Neue Punktevergabe für GP USA?
Haas legt Beweise gegen Track-Limit-Sünder vor

GP USA 2023

Bei GP USA notierte die Rennleitung 35 Verstöße gegen die Streckenlimits. Das Abkürzen von Kurve 6 war nicht dabei. Alexander Albon wurde freigesprochen, obwohl er jenseits der Streckenlimits war. Haas will jetzt den Fall neu aufrollen.

Alexander Albon - Williams - GP USA 2023 - Austin
Foto: xpb

Die Streckenlimits sind ein großes Ärgernis in der Formel 1. Einige Rennstrecken haben keinen natürlichen Streckenrand und werden durch Linien oder Randsteine eingegrenzt. Beim GP Österreich wurden die Streckenbegrenzungen offiziell 83 Mal überschritten, beim GP Katar 51 Mal und beim GP USA schlugen die Sensoren 35 Mal an. In allen Fällen gab es Strafen, aber auch Fahrer, die mit einem blauen Auge davongekommen sind.

Beim GP Österreich wurden zwölf Zeitstrafen ausgesprochen, in Austin nur eine. Lediglich Alexander Albon ging den Sportkommissaren ins Netz. Der Williams-Fahrer hatte im Verlauf des Rennens vier Mal die Begrenzungen überschritten und dafür eine Fünfsekunden-Strafe kassiert. Eine Streckenlimit-Verletzung in Kurve 6 wurde Albon explizit mit der Begründung erlassen, dass dort die Aufnahmen der Streckenkameras als Beweismittel nicht ausreichten.

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17 Mal neben der Strecke

Bei Alpine merkte man schon während des Rennens, dass mit Kurve 6 etwas nicht stimmte. Ein Mitarbeiter verfolgte das Rennen aus der Sicht der Cockpitkamera von Pierre Gasly und beobachtete, dass der vor Gasly fahrende Sergio Perez regelmäßig die Kurve abkürzte und dabei deutlich sichtbar jenseits der weißen Linie lag. Insgesamt 21 Mal.

Nicht nur Perez. Auch andere Fahrer optimierten ihre Ideallinie, und das gleich mehrfach, weil es nie eine Warnung von der Rennleitung gab. So wähnten sie sich auf der sicheren Seite. Darunter auch Albon. Der Fall sprach sich schnell im Fahrerlager herum. In der folgenden Teammanager-Sitzung vor dem GP Mexiko wurden die FIA-Vertreter gefragt, warum die Verstöße ungeahndet blieben.

Sie bekamen von Rennleiter Niels Wittich die Antwort, dass die Qualität der Streckenkamera in Kurve 6 nicht ausreichte, Fahrer eindeutig der Überschreitung der Limits zu überführen. Sportdirektor Steve Nielsen räumte ein, dass den Kontrolleuren zu dem Zeitpunkt nicht die entsprechenden Aufnahmen aller Bordkameras nicht vorlagen.

Recht auf Überprüfung wegen neuer Beweise

Haas-Teammanager Peter Crolla gab sich mit der Erklärung nicht zufrieden. Der US-Rennstall besorgte sich sämtliche Videos der Bordkameras aller Fahrer und studierte sowohl die von Albon selbst und der jeweiligen Piloten hinter dem Thailänder. Dabei wurden insgesamt 17 Verstöße in Kurve 6 gezählt, die anhand der Aufnahmen der folgenden Autos eindeutig belegbar sind.

Das nimmt jetzt Haas zum Anlass, den Fall neu aufzurollen. Das Team forderte am 3. November in einem Brief sein Recht auf Überprüfung ein. Die wird nur gestattet, wenn es neue Beweismittel gibt. Da die FIA im Rennen nach eigener Aussage keinen Zugriff auf die Bordkameras hatte, diese aber mittlerweile frei zugänglich sind, ist nach Ansicht von Haas ein neuer Beweis aufgetaucht. Die FIA-Anwälte wollen den Fall in den nächsten Tagen auf Zulassung prüfen. Ein Zeitlimit gibt es nicht.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP USA 2023 - Austin - Rennen
xpb

In Austin wurden offensichtlich diverse Überschreitungen der Track Limits nicht geahndet.

Strafen-Flut für Kurve-6-Verstöße

In dem 28-seitigen Dossier schließen die Haas-Juristen aus den mit Fotos belegten Streckenlimit-Überschreitungen, dass Albon für seine Verstöße neben der Strafe, die er bereits verbüßt hatte, weitere 15 Fünf-Sekunden-Strafen hätte bekommen müssen. Es geht aber noch weiter. Auf der gleichen Beweisgrundlage lag Sargeant in Kurve 6 drei Mal jenseits der weißen Linie.

Da der Amerikaner schon wegen drei offiziell registrierter Verstöße vorgemerkt war, müssten ihm drei Fünf-Sekunden-Strafen angerechnet werden. Sergio Perez hätte für insgesamt 22 Regelbrüche 18 Mal fünf Sekunden kassieren müssen und Lance Stroll für 19 Verletzungen 16 Mal fünf Sekunden.

Würde dem Einspruch von Haas recht gegeben, müsste das Gesamtklassement komplett umgeschrieben werden. Nico Hülkenberg würde um vier Positionen hochrutschen und wäre plötzlich Siebter statt Elfter. Auch George Russell, Pierre Gasly, Yuki Tsunoda und Valtteri Bottas könnten davon profitieren. Russell und Gasly und Tsunoda würden je einen Platz gewinnen, Tsunoda zwei und Bottas bekäme auf Platz 8 noch vier Punkte, weil Perez und Stroll durchgereicht würden und Sargeant hinter den Sauber-Piloten rutscht. Für Haas würde eine Resultats-Revision sechs eminent wichtige Punkte in der Konstrukteurs-WM bedeuten.

Sollte der Einspruch Erfolg haben, ergäbe sich für den GP USA ab Platz 4 folgende neue Reihenfolge:

4. George Russell, Mercedes: +24,999 s

5. Pierre Gasly, Alpine: + 47,996 s

6. Yuki Tsunoda, Alpha-Tauri-Honda: + 74,389 s

7. Nico Hülkenberg, Haas-Ferrari: + 89,904 s

8. Valtteri Bottas, Sauber-Ferrari: + 98,601 s

9. Logan Sargeant, Williams-Mercedes: + 102,998 s

10. Sergio Perez, Red-Bull-Honda: + 108,450 s

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