Ferraris Leidensweg in Zandvoort
Besser als das Resultat

GP Niederlande 2023

Ferrari will wieder besser gewesen sein als das Resultat. Die Punktediät hatte ihre Ursache darin, dass es das Team nicht schaffte, das Wochenende perfekt abzuwickeln. Die Technikabteilung glaubt die Fehler des Autos erkannt zu haben und plant für 2024 eine Neukonstruktion.

Charles Leclerc - Carlos Sainz - Ferrari - GP Niederlande 2023 - Formel 1 - Rennen - 27. August 2023
Foto: xpb

Carlos Sainz fasste die Situation von Ferrari in dieser Saison in drei kurze Sätze: "Vor Budapest dachten wir, dass wir dort stark sein würden. Vor Spa dagegen hatten wir Respekt. Es kam genau umgekehrt." Mit anderen Worten: Ferrari tut sich schwer, sein eigenes Auto zu verstehen.

Technikchef Enrico Cardile widerspricht: "Für uns ist glasklar, was wir mit dem Auto falsch gemacht haben. Und was die Schwachstellen sind. Wir befinden uns nicht im Niemandsland. Jetzt liegt es an uns, aus diesem Wissen 2024 ein gutes Produkt zu formen. Wir wissen, was wir zu tun haben. Wir müssen es nur umsetzen und die richtige Architektur und die richtigen Zutaten finden, um unsere Ziele zu erreichen."

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Die Teamleitung und das Technikbüro machen Ferraris Defizite daran fest, dass es zu selten gelingt, ein Wochenende von A bis Z planmäßig über die Runden zu bringen. "Wenn es im Feld so eng zugeht wie gerade, dann haben die richtigen Entscheidungen mehr Einfluss auf das Ergebnis als das Potenzial des Autos. Das schließt die Vorbereitung des Wochenendes, das Setup, die Strategie, die Leistung der Fahrer und die Boxenstopps mit ein", predigt Teamchef Frédéric Vasseur.

Frederic Vasseur - Ferrari - Teamchef - GP Niederlande 2023 - Formel 1
xpb

Teamchef Frédéric Vasseur erlebt in seinem ersten Ferrari-Jahr eine schwierige Saison.

Setup mit zu wenig Abtrieb

Der Franzose zitiert das Q2 als Beispiel: "Da lagen acht Autos von sechs Teams innerhalb von dreieinhalb Zehnteln. Bei so minimalen Abständen bist du genauso schnell vorne wie hinten. Wir haben einige Dinge nicht so hingebracht wie gewünscht." Dazu zählte zum Beispiel das Setup der Autos. Die Ferrari waren zu sehr auf Topspeed getrimmt. "Das Wetter war leider gegen uns. Ohne den Regen hätten wir besser ausgesehen", glaubt der Teamchef.

Vasseur verweist auch auf das unglückliche Wochenende von Charles Leclerc, der seiner Meinung nach den Speed hatte wie die Aston Martin, Mercerdes und McLaren. "Der Unfall von Charles in der Qualifikation hat uns genauso zurückgeworfen wie der erste Boxenstopp. Die Entscheidung von Charles gleich nach der ersten Runde hereinzukommen war goldrichtig. Doch seine Ankündigung kam so spät, dass die Reifen nicht bereitlagen."

Der Stopp dauerte zwölf Sekunden länger als geplant. Trotzdem gewann Leclerc noch fünf Positionen. Andererseits: Red Bull hatte mit Sergio Perez das gleiche Problem, schenkte aber nur zwei Sekunden her. Leclercs Pech war, dass er sich bei einer Kollision mit Oscar Piastri das Rennen zerstörte. Die Frontflügelendplatte geriet unter das Auto und beschädigte nachhaltig den Unterboden.

Charles Leclerc - Ferrari - GP Niederlande - Zandvoort - Samstag - 26.8.2023
Motorsport Images

Charles Leclerc sah in Zandvoort nicht die Zielflagge und fiel in der WM-Tabelle hinter seinen Teamkollegen Carlos Sainz zurück.

Reifen-Handicap für Sainz

Das Rennen von Sainz verlief zunächst normal. Der Spanier schlug sich die meiste Zeit mit Pierre Gasly, Lewis Hamilton und Lando Norris herum. Trotz fehlerloser Fahrt profitierte Sainz nicht von den Fünfsekunden-Strafen für Perez und Gasly. "Wir hatten beim dritten Boxenstopp nur noch gebrauchte Soft-Reifen für Carlos. Gasly hatte frische. Und zum Schluss mussten wir auf einen Satz Intermediates zurückgreifen, der in der Qualifikation beschädigt wurde", bedauerte Vasseur.

Sein Fahrer konnte von Glück reden, dass in den letzten sechs Runden DRS nicht mehr aktiviert werden durfte. "Sonst hätte ich mir Carlos noch geschnappt. Aber ohne DRS hatte ich zu wenig Topspeed", ärgerte sich Hamilton. Vasseur kam zu dem Schluss: "Wir waren wieder mal besser als das Resultat."

Carlos Sainz - Ferrari - GP Niederlande - Zandvoort - Samstag - 26.8.2023
xpb

Carlos Sainz hielt in seinem SF-23 Lewis Hamilton hinter sich und wurde Fünfter.

Hauptübel liegt in der Aerodynamik

Der Ferrari SF-23 ist eine Diva, die nur dann einigermaßen ihr Potenzial zeigen kann, wenn in der Vorbereitung alles glattläuft. Die starken Formschwankungen haben nach Ansicht von Enrico Cardile einen Grund: "Unsere Hauptschwäche ist die Charakteristik der Aerodynamik. Das wissen wir seit den Testfahrten in Bahrain. Leider war die Entwicklungsgeschwindigkeit beim Versuch, dieses Problem abzustellen, nicht zufriedenstellend."

Ferrari wird bis zum Saisonende noch einige Upgrades bringen, doch der Fokus liegt längst auf dem 2024er-Auto, wie Cardile bestätigt: "Das nächstjährige Auto wird keine Evolution des alten, sondern eine brandneue Konstruktion sein. Wir haben in der Architektur des Autos ein paar falsche Entscheidungen getroffen, die uns in der Aerodynamik-Entwicklung einschränken. 2024 werden wir ein neues Chassis, ein neues Heck und ein neues Design haben."

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