Keine böse Überraschung für Mercedes
Falsches Setup bei Griff nach Sternen

GP Monaco 2023

Das Debüt des runderneuerten Mercedes verlief ordentlich und ohne bösen Überraschungen. Mit dem Rückstand auf die Spitze war Teamchef Toto Wolff zufrieden, nicht aber mit den Positionen sechs und acht. Ein Risiko-Entscheidung mit dem Setup führte Lewis Hamilton nicht zum Erfolg. Wolff kommentierte nach der Qualifikation zum GP Monaco auch die Gerüchte um seinen Superstar.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Monaco 2023
Foto: Wilhelm

Monaco ist nicht der Ort, um umfangreiche Upgrades beurteilen zu können. Dafür ist die Strecke zu eigen. Dafür spielt die Aerodynamik aufgrund der niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeiten eine zu untergeordnete Rolle. Es zählt mehr der mechanische Grip und welche Haftung die Reifen aufbauen. Doch auch im Fürstentum lassen sich erste Daten zu neuen Teilen sammeln, und Vergleiche mit den Ergebnissen aus dem Windkanal und den Simulationen anstellen.

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Darum geht es am sechsten Rennwochenende der Saison grundsätzlich für Mercedes, das mit einer B-Version im Fürstentum auftauchte, die eigentlich schon für Imola vorgesehen war. Das Rennen in der Emilia-Romagna fiel bekanntlich aus. Der umfangreiche Umbau der Vorderradaufhängung, der Verkleidungsteile und des Unterbodens brachte Mercedes zwar keine besseren Resultate, aber wenigstens die Erkenntnis, dass am neuen Paket nichts faul ist. Oder wie es Teamchef Toto Wolff umschreibt. "Das Schlimmste wäre es gewesen, wenn wir irgendwelche fiesen Überraschungen erlebt hätten. Das ist schon mal nicht eingetroffen."

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Monaco 2023
Wilhelm
Lewis Hamilton erreichte in der Qualifikation zum GP Monaco den sechsten Platz.

Upgrade ohne Kopfzerbrechen

Auch George Russell sah das Glas nach der Qualifikation in Monte Carlo eher halbvoll als halbleer. "Das Upgrade bereitet uns zumindest kein Kopfzerbrechen, was schon mal gut ist." Ob es als Startpunkt gut genug ist, um noch in dieser Saison um Rennsiege zu kämpfen, werden erst die kommenden Wochen zeigen. "Wir haben zumindest ein paar Fragezeichen ausgeräumt, wie zum Beispiel über unseren vorher extravaganten Seitenkasten oder die Vorderradaufhängung", sagt Wolff.

Weiter bittet der Österreicher um mehr Zeit: "Unser Verständnis zu unserem aktuellen Auto ist noch unausgereift. Wir befinden uns in einem Frühstadium. Wir sind aerodynamisch und mechanisch in eine neue Richtung marschiert. Wir müssen mehr Erfahrung und weitere Daten sammeln. Dafür wird auch das nächste Rennen in Barcelona allein nicht ausreichen. Wir müssen auf verschiedenen Strecken fahren, um dann schlussendlich mehr aus dem Paket zu quetschen. Und es wird weiter neue Teile geben", schildert Wolff. Um es zu vereinfachen: Monaco soll der erste Schritt sein, viele weitere müssen folgen.

Das Wochenende begann vielversprechend für Mercedes. Sowohl Red Bull als auch Aston Martin und Ferrari waren am Trainingsfreitag in Sichtweite. Besonders mit Hamilton, der sich in seinem neuen Silberpfeil schnell wohlfühlte. Und auch nach dem dritten Training hatte man im Lager der Silberpfeile das Gefühl, ein Wörtchen um die ersten beiden Startreihen mitzusprechen. Obwohl Lewis Hamilton fünf Minuten vor dem Session-Ende in der Mirabeau-Kurve in die Leitplanke segelte. Dabei beschädigte der 38-Jährige die linke Vorderradaufhängung. Den Mechanikern blieb in der zweieinhalbstündigen Mittagspause ausreichend Zeit für die Wiederherstellung.

Mercedes - Unterboden - GP Monaco 2023
xpb
Mercedes am Haken: Die Fotografen schießen hochauflösende Bilder vom sensiblen Unterboden.

Mercedes am Haken

Nur eines missfiel dem Teamchef. Dass die B-Version am Haken des Bergekrans wie ein Fisch an der Angel zappelte, und der von unten sonst nicht sichtbare Unterboden der schaulustigen Konkurrenz entblößt wurde. "Ich verstehe nicht, wieso unser Auto überhaupt so abtransportiert wurde. Es hätte auch gereicht, es auf einen der Trucks zu verladen", sagte Wolff. Vielleicht ist es ein kleiner Trost, dass auch die Spione von Mercedes an diesem Wochenende fündig wurden. Vom Ferrari und Red Bull schossen die Fotografen nach Unfällen ebenfalls Bilder vom sensibelsten Bereich der Autos.

Zurück zur Qualifikation. Mercedes ließ sich von Hamiltons Crash nicht beirren, und suchte das Risiko. Man wollte nach den Sternen greifen, weil man ein Topergebnis witterte. Hamilton entschied sich dazu, mit der Abstimmung einen etwas anderen Weg als Teamkollege Russell einzuschlagen. "Wir haben uns entschlossen, mit dem Setup bei Lewis eine mutige Entscheidung zu treffen. Das hat sich leider nicht als richtig erwiesen, und uns auf den falschen Fuß gestellt", berichtete der Teamchef.

Der Umbau kostete speziell im ersten Streckenabschnitt an Rundenzeit. "Es hat unsere Performance gerade in der ersten fliegenden Runde etwas beeinträchtigt. Der Grip war im ersten Sektor nicht sofort da. Das hat speziell die erste Kurve knifflig gemacht." Klingt danach, dass die Reifen noch nicht richtig auf Betriebstemperatur waren. Die Quali verlief deshalb holprig, besonders zu Beginn. Hamilton musste bis zum letzten Augenblick in Q1 um den Aufstieg zittern, bis er sich selbst mit einer guten Runde erlöste. Er verbrauchte in den ersten beiden Teilen mehr Reifensätze als Mercedes lieb war.

George Russell - Mercedes - GP Monaco 2023
Wilhelm
George Russell glückte in der Quali nur die achtschnellste Rundenzeit.

Pakt mit Hamilton

Erst im Finale tauhte der schillerndste Star der Formel 1 mehr auf. Es reichte, um eine bessere Startposition als Russell herauszufahren. Mit einem konservativeren Setup wäre vermutlich mehr drin gelegen als Platz sechs. Wenngleich beide Mercedes-Piloten keine optimale Runde im Q3 erwischten. Beide hatten nicht das perfekte Timing, wie zum Beispiel Alpine-Pilot Esteban Ocon, der sich den vierten Platz sicherte. "Mit sauberen Runden hätten wir beide Autos in die Top 6 gebracht", glaubt Wolff. "Vielleicht lagen sogar die ersten vier Positionen für uns drin."

Mit dem Abstand auf die Spitze war man bei Mercedes einigermaßen zufrieden. Mit den Startpositionen fünf (dank der Leclerc-Strafe) und acht für den Grand Prix nicht. Hamilton verlor 0,360 Sekunden auf Pole-Mann Max Verstappen. Russell mit einer zu aggressiven Runde sechs Zehntel. Klingt besonders im Fall von Hamilton nicht nach viel. Doch Monte Carlo ist die kürzeste Strecke. Deshalb fallen die Zeitunterschiede generell geringer aus als sonst.

Ein Problem, das sich durch die Saison zieht, verfolgte Mercedes auch in Monaco – trotz der B-Version. Das Heck ist noch zu lose. "Es ist immer noch zu biestig", stellt der Teamchef fest. "Ich bin aber optimistisch, dass wir das mit einem besseren Verständnis unseres Upgrades lösen. Aber wir befinden uns auf einem langen Weg zurück auf die Erfolgsstraße." Gerne hätte Mercedes einen fundamentaleren Eingriff vorgenommen, was unter den Fesseln der Budgetdeckelung nicht möglich ist. "Sonst hätten wir ein neues Chassis gebaut."

Natürlich ging es in der Presserunde von Toto Wolff am Samstagabend auch um die Gerüchte um seinen Superstar und Ferrari, die beiden Parteien Verhandlungen nachsagten. Was beide bestritten. Und auch der Mercedes-Rennleiter ins Reich der Fabeln verweist. "Das sind nichts als Gerüchte. Wir sind in einer Super-Position mit Lewis. Es gibt keine Stolpersteine bei den Vertragsverhandlungen." Auch selbst schaue man sich nicht um. "Wir haben vor Jahren den Pakt geschlossen, dass wir erst miteinander zu Ende verhandeln, bevor wir mit anderen Fahrern sprechen würden."

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