Haas im Rennen besser als in der Quali
„Dürfen nicht nur auf Ausfälle hoffen“

GP Australien 2024

Verkehrte Welt bei Haas. In dieser Saison läuft es im Rennen besser als im Qualifying. In Melbourne sprangen am Ende doppelte Punkte heraus, weil einige Autos der Top-Teams nicht ins Ziel kamen. Teamchef Ayao Komatsu will sich damit aber nicht zufriedengeben.

Nico Hülkenberg - GP Australien 2024
Foto: Haas

Ein Jahr lang hatten Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen Bauchschmerzen, wenn sie mit ihren Haas-Rennern vor der Startampel einparkten. Der hohe Reifenverschleiß bedeutete, dass es im Rennen stets rückwärts ging. Doch diese Zeiten scheinen vorbei. Mittlerweile gibt man sich angriffslustig, wenn es sonntags um die Vergabe der Punkte geht.

Sowohl in Jeddah als auch in Melbourne war Hülkenberg der Fahrer im Feld, der im Laufe des Rennens die meisten Positionen gutmachen konnte. Beide Male sprang ein Top-Ten-Resultat heraus. "Wir wussten, dass unsere Rennpace besser sein würde als unsere Quali-Pace. Aber wenn vorne keiner ausgefallen wäre, hätten wir nicht gepunktet", gibt Teamchef Ayao Komatsu zu bedenken.

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Haas war zwei Mal in Folge zur Stelle, als es etwas Zählbares abzugreifen gab. Aus der Konkurrenz der Mittelfeld-Teams konnte nur Yuki Tsunoda das US-Team schlagen. "Wir haben leider das Timing des ersten Boxenstopps von Kevin nicht optimal getroffen. Da sind wir hinter Albon zurückgefallen und haben viel Zeit verloren. Sonst hätten wir vielleicht mit Tsunoda kämpfen können", ärgert sich Komatsu.

Ayao Komatsu - GP Australien 2024
Haas

Trotz drei Punkte-Resultaten sieht Haas-Teamchef Ayao Komatsu noch viel Raum für Verbesserung.

Hülkenberg im VSC-Glück

Hülkenberg dagegen hatte Glück mit der Taktik. Er war auf harten Reifen gestartet und konnte den ersten Stopp so lange hinauszögern, dass er von der VSC-Phase nach der Hamilton-Panne profitierte. "Nico war im Mittelstint dann auf Medium-Reifen unterwegs und hatte eine bessere Pace. Deshalb haben wir Kevin gesagt, dass er die Position abgeben soll. Er hat es sofort erledigt, weil er wusste, wie gut die Chance auf Punkte ist", lobte der Teamchef das Zusammenspiel seiner Fahrer.

Hülkenberg profitierte zwar vom virtuellen Safety-Car. Dass man mit der Strategie nur glücklich gepokert habe, wollte Komatsu aber nicht gelten lassen: "Wegen der schlechten Startplätze mussten wir die Strategie splitten. Wir haben das Risiko einfach auf verschiedene Pitstop-Fenster verteilt, je nach Timing eines möglichen Safety-Cars. Man weiß ja, dass in Melbourne immer viel passieren kann."

Mit einer konventionellen Strategie wäre man am Ende da gelandet, wo man gestartet ist. Deshalb musste man etwas versuchen. Nur der bereits erwähnte erste Stopp von Magnussen sorgte für schlechte Stimmung beim Teamchef. "Schon in Jeddah hat das Timing nicht gepasst. Wenn es im Mittelfeld so eng zur Sache geht, dürfen uns solche Fehler nicht passieren. Wenige Punkte können am Ende des Jahres einen Unterschied machen."

Nico Hülkenberg - GP Australien 2024
Haas

Nico Hülkenberg profitierte in Melbourne von einem glücklichen Timing der ersten VSC-Phase.

Kann Haas das Tempo halten?

Nach dem erfolgreichen Saisonstart mit vier Zählern in drei Rennen lautet die Frage, ob Haas die gute Pace halten kann. In den letzten Jahren fiel man im Laufe der Saison stets zurück. Im Upgrade-Rennen machte die Konkurrenz meistens größere Schritte. Deshalb ging es schon bei den Testfahrten darum, herauszufinden, in welche Richtung man den VF-24 weiterentwickeln muss.

Wann die ersten Upgrades kommen, wollte der Japaner aber jetzt noch nicht verraten: "Wir haben einen Plan, aber ich möchte lieber keine Details nennen, um nicht zu viel Druck aufzubauen. Wir wissen, in welche Richtung wir gehen müssen. Das heißt aber noch nicht, dass wir auch die richtigen Maßnahmen treffen. Wir haben gute Leute. Ob wir die Ziele auch erreichen, wird man sehen."

Der Neuling auf dem Teamchefposten spornt sein Team an: "Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und warten, dass vorne etwas passiert. Wir müssen die Dinge in die eigene Hand nehmen und selbst über unser Schicksal entscheiden. Wir haben jetzt drei Mal gepunktet, aber damit dürfen wir nicht zufrieden sein. Früher oder später wird Williams seine Probleme aussortieren. Auch Alpine ist nicht weit weg. Ich bin sicher, dass die sich noch steigern werden."

Nico Hülkenberg - GP Australien 2024
Haas

Zwei Mal in Folge konnte Hülkenberg im Rennen die meisten Plätze gutmachen. Und zwei Mal in Folge sprangen am Ende Punkte raus. Geht die Serie in Suzuka weiter?

Fragezeichen vor Suzuka

Auch die Frage, ob man die Probleme beim Reifenverschleiß wirklich zu den Akten legen kann, will Komatsu erst nach dem Rennen in Suzuka beantworten. Die Herausforderung der japanischen Highspeed-Strecke in puncto Layout und Asphalt sei ganz anders als das, was man bei den ersten drei Rennen bewältigen musste.

Beim Blick auf den Streckencharakter dämpft der Teamchef die Erwartungen. "Ich befürchte, dass wir uns schwertun werden, wenn man sich unsere bisherige Performance in Highspeed-Kurven anschaut. Das hat man in Bahrain in den Kurven 6 und 7 oder im ersten Sektor von Jeddah schon sehen können. Oder auch in Melbourne in T9/10, da waren wir einfach nicht gut", analysiert Komatsu.

Für das neue Haas-Oberhaupt selbst wird die Reise in die alte Heimat dagegen auf jeden Fall ein großer Triumphzug. Die japanischen Fans haben den kleinen Ingenieur schon in den letzten Jahren immer begeistert empfangen, als er noch in der zweiten Reihe stand. Man kann sich kaum vorstellen, was dieses Mal los sein wird. Komatsu freut sich schon auf die Rückkehr: "Ich habe Japan 1994, also vor 30 Jahren, verlassen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal als Teamchef zurückkommen werde. Das wird eine ganz spezielle Erfahrung".

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