Mercedes rätselt über Upgrade
Warum kam das Bouncing zurück?

GP Belgien 2023

Mercedes brachte in Spa sein zweites großes Upgrade an den Start. Hinterher war man so schlau wie vorher. Am Ende kam sogar das Bouncing zurück. Die Ingenieure stehen vor einem Rätsel.

Lewis Hamilton - Mercedes - Formel 1 - GP Belgien 2023
Foto: Wilhelm

Mercedes ist auf der Jagd nach Red Bull, kommt aber nicht so richtig vom Fleck. Trotz zwei großer Upgrades pendelt der Abstand immer noch zwischen drei und sieben Zehnteln. Die Ingenieure in Brackley hatten gehofft, mit der ersten Ausbaustufe die Fehler-Abstellphase beenden zu können, um dann mit der zweiten in die Aufholphase überzugehen. Doch es treten immer noch Fehler auf. In Spa kam das Bouncing zurück.

Mercedes brachte seine beiden größten Upgrades der Saison in Monte-Carlo und Spa. Keine der beiden Strecken bietet große Aussagekraft. Monte-Carlo nicht, weil die Strecke so speziell ist. Doch der Stadt-Grand-Prix war nur der Ersatz für das abgesagte Rennen in Imola. Das konnte man nicht auf der Rechnung haben.

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Spa ist auch nicht der ideale Ort, weil ein Sprint-Wochenende mit nur einem Training bestenfalls 60 Minuten Zeit für Proberunden offeriert. In diesem Fall waren es null. Ein Wetterchaos dieser Art konnte keiner voraussehen. Trotzdem zeigt das Timing der Entwicklungsabteilung, wie viel Druck auf dem Kessel beim WM-Zweiten ist.

Mercedes - F1-Technik - Formel 1 - GP Belgien 2023
Motorsport Images
Lewis Hamilton (oben) fuhr einen kleineren Heckflügel als George Russell.

Russell mit mehr Flügel als Hamilton

Die Teams mussten sich bei der Einstellung ihrer Autos auf die Simulationen verlassen, die schon vor der Abreise nach Belgien durchgeführt wurden. George Russell entschied sich nach der Simulatorfahrt für einen Heckflügel, der in Jeddah und Miami einmal getestet und dann modifiziert worden war. Lewis Hamilton vertraute dem neuen Spa-Flügel, der Teil des Upgrade-Pakets war.

Hamiltons Flügel hatte etwas weniger Abtrieb und produzierte deshalb auch weniger Luftwiderstand. Das machte im Topspeed 5,5 km/h Unterschied. Oder zwei Zehntel im Vollgasstück von Kurve 1 bis Kurve 5. "Die McLaren haben mit ihrem Flügel im gleichen Bereich acht Zehntel verloren", gibt ein Ingenieur Einblick in die Größenordnung.

Der technische Leiter Mike Elliott wirft ein: "Hätte es ein normales Training gegeben, wäre George vielleicht Richtung Lewis gewandert. Aber er fühlte sich im Regen wohl mit seiner Wahl, also blieb er dabei."

Es fällt trotzdem auf, dass Russell in letzter Zeit tendenziell eher zu mehr Anpressdruck im Heck tendiert. Seit dem ersten Upgrade ist die Vorderachse des W14 im Vergleich zum Heck stärker geworden. Hamilton kann mit weniger Abtrieb hinten offenbar besser leben.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Belgien 2023 - Spa
Wilhelm
Auf den Geraden begann der Silberpfeil wieder zu hoppeln - wie in alten Zeiten.

Strecke, Setup oder Upgrade?

Die wechselnden Wetterbedingungen machten einen normalen Trainingsablauf unmöglich. Deshalb wurden die Simulationen und Simulatorfahrten Freitagnacht auch mit weniger Daten gefüttert als sonst. Da musste auch das Ergebnis schlechter sein. Mercedes ist von diesen Hausaufgaben in der Fabrik seit der Groundeffect-Ära abhängiger als viele andere Teams. Das zeigt sich an der Steigerung von Freitag auf Samstag, die bei den Silberpfeilen regelmäßig größer ausfällt als bei der Konkurrenz.

Doch diesmal waren auch die besten Analyse-Werkzeuge machtlos. Es war an der Strecke nicht herauszufiltern, ob das Upgrade, das Setup oder die Charakteristik der Strecke schuld an Stärken und Schwächen war. Die Teams wurden erst im Rennen damit konfrontiert, was ihr Auto konnte oder nicht.

Bei Mercedes kehrte das Bouncing zurück, das man längst für besiegt geglaubt hatte. Hamilton und Russell konnten nicht einmal Vollgas durch Blanchimont fahren. Elliott gab zu: "Wenn Bouncing auftritt, dann beeinträchtigt das den Grip und die Balance, und die Fahrer tun sich schwer, die Bremspunkte zu finden."

Eine Ursachenforschung blieben die Ingenieure schuldig: "Es kann die Strecke sein, das Setup oder das Upgrade. Die ersten beiden Möglichkeiten halten wir für wahrscheinlicher, weil wir Bouncing auch bei anderen Autos beobachtet haben."

Mercedes - F1-Technik - Formel 1 - GP Belgien 2023
ams
Nach der Sommerpause soll noch einmal mit weiteren Upgrades nachjustiert werden.

Warten bis Zandvoort

Auch die im Vergleich zu Ferrari höhere Reifenabnutzung war ungewöhnlich. Normalerweise ist der Mercedes das Auto, das seine Reifen am Sonntag besser streichelt. "Es kann nur damit zu tun haben, dass beide Fahrer mit der Balance ihrer Autos am Sonntag nicht zufrieden waren. Das geht dann auf die Reifen", erklärte Elliott.

Mit dem Upgrade ist es wie bei der Premiere in Monte-Carlo. Der erste Auftritt brachte keine tiefschürfenden Erkenntnisse. So wie man vor zwei Monaten bis zum nächsten Rennen in Barcelona warten musste, ist diesmal Geduld bis Zandvoort angesagt. Dann sollen aber schon die nächsten neuen Teile für Phase 2 der Runderneuerung kommen.

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