Gebrauchtwagen-Check BMW 5er
Der Spaß beginnt bei 12.000 Euro

Sie suchen eine gediegene Limousine, tauschen das letzte Quäntchen Komfort gern gegen einen Schuss Sportlichkeit und legen viel Wert auf kultivierte Motoren? Das Ganze darf aber nicht zu teuer sein und soll obendrein noch halbwegs aktuell aussehen? Dann bleibt eigentlich nur der BMW 5er der F10-Baureihe. Doch Obacht: Viele Exemplare sind arg wackelig unterwegs.

BMW 5er F10 Gebrauchtwagencheck
Foto: Sven Krieger

Junge, bist du alt geworden! Stimmt bei diesem 5er aber nur beim Blick aufs Zulassungsdatum, denn die Baureihen F10 (Limousine) und F11 (Touring) zeichnet genau das Gegenteil aus: Sie unterscheiden sich zwar deutlich vom Vorgänger, aber kaum vom Nachfolger.

Karosserie: klassisch, modern, haltbar

So wirkt ihr Design noch halbwegs frisch, obwohl schon seit mehr als 13 Jahren auf der Straße zu sehen. Es stammt ohnehin aus einer Epoche, als BMW der Styling-Pannen weitgehend unverdächtig war, der plumpe Bangle-7er bereits vergessen und die neuen, an Schneefräsen erinnernden Maxi-Kühlernieren à la iX erst noch in den Designstudios ausgebrütet wurden. Von den unsäglich gezeichneten Digitalinstrumenten aktueller BMW ganz zu schweigen.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Aber wir schweifen ab. Der F10 also, er wirkt noch so gar nicht wie ein Vorgänger, obwohl auch dessen Nachfolger bereits kurz vor der Ablösung steht. Der Nachbar würde den Unterschied nicht merken, und wer sich für ein nun auch schon zehn Jahre altes LCI-Modell (BMW-Jargon für "Facelift", steht für "Lifecycle Impulse") mit den damals optionalen LED-Scheinwerfern entscheidet, käme ohnehin up to date daher.

BMW 5er F10 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Sehnig, schlank, seriös, dennoch stattlich: Der 5er der Baureihe F10 ist ein Musterbeispiel für klassische BMW-Tugenden. Seine aktuelle Generation verkörpert höchstens noch letzteres.

Die hier gezeigte Limousine mit den Xenon-Scheinwerfern entpuppt sich erst auf den zweiten Blick als Basismodell. Es ist ein 520i, bereitgestellt von der Autowelt Michael in Beckdorf. Erstmals zugelassen wurde dieser 5er im Oktober 2013, aber bereits vor dem Facelift produziert und war zum Zeitpunkt der Aufnahmen 142.188 Kilometer weit gefahren. Auffällig ist der ausnehmend gute Pflegezustand, das Blechkleid verunzieren keinerlei Dellen, auch sonst gibt es kaum Gebrauchsspuren. Selbst das bei Laternenparkern oft schon nach acht Jahren einsetzende Vergilben der Scheinwerfer-Abdeckscheiben ist hier nicht zu erkennen, offenbar stand das Auto meist in der Garage.

Innenraum: Viel Platz mit toller Ergonomie

Der 5er ist eine edle Lounge, in der man sich nicht eingemauert fühlt. Zum sehnigen Fahreindruck passt die erstklassige Ergonomie mit sportlicher, aber höchst komfortabler Sitzposition. Dazu: exzellente Sitze, präzise Lenkung und der Komfort kommt auch nicht zu kurz. Im Fahrersitz zeigen sich nach 142.000 km zwar erste Falten, aber das Polster ist noch straff. Das Cockpit ist zudem ein Muster an Ablesbarkeit: BMWs perfekt ablesbare Rundinstrumente sind legendär – und mittlerweile leider Geschichte. Dank i-Drive lässt sich der F10-5er noch ganz einfach und intuitiv bedienen. Die 520 Liter Kofferraumvolumen waren früher mal Gardemaß. Unser Fotomodell besitzt allerdings keine umlegbaren Sitzlehnen. An Platz mangelt es im Fond nicht, die Bank ist jedoch sehr knapp überm Boden montiert und erzwingt so einen engen Beinwinkel.

BMW 5er F10 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Dank hervorragender Ergonomie, guter Materialqualität und zeitlosen Designs hat das F10-Cockpit in den vergangenen 13 Jahren kaum an Reiz eingebüßt.

Motoren: Basis mit Vierzylinder

Leider sind die Zeiten schon eine Weile vorbei, in denen diese Typenbezeichnung gehobene Laufkultur versprach, weil es bei BMW in der Zweiliter-Klasse fürs gleiche Geld einen Sechszylinder gab, wo Mercedes dem Herrn Abteilungsleiter nur vier Töpfe für dessen Firmenwagen anzubieten vermochte.

Dieses Alleinstellungsmerkmal hatte BMW schon beim Vorgänger E60 aufgegeben. Der im F10 in zwei Leistungsstufen mit 184 und 245 PS zum Einsatz kommende N20-Vierzylinder macht den Verlust von zwei Töpfen schmerzhaft deutlich. Es sind brave Alltagsmotoren, die untenrum auch gut anziehen, die von BMW gern zelebrierte Freude am Fahren will sich aber nicht so recht einstellen. Wie gut, dass zumindest in den ersten F10/F11-Baujahren noch frei saugende Sechszylinder erhältlich waren. Sie hören auf Namen wie 523i, 528i und 530i, verzichten auf Turbolader und Valvetronic und gelten als weitgehend problemlos. Doch Obacht, der 528i wurde schon zum Modelljahr 2012 durch einen Vierzylinder gleichen Namens ersetzt.

BMW 5er F10 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Eine Menge Luft im Bug des 520i demonstriert, dass der Motorraum nicht selten Sechs- oder auch Achtzylinder beherbergt. Angesichts deren Strahlkraft sind die Vierzylinder reine Vernunftmotoren.

Relativ sorgenfrei laufen ebenso die Achtzylinder. Was wohl auch daran liegt, dass diese von vornherein konsequent auf den Einsatz in Langstreckenrennen ausgelegt wurden. Und was 24 Stunden Vollgas verträgt, hält meistens auch im Alltag. Ärger gab es nur mit einer zusätzlichen Kühlmittelpumpe der Turbolader im Baujahr 2011, die lecken und infolgedessen in Brand geraten konnte.

Dieses Stichwort belastet auch die Dieselmotoren, denn bereits seit geraumer Zeit läuft ein Rückruf wegen undichter Kühler der Abgasrückführung. In ungünstigen Fällen kann sich Kühlmittel im aus Kunststoff bestehenden Ansaugtrakt sammeln, dort in Brand geraten und auf das gesamte Fahrzeug übergreifen. Betroffen sind nach derzeitigem Stand alle im F10/11 verbauten Diesel.

Wenn’s also brenzlig riecht – besser anhalten und nachsehen. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang: Der Anteil der Leichtölbrenner liegt bei den gebraucht angebotenen 5ern um 87 Prozent. Was vermutlich damit zusammenhängt, dass gerade BMW-Diesel den Spagat zwischen Dynamik, Verbrauch und Laufkultur recht überzeugend beherrschen.

Größere Probleme sind nicht zu erwarten, lediglich die anfangs noch aus der N47-Familie stammenden 518d und 520d können mit Steuerketten-Defekten auffallen. Ihre Nachfolger mit der Bezeichnung B47 sind wie die Sechszylinder generell technischer Gebrechen unverdächtig.

Wobei es immer Leute geben wird, die einen Turbolader hinzurichten wissen. Oder zwei, wie im 535d. Oder gar deren drei, wie im M550d. Aber das ist nicht BMW-spezifisch, denn wenn der Azubi in der Werkstatt nach dem Öl- und Filterwechsel schon mal kräftig Gas gibt, ehe der Öldruck da ist, macht jeder Lader die Grätsche.

Getriebe: mit Automatik wunschlos glücklich

Trotz der eher sparsamen Motorisierung hat der Vorbesitzer mit Navigationssystem Professional, Glasdach und vor allem der Achtgangautomatik alle wichtigen Extras gewählt. Den Selbstschalter sollte man sich unbedingt gönnen, ZF ist in diesem Sektor immer noch Benchmark. Was ungefähr elf Prozent der 5er-Fahrer nicht davon abhält, selbst die etwas knorpelig einzulegenden sechs Gänge zu sortieren.

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Sven Krieger

Dass der Elektronik-Wählhebel im 5er die richtige Wahl ist, dürfen auch eingefleischte Schalt-Fetischisten neidlos anerkennen.

Um zur ohnehin schon guten Haltbarkeit der Wandlerautomatik beizusteuern, empfiehlt es sich, längstens in 100.000-Kilometer-Intervallen einen Getriebeölwechsel mit Spülung durchzuführen. Das hält die feinen Steuerkanäle frei von Schmutzablagerungen und die Schmierfähigkeit mit allen nötigen Additiven bleibt konstant erhalten. Die Frische des Öls trägt auch zum Überleben diverser Dichtungen bei, die durch Flüssigkeitskontakt geschmeidig gehalten werden.

Beim M5 ist die Wahl des Schaltgetriebes allerdings durchaus eine Überlegung wert, denn als Alternative gab es nur ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, welches auch unsere Kollegen von sport auto einst wegen fehlenden Feinschliffs kritisierten.

Fahrwerk: hoher Verschleiß

Die Achillesferse des 5er liegt im woanders. Ausnahmsweise passt auch der Begriff, betrifft sie doch die Laufwerkzeuge. Denn das Fahrwerk leidet unter allerlei Verschleißerscheinungen. Das ist kein Wunder, wird doch jedes Vorderrad von elf Gelenken geführt. Im Prinzip handelt es sich bei beiden Achsen um Doppelquerlenker-Konstruktionen, an denen jeweils ein Dreieckslenker in zwei einzelne aufgelöst wurde. Jede Menge Gelenke also, und entsprechend viel Verschleiß.

Das hat man auch im freien Ersatzteilhandel erkannt, der längst komplette Überholsätze anbietet. Als Beispiel sei hier das Vorderachs-Kit des Herstellers Meyle genannt, das alle beweglichen Teile umfasst, inklusive Koppelstangen, jedoch ohne Spurstangen der Lenkung.

BMW 5er F10 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

An beiden Achsen besitzt der F10 überdurchschnittlich viele Elastokinematikteile - einfach ausgedrückt: Gummibuchsen. Schlagen sie aus, entsteht Spiel und die Fahrwerksgeometrie wird nicht präzise eingehalten.

Wer es günstig einkauft, zahlt 750 Euro und erhält vier Jahre Garantie. Dazu noch die inneren Buchsen des hinteren Querlenkers plus Arbeitslohn einer guten freien Werkstatt – und für ungefähr 2000 Euro steht der 5er wieder auf starken Beinen.

Allerdings gibt es noch ein weiteres Problem: Diese Baureihe (und Derivate wie 6er Coupé etc.) reagieren sehr empfindlich auf Vibrationen. Fürs Auswuchten der Räder besitzen daher BMW-Niederlassungen (ebenso Porsche, Mercedes u. a.) sowie wenige freie High-End-Reifendienste spezielle Maschinen, die den Reifen während des Abrollens abtasten und Ungleichförmigkeiten erkennen (Stichwort: Radialkraftschwankungen). Sollte der 5er also trotz sorgfältigen Auswuchtens (auch dafür hat BMW besondere Regeln) im Lenkrad schütteln, kann das sogenannte Huntern der Räder Abhilfe schaffen.

BMW 5er F10 Gebrauchtwagencheck
Sven Krieger

Sind alle Buchsen schön frisch, bietet der 5er eine Menge Freude am dynamisch-präzisen Fahren. Den Spagat aus Agilität und Komfort schafft kein Zeitgenosse so gut wie er.

Wäre ja auch blöd, wenn die ansonsten herausragende Fahrkultur des F10/11 durch solche Lappalien leiden würde. Vorsicht ist allerdings angebracht, wenn das Fahrverhalten trotz eines angeblich niedrigen Kilometerstands schwammig wirkt. In solchen Fällen empfiehlt sich ein Auslesen aller Daten beim BMW-Vertragshändler, um dem tatsächlichen Kilometerstand auf die Schliche zu kommen. Nicht, dass man am Ende als F10-Käufer alt aussieht.

Mängel: und sonst?

Wie gesagt – die grundsätzliche Haltbarkeit des 5er ist gut. So gut, dass einer Karriere über viele Hunderttausend Kilometer nichts im Wege steht, sofern einer gewissen Pflege nicht entsagt wurde. Der Verschleiß an Achsgelenken lässt sich zumindest etwas eindämmen, wenn auf das Nachrüsten harter Tieferlegungssätze und extragroßer Felgen verzichtet wird. Die originalen Felgen neigen häufig schon früh dazu, sich vom aggressiven Bremsstaub anfressen zu lassen, was einerseits mit einer recht empfindlichen Beschichtung zu tun hat und andererseits mit einem ambitionierten Fahrstil – regelmäßiges Reinigen ist hier also durchaus von Nutzen. Überhaupt sollte man Geld für kosmetische Kleinigkeiten eher in einen neuen Startknopf investieren, sollte der Alte bereits aufs weiße Trägerplastik abgenutzt sein, als in Nierenverzierungen oder sonstige nur scheinbar individuelle Modifikationen, die den an sich so seriösen 5er ganz schnell alt aussehen lassen.

BMW 530d Touring, Start-Stopp-Automatik
Dino Eisele

Kleinigkeiten, wie ein abgeblätterter Startknopf oder ein allzu speckiges Lederlenkrad, lassen den 5er schnell älter aussehen als nötig. Ein günstiges Ersatzteil (unter zehn Euro im Netz)  oder schlicht regelmäßige Pflege schaffen Abhilfe.

Preise: breites Spektrum

Bei 6.000 Euro beginnt der Spaß im F10, dann steht zu Beginn des sechsstelligen Tachostands aber mindestens eine Zwei. Ab 12.000 Euro gibt es empfehlenswerte Exemplare mit nachvollziehbarer Historie und im Idealfall bereits überholtem Fahrwerk. Selten und mit Wertsteigerungspotenzial: M-Preziosen wie der M550d und natürlich der M5. Wobei es hier auch schon unterhalb der 30.000er-Schwelle interessante Angebote gibt. Also jetzt zugreifen, bevor der M5 wieder an Wert gewinnt? Interessenten sollten sich zumindest verstärkt der Marktbeobachtung widmen.

Bei 15.000 Euro beginnt die Preisskala für ein LCI-Modell, sofern der Tacho unter 100.000 Kilometern bleibt, ab 20.000 Euro hat man freie Auswahl.

Fazit

Die schwachen Gebeine hat auch dieser 5er von seinen Vorfahren geerbt, trotz vollkommen neuer Achskonstruktionen. Die sind jedoch ungleich aufwendiger als früher, folglich auch teurer in der Reparatur. Doch einmal komplett überholt begeistern F10 oder F11 wieder mit einem unerreicht präzisen Fahrverhalten bei gleichzeitig ausgezeichnetem Komfort. Denn die Antriebe werden hier dem Anspruch des Markennamens – wie meistens – vollauf gerecht.

Technische Daten
BMW 520i Luxury LineBMW 530d Touring
Grundpreis47.950 €54.750 €
Außenmaße4907 x 1860 x 1464 mm4907 x 1860 x 1462 mm
Kofferraumvolumen520 l560 bis 1670 l
Hubraum / Motor1997 cm³ / 4-Zylinder2993 cm³ / 6-Zylinder
Leistung135 kW / 184 PS bei 5000 U/min190 kW / 258 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit233 km/h248 km/h
0-100 km/h7,9 s6,3 s
Verbrauch6,0 l/100 km5,5 l/100 km
Testverbrauch9,6 l/100 km8,6 l/100 km