Verpasste Chance in Zandvoort
Minus-Rekord für Mercedes

GP Niederlande 2023

Mercedes stimmte beim Niederlande-Grand-Prix in das Lied von Ferrari mit ein. Man rechnete vor, wo man hätte landen können, wenn alles richtig gelaufen wäre. Doch es ging zu viel schief. Noch nie war die Punkte-Ausbeute so gering.

Lewis Hamilton - GP Niederlande 2023
Foto: xpb

Zandvoort ist eine Rennstrecke, auf der Mercedes groß absahnen wollte. Und es sprach viel dafür, dass Max Verstappens Heimspiel für Mercedes zum besten Saisonrennen werden könnte. Der Mercedes W14 mag diese Art Rennstrecke. Dazu kam eine Auffrischung des Phase-2-Upgrades. Und die Fahrer fühlten sich vom ersten Training an wohl in ihren Autos. George Russell meinte, dass es einer der besseren Freitage für das Team gewesen sei.

Der Engländer lieferte als Dritter der Startaufstellung auch am Samstag ab. Die Krise, wenn es überhaupt eine gab, war damit abgehakt. Lewis Hamilton dagegen blieb im Q2 hängen. Das war schon der erste Fingerzeig, dass an diesem Wochenende noch viel schiefgehen sollte.

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Yuki Tsunoda mag den Aufstieg ins Q3 verhindert haben, doch Hamilton hätte wohl auch im Top-Ten-Finale keine große Rolle gespielt. Das Setup, das er gewählt hatte, war ein Schritt zurück. "Mir fehlte bei den Mischbedingungen das Vertrauen ins Auto", erklärte der Rekordsieger.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Niederlande - Zandvoort - Samstag - 26.8.2023
Motorsport Images

Lewis Hamilton haderte mit dem Setup seines Mercedes.

Gratwanderung mit dem Setup

Es ist das Problem, das Mercedes seit Saisonbeginn verfolgt. Wenn die Fahrer das optimale Setup nicht treffen, überrascht sie ihr Auto mit unberechenbaren Reaktionen. Und es ist immer noch eine Gratwanderung, ins Schwarze zu treffen, bei wechselnden Bedingungen ganz besonders.

Wenn man sich den guten Rennspeed von Hamilton ansieht, dann liegt der Verdacht nahe, dass sich Fahrer und Ingenieure zu sehr auf Longruns konzentriert haben und deshalb ihre Reifen am Samstag nicht zuverlässig in ihr Arbeitsfenster brachten.

Noch war nichts verloren. Das Rennen bot viele Möglichkeiten verpasste Chancen vom Training zu korrigieren, aber natürlich auch alles falsch zu machen.

Mercedes wählte einen Mittelweg, wie es Toto Wolff ausdrückte: "In den ersten 15 Runden haben wir so ziemlich alles falsch gemacht, was wir hätten falsch machen können. Das hat uns jede Chance auf einen Kampf um einen Podestplatz gekostet. In den folgenden 50 Runden bis zur roten Flagge war das Auto auf jeder Reifenmischung schnell, wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen, und die Fahrer zeigten großartige Aufholjagden."

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Niederlande 2023 - Zandvoort - Rennen
Wilhelm

Der Regen erwischte die Mercedes-Strategen auf dem falschen Fuß.

Zu lange auf Slicks im Regen

Das Schicksal besiegelte sich schon in den ersten Runden. Die Mercedes-Piloten blieben zu lange auf der Strecke und statt dann zu versuchen, mit einem der beiden Fahrer auf Slicks zu überleben, machten die Strategen die Rolle rückwärts. Der Kommandostand holte Hamilton in der dritten und Russell in der vierten Runde an die Box. Wenigstens ein Risiko hätte man eingehen können. Entweder gleich in der ersten Runde stoppen oder durchfahren.

Hamilton wollte Reifen wechseln, wurde aber vertröstet. Der Medium-Reifen war auf nasser Fahrbahn ein zusätzliches Handikap. Russell glaubte, dass Durchhalten möglich ist, gab dann aber trotzdem klein bei. "Wir rechneten damit, dass es nur ein paar Minuten regnen würde, aber am Ende waren es fast zehn. Es war Zeit für die Intermediates, aber ich dachte, ich könnte noch ein oder zwei Runden durchhalten, wenn es nur kurz regnen würde, aber das war nicht der Fall."

Beim Wechsel zurück auf Slicks lag Mercedes genau richtig. Hamilton war einer der ersten, Russell schwamm mit dem Gros des Feldes mit. Doch der Preis für den Zeitverlust am Anfang war zu hoch. Die beiden Mercedes gingen auf den Plätzen 16 und 18 in das lange Trockenrennen zwischen den beiden Regenphasen.

George Russell - Lewis Hamilton - Mercedes - Formel 1 - GP Niederlande - Zandvoort - Rennen - 27. August 2023
xpb

Nach dem Rennen diskutierte man bei Mercedes, was für ein Ergebnis ohne die Taktik-Fehler möglich gewesen wäre.

Lieber schnelles Auto und schlechten Tag

Kurz bevor es wieder zu schütten begann, hatten sich Hamilton und Russell auf die Plätze 7 und 8 vorgekämpft. Hamilton resümierte: "Als Team haben wir die falsche Entscheidung getroffen und den Preis dafür bezahlt, indem wir auf den letzten Platz zurückgefallen sind. Jedes Mal, wenn ich an die Box kam, fiel ich zurück, aber ich habe immer weiter gekämpft."

Eine Belohnung blieb aus. Hamilton biss sich hinter Carlos Sainz fest. Er war schneller, kam aber nicht vorbei. Im Regen war DRS verboten. Russell legte sich nach dem Re-Start in Kurve 11 mit Lando Norris an und handelte sich im Rad-an-Rad-Duell auch noch einen Reifenschaden ein.

Acht Punkte waren ein Minus-Rekord für dieses Jahr. Deshalb redeten bei Mercedes hinterher viele im Konjunktiv. "Es überwiegt die Frage, was hätte sein können: Hätten wir den Speed gehabt, um die ersten beiden Fahrer herauszufordern, wenn wir andere Entscheidungen getroffen hätten?", stellte Hamilton in den Raum.

Russell sah die positive Seite: "Wir haben lieber ein schnelles Auto und einen schlechten Tag als umgekehrt. Heute war eine verpasste Gelegenheit. Wir hatten ein schnelles Auto, aber unsere Entscheidungen mit Blick auf das Wetter liefen gegen uns."

Toto Wolff bedauerte: "Es war die Art von Tag, an dem wir an der Spitze hätten mitmischen sollen. Aber hätte, wäre und wenn zählen in diesem Sport nichts." Deshalb fordert der Österreicher: "Aston Martin und McLaren haben gezeigt, dass man mit einem Upgrade große Sprünge machen kann. Wir müssen in der Lage sein, das Gleiche zu tun."

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