BMW 225xe Active Tourer im Dauertest
Fast pannenfrei nach 100.000 Kilometern

Den Parkplatz vor dem Dresdner Kronentor hat sich der BMW 225xe Active Tourer verdient, denn der Kompakt-Van mit Plug-in-Hybrid absolvierte den Dauertest über 100 000 Kilometer pannenfrei. Na ja, nicht ganz. Wo hakte es?

BMW 225xe Active Tourer, Exterieur
Foto: Dino Eisele

Es ist nur eine Kleinigkeit, und eigentlich liegt sie gar nicht am BMW 225xe Active Tourer. Sondern am Gesetz. Oder besser: jener Vorschrift, die besagt, dass der Kraftstofftank bei einem Hybridfahrzeug während des elektrischen Fahrbetriebs druckdicht verschlossen bleiben muss. Das führt zu Druckunterschieden zwischen Tankinnerem und Umgebung, weswegen alle Plug-inHybride über eine Tankdeckel-Entriegelung per Knopfdruck verfügen. Genau diese Vorrichtung erfordert beim teilelektrischen BMW-KompaktVan eine kleine ungeplante Kundendienstmaßnahme: den Austausch des Tankdrucksensors kurz vor Dauertest-Ende. Doch der Reihe nach.

Unsere Highlights

Der 225xe beginnt seinen Redaktionsdienst im Juni 2017. Zusätzlich zum Grundpreis von 42.250 Euro bringt der Testwagen Extras im Wert von rund 11.000 Euro mit. Dabei ist nichts Exotisches an Bord, teuerste Beigaben sind die Lederausstattung sowie das Navigationssystem für jeweils etwas mehr als 1.500 Euro. Kein sehr günstiger Wagen, doch insgesamt ein preiswerter, wie sich herausstellen wird. Imposante 165 kW Systemleistung führt der 225xe im Datenblatt, das sind nach herkömmlicher Schreibweise 224 PS. 100 kW (136 PS) steuert der Dreizylinder-Benziner bei, mit 65 kW kann die E-Maschine mitschieben. So gerüstet, erweist sich der BMW als flotter Familien-Van.

BMW 225xe Active Tourer, Exterieur
Peter Wolkenstein
Der BMW 225xe Active Tourer ist ein fahraktiver und zuverlässiger Hybrid-Van.

Lob für die spontan antretende Antriebseinheit findet sich unter den ersten Eintragungen auf der Begleitkarte: "Harmonischer Antrieb, bequeme Sitzposition, nett gemachtes Interieur", notiert etwa Redakteur Jörn Thomas dort schon eine Woche nach Dauertestbeginn. Doch bald mischt sich leise Kritik an der als eher spärlich empfundenen elektrischen Reichweite in die Kommentare. Nach allerspätestens 35 km ist der Energievorrat im 7,7 kWh fassenden Speicher verbraucht, dann funktioniert der BMW wie ein ganz normaler Hybrid. Der E-Motor schiebt beim Anfahren mit, und das ist gut so.

Denn der kleine Dreizylinder wäre – auf sich allein gestellt – mit dem gut 1.700 kg schweren Kompakt-Van doch arg gefordert. Ein erfreulicher Aspekt des Hybridsystems, der vor allem im Winter von vielen 225xe-Nutzern in der Redaktion hervorgehoben wird, ist im Übrigen die sehr gute Traktion dank elektrisch angetriebener Hinterachse.

Moderater Verbrauch

Die ändert natürlich nichts an der vielfach bemängelten E-Reichweite. Zumal das Laden des Akkus wegen der einphasigen Ladetechnik über drei Stunden (an der Haushaltssteckdose) in Anspruch nehmen kann. Etwas schneller geht es an einer Wallbox oder an öffentlichen Ladestationen.

So kommt es, dass der BMW häufiger lange Strecken ohne Input vom Stromnetz zurücklegt – bei moderatem Treibstoffverbrauch: Im hybridischen Testmittel konsumiert er 7,5 Liter Superbenzin. Das ist angesichts der Fahrleistungen und der Transportkapazität bescheiden, aber nicht sensationell sparsam. Als nachteilig erweist sich bei betont hybridischer Nutzung der nur 36 Liter fassende Benzintank. Bei eiliger Autobahnfahrt ist mitunter schon nach 300 km ein Tankstopp vonnöten.

BMW 225xe Active Tourer, Exterieur
Clemens Hirschfeld
Da der BMW nur einphasig lädt, kann das Laden über drei Stunden dauern.

Ohnehin zeigt sich der Verbrauch – wie bei allen Plug-in-Hybriden – extrem variabel: Wer den Wagen alle 25 km an die Ladesäule stöpseln kann, kommt gänzlich ohne Benzin von der Tankstelle aus. Der elektrische Verbrauch liegt dann zwischen 22 und 31 kWh/100 km.

Feines Fahrwerk

Nur Gutes wissen die Nutzer vom Fahrwerk des 225xe zu berichten, jedenfalls wenn es um die Handlingeigenschaften geht. Da zeigt sich der Van erstaunlich agil und kurvenfreudig, wird gar auf einer Dienstfahrt übers Timmelsjoch zum Motorradfahrer-Schreck. Das ansatzlose Ansprechen der E-Maschine an der Hinterachse, der drehfreudige Motor und die nicht zu leichtgängige, exakte Lenkung lassen ihn überraschend flott zur Passhöhe stürmen.

Der Preis für das feine Handling? Ein recht herber Federungskomfort, offenbar eine Gemeinsamkeit vieler BMW-Modelle auf der UKL-Plattform. Nachhaltig störend ist es hier nicht, doch es fällt auf, weil man in einem Familien-Van eher etwas sensibler ansprechende Dämpfer vermutet.

Auf den Sitzplätzen dagegen fühlen sich die meisten Insassen wohl. Die vorderen Ledersitze sind elektrisch einstell- und beheizbar, nur ein paar sehr groß gewachsene Kollegen empfinden die Sitze als zu zierlich. Am Ladevolumen gibt es ebenfalls wenig auszusetzen, der variable, gut nutzbare Gepäckraum wird als sehr praktisch empfunden. Ähnlich positiv sind die Äußerungen zu Instrumenten und Bedienung sowie dem schnell rechnenden Navi samt Real-Time-TrafficInfo, und viele Kollegen loben die Vorzüge des Driving-Assistant-PlusPakets (1.120 Euro Aufpreis) mit Stauassistent und aktiver Geschwindigkeitsregelung.

Allerdings erwies sich das kamerabasierte System als empfindlich, je nach Licht- und Wettersituation fällt es schon mal mit Fehlermeldungen auf. Acht Monate und 30.000 Kilometer nach Dienstbeginn läuft der BMW zur ersten Wartung eine Werkstatt an. Außer Motoröl, Schlüsselbatterie und Pollenfilter muss nichts gewechselt werden. Ein Vorgang, der sich bei den zwei folgenden Inspektionen während des Dauertests wiederholen wird. Nur bei der letzten werden die Bremsbeläge hinten erneuert, die vorderen sind laut Verschleißanzeige nach gut 75.000 km fällig. Das war’s schon, nicht einmal Motoröl muss zwischen den Wartungsintervallen nachgekippt werden.

Dann kommt die Sache mit dem Tankdrucksensor. Der verhält sich immer wieder mal unwillig, erfahrene Kollegen öffnen in dem Fall eine Klappe in der Kofferraumverkleidung und aktivieren per Schnur die Notentriegelung, um die Tankklappe zu öffnen. Der Sensor wird kurz vor Dienstende des BMW ausgetauscht. Was es sonst noch zu sagen gibt? Nicht nur die Technik, auch das Interieur präsentiert sich am Ende des strapaziösen Dauertests in hervorragender Verfassung: Sitze, Lenkrad, Bedienelemente und Verkleidungen wirken frisch wie bei einem nur sehr vorsichtig genutzten jungen Gebrauchten. Unterm Strich: Platz eins im Mängelindex in der Van-Kategorie. Na also!

Stärken und Schwächen

Nur sehr selten haben Benutzer des Active Tourer etwas an der Bedienung auszusetzen. Die Handhabung des iDrive-Dreh-Drück-Stellers sowie der drum herum platzierten Menütasten gelingt mühelos und intuitiv. Das straffe, vor allem bei langen Fahrten als holprig empfundene Fahrwerk stieß bei einigen Fahrern auf Kritik. Positiv: der geringe Reifenverschleiß. Zwei Sätze Sommerreifen sowie ein Satz Winterpneus reichten für die Dauertest-Distanz.

Vor- und Nachteile
Kräftiger Antrieb
Harmonisches Hybridsystem
Passend gestuftes Automatikgetriebe
Präzise, feinfühlige Lenkung
Sehr gute Traktion mit elektrisch angetriebener Hinterachse
Agiles Handling
Sichere Fahreigenschaften
Vorn und hinten gutes Raumangebot
Sehr einfache und übersichtliche Bedienung
Gut ablesbares Head-up-Display
Hochwertiges, gut verarbeitetes Interieur
Etwas holprige Federung
Mäßige Übersichtlichkeit durch breite A- und B-Säulen
Geringe elektrische Reichweite
Hohe Ladedauer
Leicht zu irritierender Sensor des Driving Assistant Plus
Rückfahrkamera verschmutzt rasch
Kleiner Treibstofftank
Anfällige Tankentriegelung

Fazit

Die guten Fahreigenschaften, der gut nutzbare Innenraum, die ebenso einfache wie praktische Bedienung und der muntere Antrieb verschaffen dem 225xe während des Dauertests viele Freunde. Am meisten kritisiert werden die bescheidene elektrische Reichweite sowie der geringe Federungskomfort und die schlechte Übersichtlichkeit.

Technische Daten
BMW 225xe Active Tourer
Grundpreis39.950 €
Außenmaße4354 x 1800 x 1555 mm
Kofferraumvolumen400 bis 1510 l
Hubraum / Motor1499 cm³ / 3-Zylinder
Leistung100 kW / 136 PS bei 4400 U/min
Höchstgeschwindigkeit202 km/h
Verbrauch1,9 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten