Alonso gewinnt Superduell gegen Perez
Eine Sache von 4,8 Metern

GP Brasilien 2023

Es war das Duell des Tages: Fernando Alonso gegen Sergio Perez. Am Ende gewann Alonso mit 0,053 Sekunden oder 4,80 Meter Vorsprung. Der Spanier nutzte all seine Erfahrung und seine Tricks aus 22 Jahren Formel 1.

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Brasilien 2023 - Rennen
Foto: Motorsport Images

Die letzten 25 Runden waren die besten. Dann traten Fernando Alonso und Sergio Perez an zum Duell um Platz 3. Für beide war der letzte Podestplatz eminent wichtig. Für Alonso, weil er mitten im Aston-Martin-Tief ein Ausrufzeichen setzen und damit sagen wollte: Schaut her, wir können es noch. Für Perez, weil er aus seiner eigenen Krise herausfinden musste, die mit dem Startcrash in Mexiko ihren traurigen Höhepunkt hatte.

Alonso gewann den Zweikampf auf der Strecke nach einer langen Verteidigungsschlacht um 0,053 Sekunden oder umgerechnet 4,80 Meter. Am Ende waren beide irgendwie Sieger. Alonso fuhr zum achten Mal in dieser Saison auf das Podium und demonstrierte damit, dass Aston Martin aus dem Irrgarten um unterschiedliche Unterboden-Spezifikationen herausgefunden hatte. Perez machte im Kampf um Platz 2 in der Fahrer-WM zwölf Punkte auf Lewis Hamilton gut und lieferte mit dem dritten Rang im Sprint und dem vierten Platz im Hauptrennen endlich mal wieder ein solides Wochenende ab.

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Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Brasilien 2023 - Rennen
Wilhelm

Pure Freude: Fernando Alonso kletterte zum achten Mal in dieser Saison auf das Podest.

Ferrari und Mercedes außer Form

Fernando Alonso ordnete das erste gute Resultat seit Zandvoort realistisch ein: "Wir haben davon profitiert, dass Leclerc in der Formationsrunde von der Strecke geflogen ist, dass Mercedes außer Form war und dass Perez weit hinten starten musste."

Der älteste Fahrer im Feld zeigte schon im ersten Stint, wie ernst ihm das Unternehmen Podestplatz war. Nach 15 Runden fehlten ihm nur 4,6 Sekunden auf Spitzenreiter Max Verstappen und 2,1 Sekunden auf Lando Norris. Zu dem Zeitpunkt kämpfte sein späterer Gegner noch im Sandwich der Mercedes-Fahrer auf Rang 5.

Red Bull holte Perez in der 20. Runde früh an die Box, um im zweiten Stint nicht wieder in die Fänge von Hamilton, Russell, Stroll und Sainz zu geraten. Aston Martin spielte mit Alonso die Karte des möglichst großen Reifen-Deltas. Der Spanier rollte erst in der 25. Runde an die Box. Nur zwei Runden später lag kein Auto mehr zwischen den beiden Hauptakteuren der zweiten Rennhälfte.

Schon im direkten Vergleich mit den Medium-Reifen war zu erkennen, dass der Red Bull den besseren Speed hatte. Perez dampfte einen 3,3 Sekunden Rückstand zuerst auf eine Sekunde ein, bis Alonso dank der frischeren Reifen das Tempo anzog und den Abstand wieder auf genau den gleichen Abstand brachte, mit dem er in den Mittelabschnitt des Rennens gegangen war. Das schützte ihn vor einem Undercut.

Ab Runde 55 lag Perez im DRS-Bereich

Als Perez in der 46. Runde gebrauchte Soft-Reifen für den letzten Stint bekam, ließ die Reaktion von Aston Martin nicht lange auf sich warten. "Jetzt ging es um nichts anderes mehr als die Position auf der Strecke. Wir mussten reagieren, sonst hätte Fernando seinen Platz verloren", erklärte Chefingenieur Tom McCullough.

Ab der 55. Runde hing Perez ständig im DRS-Bereich des grünen Autos vor ihm. Bei geschlossenem Heckflügel war der Topspeed der beiden Autos praktisch identisch. Aber mit aktiviertem DRS schien es nur eine Frage der Zeit, bis der Red Bull mit der Startnummer 11 seine Nase vorne haben würde.

Doch Perez hatte den erfahrensten Fahrer im ganzen Feld vor sich. Und der wehrte sich mit allen Tricks, die er bei 375 GP-Starts gelernt hatte. Alonso konzentrierte sich auf die Kurven 1,2 und 3 vor der Gegengerade und die Kurven 10, 11 und 12 vor dem 1,2 Kilometer langen Vollgasstück bei Start und Ziel. In allen anderen Kurven durfte der Red Bull seine Nase unter das Getriebe des Aston Martin stecken.

Der Vorteil der frischen Luft

Zunächst spielte Alonso seine Verteidigungsschlacht herunter: "Wenn du vorne liegst, hast du die bessere Aerodynamik. Checo musste meine Turbulenzen schlucken und hat sich speziell in den Kurven 10, 11 und 12 schwergetan an mir dranzubleiben. Ich musste nur sicherstellen, dass ich dort keinen Fehler mache und die volle Batterie-Power für die Gerade habe. Das gab mir den Vorsprung in die Gerade hinein."

Später gab der 42-jährige Veteran zu, dass er durch immer neue Linien versuchte, seinen Verfolger zu verwirren: "Ich bin mal weiter, mal enger gefahren, um ihm keinen Hinweis zu geben, was für mich die beste Linie ist. Er hat es dann immer genau anders herum probiert und ist dadurch immer wieder in die schlechte Luft gefahren."

Ein Meisterstück war auch das Laden der Batterie und das Konditionieren der Reifen für die entscheidenden Kurven. Nach der Gegengerade war der Energiespeicher praktisch leergesaugt. "Und in den engen Kurven im Infield ist es nicht so einfach, die Batterie für die Zielgerade wieder aufzuladen. Das braucht gutes Energiemanagement", erzählte McCullough. Auch mit den Reifen ging Alonso im Kurvenlabyrinth sorgsam um. Lieber langsamer und nicht zu viel Hitze generieren, damit der Grip in den drei Kurven vor der Zielgerade passt."

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Brasilien 2023 - Rennen
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Der Veteran spielte im Duell mit Perez seine ganze Klasse und Erfahrung aus.

Perez-Fehler in der ersten Kurve

In der vorletzten Runde fand Perez beim Anbremsen der ersten Kurve dann doch den Weg am Aston Martin vorbei. Der Kommandostand hatte ihm geraten, dass er einfach die Linie von Alonso kopieren soll. "Als Checo an mir vorbei war, habe ich gedacht, dass mein Podium verloren ist", gab Alonso zu.

Er schaffte es immerhin im DRS-Bereich zu bleiben, und als die beiden zu Beginn des letzten Umlaufs dann im Abstand von nur 0,4 Sekunden über den Zielstrich flogen, wurde Perez nervös und bremste die erste Kurve zu spät an. "Das war meine Chance. Ich sagte zu mir: Jetzt holst du ihn dir vor Kurve 4, kostete es was es wolle." Mit dem DRS-Vorteil täuschte der alte Fuchs innen an und ging außen vorbei.

Für Alonso war der persönliche Sieg der Beweis dafür, dass Aston Martin wieder in der Spur ist. "Die letzten Wochen waren schmerzhaft. Wir haben zwei Rennen geopfert, um herauszufinden, welche der einzelnen Spezifikationen für das Auto am besten sind. Für die restlichen Rennen, aber auch 2024. Dass wir es geschafft haben zeigt, welche Moral in unserer Mannschaft steckt."

Auch Teamchef Mike Krack lobte: "Wir haben uns nie aus der Ruhe bringen lassen, sondern versucht, aus den Problemen von Austin und Mexiko zu lernen. Dann haben wir die Teile zusammengesetzt, die sich bis dahin als die besten erwiesen haben." Der AMR23, Stand Brasilien, war in Bezug auf den Unterboden, den Diffusor, die Seitenkästen und den Beam wing ein Puzzle aus unterschiedlichen Spezifikationen. Ob das Auto in Las Vegas wieder genauso konfiguriert wird, muss die Datenanalyse von Brasilien zeigen.

Krack, die Ingenieure und die Fahrer glauben, dass die größte Krise überstanden ist und man jetzt auch eine gute Richtung für das nächstjährige Auto gefunden hat. Der Teamchef nimmt für diese Einschätzung das Rennen von Lance Stroll unter die Lupe, der als Fünfter seinen Beitrag zu den 25 Punkten des Teams geleistet hatte. "Lance hatte die meiste Zeit freie Fahrt und hat am Ende in großen Schritten auf Alonso und Perez aufgeholt. Sein Speed war repräsentativ, und der war schneller als die der Ferrari und der Mercedes."

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