McLarens Siegtraum zerplatzt
Drei Problemkurven in Austin

GP USA 2023

McLaren träumte nach dem Raketenstart von Lando Norris in den GP USA vom Sieg. Doch Red Bull und Mercedes hatten das schnellere Rennauto und den geringeren Reifenverschleiß. Drei Kurven bremsten McLaren aus. Die Mängelliste kann das Team erst 2024 abarbeiten.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP USA 2023 - Austin - Rennen
Foto: Motorsport Images

Es war ein Wochenende der gemischten Gefühle. Bei Mercedes und bei McLaren. Toto Wolff hatte sich nach dem zweiten Platz von Lewis Hamilton auf der Strecke geärgert. Weil sein Schützling mit einer besseren Strategie womöglich hätte Max Verstappen stürzen können. Am Ende war es nach der Disqualifikation egal.

McLaren-Rennleiter Andrea Stelle schwankte ebenfalls hin und her. Wieder landete einer seiner Fahrer auf dem Podest. Zum achten Mal in diesem Jahr. Andererseits hatte McLaren nach dem ersten Rennteil die leise Hoffnung, den Grand Prix der USA gewinnen zu können. "Mit dem ersten Reifensatz sah es danach aus, dass wir eine echte Siegchance haben. Zumal Max Verstappen strauchelte." Doch für den großen Wurf fehlte die Pace im zweiten und dritten Stint. Der Reifenverschleiß war zu hoch im Vergleich zu Red Bull und Mercedes.

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Lando Norris - McLaren - GP USA 2023 - Austin
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Lando Norris schoss beim Start in Führung und träumte in Austin vom ersten Formel-1-Sieg.

Norris geht die Luft aus

Schon im ersten Abschnitt sah man, dass Hamilton schneller ist. Als der 38-Jährige freie Bahn hatte, verkürzte er den Abstand zu Norris innerhalb von zehn Runden von 3,2 auf 1,7 Sekunden. Ein früherer Stopp verschaffte dem WM-Sechsten wieder Luft. Nach dem Tausch auf die harte Mischung drückte Verstappen von hinten. Und überholte Norris, der bis dahin 21 der 27 Rennrunden angeführt hatte. Im Zweikampf belastete der 23-Jährige obendrein die Reifen zu stark.

Das trieb Norris gepaart mit dem Versuch, den Platz gegen Verstappen über die Strategie zurückzugewinnen, in einen früheren zweiten Reifenhalt. Im Schlussteil verlor Norris dann noch eine weitere Position an Hamilton, die er am grünen Tisch später zurückbekam. Der Brite erklärte nach seinem zwölften Karriere-Podest die Grundsatzproblematik. "Zum Ende der Stints ist mir jeweils die Luft ausgegangen." Also die Reifen eingegangen.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP USA 2023 - Austin - Rennen
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Norris hatte mehr mit den Reifen zu kämpfen als Hamilton und Verstappen.

Quali weiter die McLaren-Stärke

McLaren hatte auch in Austin ein schnelles Auto, und trat erneut den Beweis an, dass der MCL60 fast überall auf das Podium fahren kann. Aus einer Krücke wurde ein gutes Rennauto – dank Generalumbau unter der Saison. "Jede Ausbaustufe saß", freut sich der zweite McLaren-Pilot Oscar Piastri. Die Qualifikation bleibt die stärkere Disziplin. "Da überdecken weiche Reifen unsere Defizite, die wir immer noch mit uns herumschleppen", erklärt Norris.

Der McLaren MCL60 ist superschnell in Highspeed-Passagen, und dort teilweise sogar schneller als der Red Bull. Auch in mittelschnellen Kurven haben ihn die vielen neuen Teile stark verbessert. Nur in den langsamen Teilen hakt es. Daran änderte auch die letzte große Ausbaustufe in Singapur nichts. "Die hat uns vor allem in mittelschnellen Kurven geholfen und weniger in den langsamen", referiert Teamchef Stella.

Oscar Piastri - McLaren - GP USA 2023 - Austin - Formel 1
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McLarens Stärke ist das Qualifying. Hier kaschiert der MCL60 mit weichen Reifen besser seine Schwächen.

Das Problem mit den langsamen Kurven

Der Circuit of the Americas mixt alle Kurventypen in eine Runde. Viel mehr langsame als zuletzt in Suzuka oder Katar. An drei langsamen Kehren hatte McLaren besonders zu knabbern: die Kurven 1, 11 und 12. Das sind die Spitzenkehren, aus denen die Piloten in Austin aus höheren Geschwindigkeiten auf 75 bis 85 km/h herunter bremsen. "Wenn man sich die GPS-Daten anschaut und erkennt, wie viel wir in langsamen Kurven verlieren, bin ich überrascht, dass wir überhaupt mit Red Bull und Mercedes kämpfen können", umschreibt Norris das große Defizit.

Im Rennen erlebte man in der 25. Runde, wie sehr er in den langsamen Passagen strauchelte. In Kurve 11, die schlimmste für McLaren am gesamten Wochenende, hebelte es ihn aus, trieb es seinen McLaren weit und schließlich in die Fänge von Max Verstappen. Der Red Bull gewann in besagtem Umlauf 1,2 Sekunden auf das Auto mit der Startnummer 4 – und sicherte sich darauf den DRS-Vorteil, durch den er Norris später überflügelte.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP USA 2023 - Austin - Rennen
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Max Verstappen überholte Lando Norris nach dem ersten Stopp und war vom McLaren-Mann nicht mehr zu halten.

Nachteil durch harte Reifenwahl

Die Baustelle langsame Kurven wird McLaren in dieser Saison nicht mehr räumen. "Das ist ein Projekt für das 2024er Auto." Und was braucht es dazu, Herr Stella? "Die Problemlösung betrifft etwas den mechanischen Bereich, hauptsächlich aber die Aerodynamik." Parallel muss McLaren an die Reifenabnutzung ran.

Die ist zwar deutlich besser geworden, aber noch nicht auf Niveau von Red Bull oder Mercedes, wenn man wie in Austin Norris auf volle Attacke gepolt ist. Man nehme nur Verstappen als Vergleichsmaßstab, dem wegen Bremsproblemen oft Vorder- oder Hinterräder blockierten, der aber trotzdem weniger hart die Reifen herannahm.

Einen kleinen Nachteil hatte sich McLaren schon vor dem Rennwochenende eingehandelt. Die Strategen setzten auf zwei harte Garnituren im Rennen und auf nur einen Satz Medium. Die Konkurrenz wählte das Gegenteil – und fuhr besser damit. "Wir sind normal auf dem harten Reifen gut. Deshalb haben wir uns dafür entschieden", führt Stella aus. "An einem Sprint-Wochenende gibt es kein Zurück mehr. Du entscheidest vor dem ersten Training und musst deinen Plan dann durchziehen."

Oscar Piastri - McLaren - GP USA 2023 - Austin
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McLaren will die Probleme in langsamen Kurven für 2024 ausmerzen.

Piastris steile Lernkurve

Im Rennen stellte sich heraus, dass der Mediumreifen der bessere war. Am Ergebnis hätte sich nichts geändert. "Lando wäre mit einem zweiten Satz der Mediums schneller, aber immer noch hinter Verstappen und Hamilton ins Ziel gekommen." Apropos Ziel: Das sah Teamkollege Piastri nicht. Der Australier musste mit Schaden in der zehnten Runde abstellen. "Beim Kontakt mit Ocon in der Startrunde wurden die Wasserleitungen unter dem Seitenkasten beschädigt", erklärt Stella. "Der Druck ist gefallen, die Temperaturen gingen durch die Decke."

Und trotzdem zeigten selbst diese zehn Runden, wie schnell der Rookie lernt. "Wir haben ihm nach dem Sprint gesagt, er solle sich im Hauptrennen auf das Fahren und das Reifenmanagement konzentrieren. Er hat die Reifen viel besser behandelt. Das zeigt, wie steil seine Lernkurve innerhalb kurzer Zeit ist." Im Sprint hatten die Pirellis am Auto mit der Startnummer 81 schnell überhitzt.

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