Aston Martin fährt in São Paulo aufs Podest
Die Gründe für die plötzliche Wende

GP Brasilien 2023

Aston Martin präsentierte sich in Brasilien so stark wie zu Saisonbeginn. Dabei kam kein neues Teil ans Auto. Nur bereits bekannte Komponenten in anderer Zusammenstellung.

Fernando Alonso - Aston Martin - GP Brasilien 2023 - Sao Paulo - Formel 1
Foto: Wilhelm

Wie geht das? In Mexiko Letzter, in Brasilien dritte Kraft. Zwischen Himmel und Hölle lagen für Aston Martin nur sieben Tage. Mercedes passierte das Gegenteil. Diese Formel 1 gibt viele Rätsel auf. Vor allem die starken Schwankungen der Teams. Man kann es nur so deuten, dass vielen immer noch der totale Durchblick fehlt.

Stabil sind nur Red Bull und neuerdings auch McLaren. Im Mittelfeld deutet sich mit Alpha Tauri ein weiterer Kandidat an, der den letzten Entwicklungsstand auf allen Streckentypen zum Laufen bringt. Da hat wohl auch Red Bull vermehrt seine Finger im Spiel. Und das wird ein Thema werden, wenn sich das Schwesterteam noch weiter verbessert.

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Aston Martin ist auf sich allein gestellt. Acht Rennen lang war der letztjährige WM-Siebte der Liebling der Fangemeinde. Wann erlebt man schon mal, dass ein Team über den Winter vom Mitläufer zum Kronprinzen aufsteigt? Nach dem GP Monaco lag Aston Martin immer noch auf dem zweiten Platz der WM-Wertung.

Fernando Alonso - Aston Martin - GP Monaco 2023
Wilhelm

Fernando Alonso fuhr in den ersten sechs Rennen fünf Mal aufs Podest. Unter anderem wurde der Spanier in Monaco Zweiter.

Mit den Upgrades kamen die Schwankungen

Der Rennstall der Luxusmarke war bis auf einen kleinen Ausrutscher in Barcelona eine sichere Bank. Fernando Alonso stand in sechs Rennen fünf Mal auf dem Podium. Bahrain, Jeddah, Melbourne, Miami, Monte Carlo: Alles unterschiedliche Streckentypen. Mit dem ersten großen Upgrade in Montreal änderte sich das Bild. Erst einmal wurde alles besser. Alonso kam mit weniger als zehn Sekunden Rückstand auf Max Verstappen ins Ziel. Man träumte schon vom ersten Sieg.

Doch dann geriet Sand ins Getriebe. Mercedes, Ferrari und McLaren zogen vorbei. Immer öfter reichte es nur noch zu einstelligen Punkten. Daran änderte auch die dritte Unterboden-Spezifikation in Zandvoort nicht viel. Wie in Montreal erwies sich der zweite Platz von Alonso als trügerisch. Das Upgrade funktionierte nur wieder beim Debüt. Hatte man ein Problem gelöst, kam an anderer Stelle ein anderes dazu. Aus Stärken wurden Schwächen und umgekehrt.

Einmal konnte der Aston Martin AMR23 die langsamen Kurven besser, dann wieder die schnellen. Mal machten ihm wellige Strecken nichts aus, dann wieder doch. Mal freute man sich über heißes Wetter, dann wieder litten die Reifen zu stark, wenn es zu warm wurde. Manchmal änderte der AMR23 sein Gesicht sogar während eines Wochenendes.

Lance Stroll - Aston Martin - Formel 1 - GP Spanien - 3. Juni 2023
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Die Updates während der Saison brachten Schwankungen in die Performance des AMR23.

Im Irrgarten mehrerer Versionen

In Austin schob die Technikabteilung aus Silverstone einen vierten Unterboden, geänderte Seitenkästen und einen neuen Beam-Wing hinterher, in der Hoffnung endlich mehr Klarheit zu bekommen. Der Zeitpunkt war schlecht gewählt. Das Triple jenseits des Atlantiks stellte Ingenieure und Fahrer vor die größtmögliche Herausforderung.

Zwei Mal verkürzte das Sprintformat die Vorbereitungszeit. Austin und Mexico-City waren das totale Kontrastprogramm. Da ein Kurven-Mix mit den schlimmsten Bodenwellen des Jahres. Dort eine ebene Strecke mit glattem Asphalt und wenig Varianz in den Kurven. Beide Male stand das Team am Samstagabend vor einem Rätsel. Ist der neue Unterboden schuld oder das Setup?

Aston Martin opferte in der Not zwei Rennen und erklärte sie zum Test. Der Vergleich der beiden Spezifikationen sollte Antworten bringen. In Austin fiel sie eindeutig aus. Man hatte die Autos aus Angst um die Schutzplanke zu hoch gesetzt. Im Rennen waren beide Versionen konkurrenzfähig. Fernando Alonso und Lance Stroll fuhren teilweise so schnell wie die Spitze.

Fernando Alonso - Aston Martin - GP USA 2023 - Austin
Wilhelm

In Austin hatte Aston Martin die Schutzplanke zu hoch eingestellt.

Aus der Krise gelernt

Der neue Boden gewann den Vergleichstest und wurde in Mexiko an die Autos geschraubt. Umso erstaunter war man, dass plötzlich gar nichts mehr ging. Auch die Rückkehr zum alten Boden bei Stroll machte aus dem AMR23 kein Auto für das Podest. Und doch war das schlechteste Rennen des Jahres hilfreich.

Teamchef Mike Krack erklärte: "Die beiden Rennen haben uns gezeigt, welche Komponenten auf welchem Typ Strecke besser funktionieren. Daraus entstand eine Kombination der besten Teile, die wir für Brasilien herausgefiltert haben. Das betrifft nicht nur den Unterboden. Da sind viele Komponenten daran beteiligt, die alle miteinander interagieren."

Dazu passte laut Chefingenieur Tom McCullough, dass die in Interlagos geforderte Bodenfreiheit ziemlich genau die Aerodynamik-Konfiguration trifft, die dem Aston Martin am besten passt. Trotzdem haben die Ingenieure noch ein paar Hausaufgaben vor sich. In Sektor 2 mit seinen vielen langsamen Kurven blieb im Vergleich zu Red Bull und McLaren noch Zeit liegen.

Fernando Alonso - Aston Martin - GP Mexiko 2023
xpb

In Mexico-City war Aston Martin am Tiefpunkt angelangt. Die grünen Renner bildeten das Schlusslicht.

Mehr Verständnis nach zwei Testrennen

Was in São Paulo zu Platz drei und fünf reichte, muss in Las Vegas nicht automatisch auch ein Matchwinner sein. Weil die Kurventypen anders sind, die Beschaffenheit des Belages, die Temperaturen. Aston Martin traut sich aber aus den Erfahrungen der letzten drei Rennen zu, in Zukunft zielsicherer den größten gemeinsamen Nenner beim Teile-Puzzle zu finden.

Fernando Alonso gibt sich optimistisch: "Diese Autos sind aerodynamisch unheimlich komplex. Wir mussten zuletzt ein bisschen experimentieren, um für nächstes Jahr eine Richtung zu finden, ohne zu vergessen, dass wir diese Saison noch zwei Rennen vor der Brust haben, in denen wir konkurrenzfähig sein wollen. Nach Mexiko war ich ehrlich gesagt ein bisschen nervös, ob wir noch die Kurve kriegen, aber jetzt spüre ich eine ganz andere Energie im Team. Wir verstehen einige Dinge besser als vorher."

Mike Krack sieht das Geheimnis nicht nur im neugeborenen Auto. "Wir haben gezeigt, was möglich ist, wenn wir unseren Plan perfekt exekutieren. Wenn wir unseren Fahrern ein gutes Auto geben und alle Abläufe stimmen, dann liefern sie auch die Ergebnisse ab, die wir in Brasilien gesehen haben."

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