Ferrari-Ärger mit dem Zeitlimit
Darum gab es keine Strafe

GP Italien 2023

Viele Fans fragten sich nach dem Qualifying, warum die Schiedsrichter keine Strafe gegen Ferrari ausgesprochen haben. Und welche Strafe Carlos Sainz und Charles Leclerc für den Zeitlimit-Verstoß überhaupt gedroht hätte. Wir sorgen für Aufklärung.

Carlos Sainz - Ferrari - GP Italien - Formel 1 - 2. September 2023
Foto: Wilhelm

Für Ferrari schien das Qualifying von Monza schon kurz nach der ersten K.O.-Runde eine unerwünschte Wendung zu nehmen. Die FIA hatte beide Scuderia-Piloten dabei erwischt, wie sie die vorgeschriebene Maximalzeit überschritten hatten. Diese war erst am Samstag von der Rennleitung eingeführt worden, um gefährliche Situationen durch Autos im Bummeltempo zu verhindern.

Die neue Regel sah vor, dass die Piloten zwischen der Safety-Car-2-Linie, kurz hinter dem Boxenausgang, und der Safety-Car-1-Linie am Eingang der Zielgerade nicht mehr als 1.41 Minuten brauchen dürfen. In den Qualifyings der Formel 2 und der Formel 3 hatten viele Fahrer vor dem Start ihrer schnellen Runden absichtlich verlangsamt, um sich in eine perfekte Windschatten-Position zu bringen. Dabei kam es sogar zu Kollisionen.

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Als Ferrari gegen die Regel verstieß, befürchteten einige Fans vor den Fernsehern, dass nach dem Qualifying eine Startplatzstrafe droht. Die umjubelte Pole Position von Carlos Sainz schien in Gefahr. Die Rennleitung hatte zunächst angekündigt, dass der Fall nach der Session untersucht werden soll. Doch nur wenige Sekunden, nachdem Sainz und Leclerc ihre Autos im Parc fermé abgestellt hatten, ließen die Schiedsrichter die Piloten straffrei laufen.

Charles Leclerc - Ferrari - GP Italien - Formel 1 - 2. September 2023
Wilhelm

Auch auf dem Weg in die Boxen durften die Piloten nicht bummeln.

Wollte die FIA die Party nicht stören?

Der Verdacht lag nahe, dass die Rennleitung die Ferrari-Party nicht stören wollte. Man hätte sich nur vorgestellt, die Stewards hätten Max Verstappen durch eine nachträgliche Strafe nach vorne gehievt. Das hätte beim Verlassen der Strecke zu unschönen Szenen führen können. Doch in diesem Fall hatte die Entscheidung nichts mit den möglichen Konsequenzen zu tun.

Die Schiedsrichter erkannten früh, dass Leclerc und Sainz nicht absichtlich gebummelt hatten. Im Fall von Leclerc handelte es sich um eine Abkühlrunde nach seinem ersten Q1-Schuss, die zu lange dauerte. Der Monegasse ließ am Ende der Geraden nicht nur einen Piloten vorbei, der sich auf einer schnellen Runde befand, sondern auch einen Williams, der ebenfalls am Austrudeln war. Leclerc musste sich somit hinter einem langsameren Auto anstellen, das ihm das Tempo vorgab.

Die Runde wurde auch dadurch verzögert, weil das blau-rote Tandem ständig zur Seite fahren musste, um anderen Autos Platz zu machen. Lediglich am Ende der Runde in der Parabolica hätte Leclerc etwas schneller machen können. Hier ließ er ein paar Wagenlängen Luft zum Williams. Am Ende überschritt er die Maximalzeit aber nur um zwei Sekunden. Und es kam zu keiner gefährlichen Situation.

Verstappen, Sainz & Leclerc - GP Italien - Formel 1 - 2. September 2023
xpb

Die Ferrari-Piloten hatten selbst nie mit einer Strafe gerechnet.

Regelverstoß als sichere Variante

Ähnlich war die Sachlage auch bei Sainz, wie der Pilot selbst schilderte: "Ich musste so langsam machen, um anderen Fahrern auf schnellen Runden nicht im Weg zu stehen. Dabei war es fast unmöglich, das Delta zu berücksichtigen, das der Renndirektor uns gegeben hat. Ich glaube, dass ich ein oder zwei Sekunden vom Delta entfernt war. Das war aber die sicherere Variante."

Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur nahm seine Piloten in Schutz. Der Franzose erklärte anschließend, dass die Regel der Rennleitung unter besonderen Umständen außer Kraft gesetzt werden kann und Verstöße damit folgenlos bleiben. Bei Leclerc und Sainz hätte es sich um solche außergewöhnliche Umstände gehandelt.

Offenbar wussten nicht alle Piloten Bescheid, dass es sich um keine strikte Schwarz-Weiß-Regel handelt. Lando Norris wäre auf einer Inlap beinahe mit Esteban Ocon aneinandergeraten, weil er in Sorge war, die Delta-Zeit zu überschreiten. "Esteban war am Anfang der Runde an mir vorbeigefahren und danach langsam unterwegs. Ich lag da aber schon über meinem Delta und wurde gezwungen, ihn am Ende der Runde wieder zu überholen."

Aber selbst bei einer strengen Regelauslegung wären die guten Startplätze der beiden Ferrari-Fahrer nie in Gefahr geraten. Wie immer wird bei solchen Verstößen nach Präzedenzfällen gesucht, um das Strafmaß festzulegen. Hätten die Schiedsrichter nicht außergewöhnliche Umstände als Ausrede gelten lassen, hätten Sainz und Leclerc im schlimmsten Fall eine Verwarnung kassiert.

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