die Sicherheitsvariante. "Der neue Flügel hat etwas weniger Abtrieb als das Ungarn-Exemplar, dafür auch weniger Luftwiderstand", erklärte McLaren-Teamchef Andrea Stella. "Im Trockenen wäre er eine sehr gute Wahl gewesen." Leider wechselte aus Sicht von McLaren ab Samstag ständig das Wetter. Für den Mix aus nass und trocken entschied man sich für das alte Exemplar, weil es beide Zustände besser abdeckte.

Unsere Highlights
Lando Norris - McLaren - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
Wilhelm

Lando Norris rutschte durch das falsche Timing des ersten Boxenstopps nach hinten.

McLaren im Rennen vierte Kraft

Am Flügel lag es nicht, dass die McLaren-Fahrer ihre guten Startpositionen zwei und acht nicht in mehr Zähler umsetzten. Sondern an der Taktik und einem Fahrfehler, womit sich Team und Piloten zwei gute Möglichkeiten selbst zunichte machten. Der Rennstall aus Woking verließ den 13. Grand Prix der Saison mit acht WM-Punkten. So wenig wie Mercedes und seit der Nullrunde in Kanada nicht mehr. Seither haben die Ingenieure ihren MCL60 in mehreren Stufen aufgerüstet und damit den Sprung in die Verfolgergruppe hinter Red Bull geschafft, was Lando Norris mit dem zweiten Startplatz einmal mehr unterstrich.

Auf eine Runde war McLaren in Zandvoort die zweite Kraft hinter. Im Renntrimm eher die vierte noch hinter Aston Martin und Mercedes. Dennoch hätten Norris und Oscar Piastri besser abschneiden können als Siebter und Neunter. Hätte McLaren in der Startphase bessere Entscheidungen getroffen. Das Team handelte ähnlich wie Mercedes und fiel ebenso auf die Nase.

Norris kreuzte erst in der dritten Runde zum Wechsel von Slicks auf Intermediates auf. Da hatte er das Fenster für den Stopp schon verpasst. Der Regenschauer war bereits vorbei. "Direkt in der Startrunde zu tauschen, wäre ein Poker gewesen", befand der Teamchef. "In Runde zwei hatten wir aber alle notwendigen Informationen zusammen. Perez hat sie allen geliefert. Er ist auf den Intermediates geflogen. Wir haben nicht richtig reagiert." Norris flog durch das falsche Timing aus den Top 10.

Piastri bremst Reifen eckig

Mit Piastri handelte McLaren zumindest nicht völlig falsch. Der Australier war einer von fünf Fahrern, die in der Regenphase auf Slicks ausharrten und überlebten. Piastri purzelte bis auf Position 16 und hatte doch gute Aussichten auf Punkte. "Platz sechs nach dem Safety-Car wäre machbar gewesen", erläutert Stella. Ab Runde neun schwenkte das Pendel zugunsten der Slick-Fahrer um. In diesem Umlauf drehte Piastri eine Zeit von 1:19.061 Minuten. Max Verstappen war in 1:23.313 Minuten auf den profilierten Pirellis um 4,3 Sekunden langsamer.

Doch nur Lewis Hamilton, Kevin Magnussen und Lance Stroll reagierten unmittelbar mit Reifenwechseln zurück auf Slicks in dieser Phase. "Es hat uns ein wenig überrascht, dass nicht mehr gehandelt haben", sagt Stella. Eine Hürde musste Piastri selbst noch aus dem Weg räumen – den Williams von Alexander Albon. Er tat es in Runde zehn. "Danach war Oscar richtig schnell unterwegs."

In Runde 13 war der Rookie schon wieder Achter. Mit Aussicht auf mehr. Dann streute der 22-Jährige im Zweikampf mit Magnussen jedoch einen Fehler ein. "In Kurve eins hat er sich einen Bremsplatten eingefangen. Das zwang ihn zum Reifenwechsel. Leider, bevor das Safety-Car kam", erklärt Rennleiter Stella.

Hamilton - Norris - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
Wilhelm

Mercedes schneller als McLaren: Lewis Hamilton knackte Norris auf der Strecke.

McLarens Maßnahmen für Monza

Beide McLaren befanden sich beim ersten Restart außerhalb der Punkte. Norris klebte im Heck von Yuki Tsunoda, dessen Alpha Tauri unüberwindbar war. Es fehlte Topspeed. Mit dem neuen Flügel hätte Norris bessere Chancen gehabt, den Alpha Tauri zu knacken. Weil dieser die Höchstgeschwindigkeit steigert. "Dieser effizientere Flügel wird uns auf Strecken wie Singapur, Japan und Katar helfen", blickt Stella voraus.

Bis zum nächsten Reifenwechsel in Runde 42 steckte Norris 20 Umläufe hinter dem Japaner. Es gab noch einen weiteren Grund dafür. "Wir haben zu viel in den Kurven neun, zehn und zwölf verloren. Lando konnte nicht dicht genug an Tsunoda dranbleiben, um ihn auf Start-Ziel zu überholen." Diese Kurven waren die drei Problemstellen von McLaren in Zandvoort: jeweils langgezogen, durchfahren im zweiten oder dritten Gang mit unter 120 km/h. In Kurven dieser Art muss McLaren noch Performance finden.

Im direkten Duell mit Hamilton hatte Norris das Nachsehen. Was unterstreicht, dass McLaren im Renntrimm nur die Nummer vier war. Der letzte Neustart im Nassen brachte der Team-Speerspitze keine Verbesserung mehr. Dafür aber ein beschädigtes Auto, das er sich im Zweikampf mit George Russell einhandelte. "Das war ein Handicap für das Finale", so Stella. Andererseits hatte Norris Glück, nicht wie Russell mit Plattfuß aus dem Kampf um Punkte gerissen zu werden.

Piastri kletterte durch die Panne am Mercedes um eine Position. Der Youngster erhielt am Zandvoort-Wochenende mal wieder ein Sonderlob. Mit ihm und Norris hat McLaren zwei potenzielle GP-Sieger und Weltmeister an Bord. Stella über Piastri: "Oscar ist nicht nur schnell. Er hat auch den Kopf, um sein Talent zu nutzen. Er lässt sich in seinem Lernprozess durch nichts ablenken. Und obendrein ist er ein guter Kerl, mit Benehmen und der richtigen Einstellung."

Nächste Station Monza. Nach den Erfahrungen von Spa, als McLaren keinen passenden Heckflügel für die Hochgeschwindigkeitsstrecke hatte, hat das Team nachjustiert. "Wir haben Maßnahmen ergriffen, um unseren Topspeed zu steigern. Wir versprechen uns davon, sowohl auf eine Runde schnell zu sein, als auch ein gutes Rennauto zu haben."

Live
GP Imola