Norris auf der Ideal-Zeit Pole Position
McLaren 0,128 Sekunden schneller als Verstappen

GP Brasilien 2023

Max Verstappen holte sich die elfte Pole Position dieser Saison. Doch der schnellste Mann auf der Strecke war Lando Norris. In der Addition der drei Sektorbestzeiten schlägt der McLaren-Pilot den Weltmeister um 0,128 Sekunden.

Lando Norris - McLaren - GP Brasilien 2023
Foto: xpb

Die Qualifikation zum GP Brasilien hatte zwei Sieger. Max Verstappen, der unter schwierigsten Bedingungen die wenigste Zeit verlor. Und Lando Norris, der bei idealen Bedingungen wahrscheinlich die Bestzeit geholt hätte. Die Jagd um die besten Startplätze teilte sich in zwei Hälften. Q1 und Q2 liefen bei regulären Bedingungen ab, auch wenn die Asphalttemperatur im Verlauf der ersten beiden K.O.-Runden um sechs Grad sank.

Doch dann kündigte eine tiefschwarze Wolkenwand über Kurve 1 einen dramatischen Wetterumschwung an. In den ersten fünf Minuten blieb die Strecke zwar trocken, doch der Wind wurde zum Sturm und drehte seine Richtung. In den entscheidenden Kurven blies er nicht mehr von vorne, sondern von hinten. Außerdem sanken die Temperaturen schlagartig um acht Grad in den Keller.

Unsere Highlights
Charles Leclerc - Ferrari - GP Brasilien 2023
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Ferrari-Pilot Charles Leclerc kam Pole-Setter Max Verstappen am nähesten.

Fahren unter Extrembedingungen

Die Fahrer berichteten von Verhältnissen, wie sie sie noch nie erlebt hatten. "Das war das extremste, was ich je gesehen habe. In der zweiten Hälfte der Runde fühlte es sich an, als würde ich in einem anderen Rennauto sitzen. Ich wollte die Runde eigentlich schon abbrechen, aber das Team hat mir gesagt, dass ich draußenbleiben soll. Den anderen ginge es nicht besser."

Charles Leclerc bestätigte die Schilderung des Weltmeisters: "Ab dem zweiten Sektor hatte ich null Grip. Ich wusste nicht, wie ich das Auto in die nächste Kurve reinbringe." Lance Stroll, der mit der drittschnellsten Zeit überraschte, hatte eine ähnliche Geschichte parat: "Es war so schwierig, dass die Bremsen dauernd blockiert, und ich die Scheitelpunkte nicht mehr getroffen habe."

Aston Martin hatte seine Fahrer mit Bedacht als erste auf die Strecke geschickt. "Wir wollten nicht den gleichen Fehler wie letztes Jahr. Es hieß zwar, dass der Regen erst in sieben Minuten eintrifft, aber vor dem Regen kommt der Sturm. Deshalb wollten wir unseren Fahrern eine freie Strecke verschaffen", erzählte Teamchef Mike Krack. Als dann die Sektorzeiten über den Bildschirm flimmerte, wollte es die Aston Martin-Crew nicht glauben: "Die waren so langsam, dass wir schon dachten, an den Autos wäre was kaputt oder dass es doch schon regnet."

Der Trick mit der Aufwärmrunde

Red Bull und Max Verstappen demonstrierten in diesen Minuten, warum sie Weltmeister sind. Das Team schickte Verstappen an fünfter Stelle in der Schlange so auf die Strecke, dass er nicht auf das Grünlicht warten musste. Als George Russell vor ihm bummelte um Abstand zu Lewis Hamilton zu schaffen, überholte der Weltmeister den Mercedes in der Boxenausfahrt.

So lagen die Reifentemperaturen noch im grünen Bereich, was angesichts des rasant fallenden Thermometers ein signifikanter Vorteil für die schnelle Runde war. Die Aston-Martin-Piloten an der Spitze des Konvois mussten zu lange an der Boxenausfahrt warten, und die Mercedes schafften es in der Aufwärmrunde nicht, die Reifen in den Wohlfühlbereich zu bringen. Zwei bis drei Grad können auf der Uhr eine Sekunde bedeuten. "Ich bin nur herumgerutscht", verzweifelte Russell. "Aber für die schlechte Runde ist ein sechster Platz nicht schlecht."

Max Verstappen nahm Leclerc drei Zehntel und dem Rest mehr als eine halbe Sekunde ab. Bei Verhältnissen mit wenig Grip zeigt sich auch die Klasse des Holländers. Er lässt dann einfach weniger Zeit liegen als seine Kollegen. Das zeigt sich am besten im Vergleich der besten Runden im Q2 und Q3. Verstappen verlor 0,565, Leclerc 0,718, Stroll 0,969, Alonso 1,150 und Hamilton 1,203 Sekunden. Dabei lagen nur 15 Minuten zwischen den Trainingssitzungen.

Lance Stroll - Aston Martin - GP Brasilien 2023
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Stroll vor Alonso: Aston Martin hat die zweite Startreihe für das Hauptrennen für sich.

Drei Satz Soft im Q1 bei Aston Martin

Das Ergebnis des Q3 hat wegen des Extremwetters wenig Aussagekraft über die Qualitäten der einzelnen Autos. Das Q1 und Q2 haben jedenfalls gezeigt, dass Red Bull in Interlagos verwundbar ist, auch wenn sich das Auto in besserer Form präsentiert als im Vorjahr. Doch das Q1 ging an George Russell und das Q2 an Lando Norris. Der McLaren-Pilot fuhr mit 1.10,021 Minuten auch die schnellste Zeit des Tages.

Selbst in den ersten beiden K.O.-Runden der Qualifikation war es nicht ganz einfach, die Autos zu beurteilen. Das lag an den unterschiedlichen Strategien, wann mit frischen und gebrauchten Reifen gefahren wurde. "Die engen Abstände zwangen uns entweder frische Reifen zu fahren oder einen zusätzlichen Versuch einzulegen", bestätigte Verstappen.

Red Bull ließ seine Fahrer im Q1 drei Mal von der Leine, verwendete aber nur einen frischen Satz soft. Im Q2 kamen je ein frischer und gebrauchter Satz der C4-Mischung zum Einsatz um im Finale zwei neue Garnituren zur Verfügung zu haben. Man brauchte am Ende nur eine.

Ferrari verwendete eine neue Garnitur im Q1 und zwei im Q2. Aston Martin musste im Q1 sogar drei Satz Soft auspacken, um eine Runde weiterzukommen. Lance Stroll brach den letzten Versuch ab, als man ihm mitteilte, dass er durch ist. Im Q2 mussten sich beide Fahrer mit einem frischen Satz begnügen.

Aussagekraft haben nur Idealzeiten

Die einzelnen Runden hatten also wenig Relevanz. Um herauszufinden, wer im Wetterchaos von São Paulo wirklich schnell war, muss man die Idealzeiten vergleichen. Und in der Addition der drei Sektoren über das Q1 und Q2 wäre Lando Norris mit 1.09,897 Minuten auf der Pole Position gestanden. Gefolgt von Max Verstappen mit 1.10,025 Minuten und George Russell mit 1.10,102 Minuten.

Umso mehr ärgerte sich der Engländer, dass er es im entscheidenden Q3 nicht umsetzen konnte. Teamchef Andrea Stella nahm Norris in Schutz: "Wir haben unsere Fahrer zu spät auf die Strecke geschickt. Die Position in der Schlange und der Zeitpunkt auf der Strecke waren die entscheidenden Faktoren."

Wir haben für Sie mal eine Startaufstellung der Top Ten mit den Idealzeiten zusammengestellt. Wenn diese Zeiten das Kräfteverhältnis der Autos repräsentieren, dann steht uns ein spannender Grand Prix bevor. Das sieht auch Verstappen so: "Ich erwarte am Sonntag ein enges Rennen. Die Zeitabstände sind unheimlich knapp. Auf so einer kurzen Strecke mit so wenig Kurven straft dich jeder Fehler."

Idealzeit GP Brasilien 2023: Qualifikation

Fahrer

Rundenzeit

Norris

1.09,897 min

Verstappen

1.10,025 min

Russell

1.10,102 min

Perez

1.10,117 min

Alonso

1.10,151 min

Leclerc

1.10,195 min

Stroll

1.10,227 min

Piastri

1.10,228 min

Hamilton

1.10,234 min 

Sainz

1.10,254 min 

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