Doppel-K.o. für Alfa-Sauber in Brasilien
Hoffnung auf Las-Vegas-Chaos

GP Brasilien 2023

Alfa-Sauber hatte in Brasilien über weite Strecken das langsamste Auto. Trotzdem hätten Punkte herausspringen können, ja sogar müssen. Die Technik stoppte beide Autos. Die Konkurrenz nutzte die Schwäche gnadenlos aus.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - GP Brasilien 2023
Foto: Motorsport Images

Die Rennstrecke in Interlagos quälte die Alfa-Romeo-Sauber. Der C43 ist kein Auto, das sich mit Bodenwellen verträgt. Die Ingenieure sind dann gezwungen, die Bodenfreiheit zu erhöhen, was überproportional Abtrieb im Heck kostet. Das geht zulasten der Hinterreifen. Sie überhitzen, was die Piloten über zwei Tage in der wichtigsten Kurve der Rennstrecke bezahlten.

In Kurve 12 waren die Hinterreifen bereits so angeschlagen, dass die Autos ausgangs übersteuerten. Das kostet Traktion und Schwung den Berg hinauf auf die 1,2 Kilometer lange Gerade. Und als ob das nicht schon schlimm genug ist, baut der C43 geradeaus zu viel Luftwiderstand auf. Ein giftiger Cocktail.

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Valtteri Bottas - Alfa Romeo - GP Brasilien 2023
Wilhelm

Die Alfa Romeo kamen gut durch den Trümmerhagel nach dem Start.

Punkte-Aussicht nach Startunfall

Die Quittung gab es am Freitag und Samstag. In der Qualifikation hatte Alfa-Sauber das langsamste Auto. Doppel-Aus im Q1. Im Sprint-Shootout befreite sich wenigstens Valtteri Bottas aus der Umklammerung. Der Finne übersprang die erste Hürde, für das SQ3 allerdings war er viel zu langsam. Es fehlten 0,2 Sekunden. Eine kleine Ewigkeit auf der viertkürzesten Rennstrecke im Formel-1-Kalender. So war auch im Sprint nichts auszurichten.

Die Startplätze 18 und 20 für den Grand Prix: Was hätte da schon herausspringen sollen? Tatsächlich waren WM-Punkte am Ende möglich. Im Start-Gemetzel zertrümmerte Alexander Albon das Auto von Kevin Magnussen und seines selbst. Dazu verwundete der herumirrende Haas den McLaren von Oscar Piastri. Ein Gummi-Geschoss traf den Alpha Tauri von Daniel Ricciardo. Womit zwei Autos eliminiert und zwei Fahrer bereits um eine Runde zurückgeworfen waren. Dazu kam der Ausfall von Charles Leclerc vor dem Start.

Punkte lagen damit fast schon auf dem Serviertablett. Und im Rennen steigerten die Alfa-Sauber auch noch ihre Form. "Es hat sich ausgezahlt, dass wir direkt nach dem Training auf mehr Abtrieb gegangen sind", erzählte Team-Repräsentant Alessandro Alunni Bravi. "Dadurch waren wir im kurvenreichen zweiten Abschnitt gut bei der Musik, und dort schneller als beispielsweise die Alpine."

Probleme im Umfeld der Power Unit

Die fallenden Temperaturen griffen den Sauber C43 unter die Arme. Im Vergleich zum Vortag hatte es nur noch 21 Grad Celsius statt 27. Der Asphalt kühlte um etwa sieben Grad ab. Mehr, wenn Wolken die Sonne verdeckten, weniger bei direkter Einstrahlung auf den Untergrund. In den veränderten Verhältnissen hielten die Piloten die Hinterreifen besser in Schuss. "Im Rennen fährst du auch anders als im Sprint. Dort machst du 24 Runden Druck. Im Rennen streichelst du die Reifen gerade zu Stint-Beginn", erklärt Chefingenieur Xevi Pujolar.

Die Umstände spielten sogar die Chance auf WM-Punkte zu. "Wir konnten besser kämpfen und überholen als im Sprint." Alfa-Sauber ließ sie aber verstreichen. Das Team aus der Schweiz erlebte in den Runden 22 und 39 einen Doppel-K.o. Stattdessen setzte sich Alpha Tauri auf dem achten WM-Platz ab. "Die Enttäuschung ist riesig. Wir hatten die Performance, um nach einem so schweren Wochenende zumindest mit Valtteri einen Punkt zu holen. Unsere Rennpace stimmte im Vergleich zu den direkten Rivalen. Umso bitterer sind die Ausfälle", sagte Bravi.

Guanyu Zhou steuerte nach 22 Runden die Box an. Teamkollege Valtteri Bottas verkroch sich 17 Umläufe später in der Garage. "Es waren zwei verschiedene technische Ursachen, die zu einem ähnlichen Problem geführt haben. Beide hängen mit der Power Unit zusammen, liegen aber nicht in der Ferrari-Hand, sondern beziehen sich auf das System drumherum."

Umso schmerzhafter ist der Doppel-Ausfall, weil die Hinwiler Techniker die Zuverlässigkeit in dieser Saison deutlich besser im Griff haben als in der letzten. "Darin sind wir deutlich besser geworden." Nicht aber in einem wichtigen Moment. "Diese Möglichkeiten dürfen wir nicht verstreichen lassen."

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - GP Brasilien 2023
xpb

Wieder nichts mit punkten: Alfa Romeo hängt auf dem neunten WM-Platz fest.

Alfa-Sauber braucht neues Auto

Der Sauber C43 ist ein Auto mit Launen. Er braucht eher langsame als schnelle Kurven, keine langen Geraden, und im Prinzip einen spiegelglatten Asphalt sowie höhere Temperaturen, um die Reifen anzuzünden. Zu heiß darf es aber auch nicht sein, wie in Brasilien gesehen. Kurzum: Das Arbeitsfenster ist viel zu schmal. "Wir brauchen ein Auto, das nicht so abhängig ist von der Temperatur, und von einem Extrem ins Andere fällt", fordert Bravi.

Saubere, durchweg konstante Wochenenden sind eine Seltenheit. "Mal sind wir in der Quali schnell, dafür aber nicht im Rennen, und umgekehrt. Das muss sich ändern." Dafür muss Alfa-Sauber mit dem 2024er Auto neue Wege beschreiten. "Wir sind mit diesem Konzept am Ende der Entwicklung angelangt. Wir brauchen etwas Neues."

Um den achten oder gar den siebten WM-Platz noch zu erobern, braucht Alfa-Sauber ein Wunder. Zwölf Punkte fehlen zu Williams, fünf zu Alpha Tauri. "Mit Williams und Haas können wir kämpfen. Alpha Tauri ist inzwischen zu schnell für uns", bedauert Pujolar. Die anstehende Aufgabe in Las Vegas hört sich nach einer unlösbaren an: viele Geraden, tiefe Temperaturen. Schlecht für Alfa-Sauber.

Doch das Prinzip Hoffnung existiert bis zum Abpfiff der Saison. "Wir sehen es so: Wäre es eine einfache Aufgabe, hätten wir wenig Chancen, noch Siebter oder Achter zu werden. Über Las Vegas hängen so viele Fragezeichen. Das ist ein unberechenbares Wochenende. Je größer die Aufgabe für Fahrer und Ingenieure ist, desto besser für unser Streben: Das erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Unvorhergesehenes", sagt Pujolar.

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