Zu viel Vorsicht am Sprint-Samstag?
Rennleitung im Super-Sicherheitsmodus

GP Belgien 2023

Der Start des Sprintrennens wurde zwei Mal verschoben. Ein Mal weil der Shootout wegen Regens 35 Minuten später stattfand. Dann, weil kurz vor dem Start ein Wolkenbruch niederging. Am Ende gab es Kritik am Kurs der Rennleitung. War sie berechtigt?

Safety-Car - Formel 1 - GP Belgien - Spa-Francorchamps - 29. Juli 2023
Foto: xpb

Spa überbot sich wieder einmal selbst. Am Samstag wechselte sich blauer Himmel mit Wolkenbrüchen ab. Pünktlich zum Start des Shootouts und des Sprints überschwemmten heftige Regengüsse die Strecke. Auch wenn der Regen nach 20 Minuten wieder aufhörte, wurde mit zusätzlicher Verzögerung gestartet. Zuerst mussten die Kehrmaschinen das Wasser aus der Bahn drücken.

Das Shootout begann mit 35 Minuten Verspätung. Die Bahn war mittlerweile schon wieder so stark abgetrocknet, dass alle Fahrer sofort auf Intermediates in das SQ1 gingen. Und pünktlich zum SQ3 standen alle Autos auf Slicks.

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Der verspätete Beginn des Mini-Qualifyings bedeutete, dass auch der Rennstart um 35 Minuten verzögert werden musste. Obwohl zur ursprünglichen Startzeit des Sprints die Strecke trocken war. Viele Fahrer meinten unisono: "Wenn wir da gestartet wären, hätten wir uns das ganze Theater mit den fünf Formationsrunden und dem rollenden Safety-Car-Start erspart. Und den Zuschauern ein besseres Rennen geboten."

Impressionen - Formel 1 - GP Belgien - Spa-Francorchamps - 29. Juli 2023
Motorsport Images
Nach jedem Regenguss musste die Piste erst wieder von stehendem Wasser befreit werden.

Sind vier Stunden Pause sinnvoll?

Doch Regeln sind Regeln. Sauber-Sportdirektor Beat Zehnder erklärt: "Zwischen dem Start des Shootouts und dem Start des Sprints müssen vier Stunden liegen. Man kann über die Sinnhaftigkeit einer so langen Pause diskutieren, aber eine Verkürzung dieser Spanne wäre eine Verletzung des Sportlichen Reglements. Für eine kurzfristige Änderung bräuchte man ein hundertprozentiges Votum der Formel-1-Kommission dafür. Am gleichen Tag ist es sowieso nicht möglich."

Wie gerufen kehrte der Regen vor dem Sprintrennen in zwei Schüben zurück. Das verzögerte die schon verschobene Startzeit um weitere 30 Minuten, weil wieder die gleichen Prozeduren abgespult wurden. Das gröbste Wasser musste aus der Piste geschoben werden. Dann drehte das Feld hinter dem Safety-Car auch noch fünf Runden, bevor es mit einem fliegenden Start auf die Reise geschickt wurde.

Sergio Perez fand die Sicherheitsmaßnahmen absolut gerechtfertigt. "Ich lag noch relativ weit vorne im Feld und habe nichts gesehen." Kevin Magnussen berichtete von seiner Sicht aus dem hinteren Feld: "Von der Zielgerade bis hoch zur Les-Combes-Kurve bin ich buchstäblich blind gefahren. Erst im zweiten Sektor hast du die Kurven wieder gesehen, weil du dort langsamer unterwegs bist."

Lance Stroll - Aston Martin - Formel 1 - GP Belgien - Spa-Francorchamps - 29. Juli 2023
Motorsport Images
Lance Stroll flog im Shootout mit Slicks auf halbfeuchter Piste ab.

Spa durfte Schicksal nicht herausfordern

Nico Hülkenberg bedauert, dass Regenrennen unter diesen Bedingungen bald schon Geschichte sein werden. "So schlimm wie jetzt war es mit der Sicht noch nie. Die Groundeffect-Autos wirbeln mit den breiten Reifen und dem Diffusor so viel Gischt auf, dass es im Pulk einfach zu gefährlich geworden ist."

Der drittplatzierte Pierre Gasly bekam es in den ersten Runden mit der Angst zu tun. "Ich war zunächst Sechster und habe buchstäblich nur 20 Meter weit gesehen. Wie hart muss es erst für die Jungs am Ende des Feldes gewesen sein. Ich habe nur gebetet, dass keiner auf der Gerade abfliegt und mitten auf der Straße zum stehen kommt. Ich wäre mittendurch gefahren ohne reagieren zu können. Der Boxenstopp gleich nach der ersten Runde war nicht nur aus taktischen Gründen eine Erleichterung. So hatte ich auf der Gerade wenigstens gute Sicht."

Mercedes-Teamchef Toto Wolff sah es genauso: "Nach den tragischen Unfällen, die in Spa in jüngster Zeit passiert sind, einer unter ähnlichen Bedingungen wie heute, hat die Rennleitung in einen Super-Sicherheitsmodus geschaltet. Das war angesichts der Gischt, die sich auf dem neuen Asphalt gebildet hat, die absolut richtige Entscheidung." Max Verstappen bestätigte: "Auf dem neuen Asphalt gab es viel mehr stehendes Wasser als früher. Es wäre bei einer zu schnellen Freigabe des Rennen in der erste Kurve und in Eau Rouge zu gefährlich geworden."

An den ersten zweiten Tagen stand deshalb im Kontrollraum alles unter dem Motto: Bloß kein Risiko. Da wurde zum Beispiel im Shootout die Strecke nicht für nass erklärt, obwohl sie nass war. Das hätte den Teams erlaubt, in jeder der drei K.O.-Runden Soft-Reifen einzusetzen.

So musste Lance Stroll im SQ2 zu Medium-Gummis greifen, als er auf abtrocknender Strecke pokern wollte. De Rennleitung wollte die Fahrer mit der Option Soft-Reifen nicht dazu ermutigen zu früh auf Slicks zu setzen. Stroll hat es trotzdem getan. Er landete in Kurve 9 in der Mauer.

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