Teams fordern Briefing zu FIA-Urteilen
Warum kommt Verstappen immer davon?

GP Singapur 2023

Die Urteile der Sportkommissare nach der Qualifikation zum GP Singapur könnten ein Nachspiel haben. Trotz offensichtlicher Behinderungen kamen die Fahrer mit Verwarnungen und einem Freispruch davon. Selbst Max Verstappen hatte eine Strafe erwartet.

Max Verstappen - GP Singapur 2023
Foto: Wilhelm

Urteile der Sportkommissare werden nie uneingeschränkte Zustimmung finden. Einer fühlt sich immer benachteiligt. Da kommt dann schnell der Vorwurf auf, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Doch die vier Fälle in der Qualifikation zum GP Singapur brachten das Fass zum Überlaufen. Viele Teams verlangen, dass die Fälle noch einmal aufgerollt und die Urteile erklärt werden sollten. Auch Teams, die gar nicht betroffen waren. Ein Teamchef sprach von einem "Skandal".

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Was war passiert? Es ging um eine ganze Reihe von Behinderungen unterschiedlicher Art. Logan Sargeant hatte Lance Stroll zwischen den Kurven 2 und 8 blockiert. Er wurde verwarnt, und Williams muss 5.000 Euro Strafe zahlen. Angeführt wurde auch, dass der Repräsentant des Klägerteams zu spät zur Anhörung erschien. "Ich war wegen des Unfalls von Lance Stroll von den Ärzten in Beschlag genommen worden und deshalb sechs Minuten zu spät. Ich konnte unsere Sicht gar nicht mehr vorbringen. Das Urteil war schon gefällt. So schnell ging es noch nie."

Max Verstappen war gleich drei Mal die Zielscheibe. Einmal soll er Logan Sargeant zwischen den Kurven 17 und 18 eingebremst haben, einmal Yuki Tsunoda zwischen den Kurven 3 und 4, und dann hielt er noch das halbe Feld an der Boxenausfahrt auf, um sich auf Anweisung des Teams einen möglichst freien Platz auf Strecke zu sichern.

Lance Stroll - Aston Martin - Formel 1 - GP Singapur - 16. September 2023
Motorsport Images

Der Stroll-Crash schien die FIA gnädig zu stimmen.

Ein Freispruch, zwei gelbe Karten

Der Weltmeister erwartete selbst eine Startplatzstrafe. Auch Williams war ziemlich sicher, dass Sargeant wohl drei Startplätze zurück muss. In den Richtlinien für die Sportkommissare steht, dass bei einer nachhaltigen Behinderung eine Strafversetzung um drei Plätze empfohlen wird, bei einer gefährlichen um fünf.

Doch an diesem Samstagabend in Singapur hatten alle Sünder Glück. Die Schiedsrichter zeigten sich gnädig, was die Beklagten beglückte, die meisten anderen aber furchtbar aufregte. "Die Urteilssprechung ist nicht einheitlich und die Richtlinien werden immer wieder anders ausgelegt. Man weiß nie, was gilt", klagte ein Sportdirektor.

Verstappen bekam zwei gelbe Karten und einen Freispruch. Mit dem Freispruch in der Causa Sargeant konnten alle leben. Verstappen steckte in einem Verkehrsstau vor den beiden Zielkurven, der entstanden war, weil alle Platz zum Vordermann schaffen wollten. Der Red-Bull-Pilot erklärte, dass er mittendrin steckte, mal links, mal rechts überholt wurde und es für die sicherste Lösung hielt, seine Linie beizubehalten. Das machte Sinn.

Max Verstappen - GP Singapur 2023
Red Bull

Verstappen rechnete selbst mit einer Startplatzstrafe. Am Ende gab es nur zwei Verwarnungen.

Kein Kläger im Fall Tsunoda

Mehr Mühe hatten viele Beobachter da schon mit der Behinderung von Tsunoda. Der Japaner ließ mit ein paar Schimpfworten bereits am Funk wissen, was er davon hielt. Red Bull entlastete seinen Fahrer. Man habe ihm zu spät gesagt, dass Tsunoda im Anmarsch sei.

Das Urteil lautete Verwarnung und 5.000 Euro Geldstrafe für Red Bull. Während die Sportkommissare das in Linie mit alten Urteilen sahen, schimpften mehrere Teammanager: "Für die Nummer hätten unsere Fahrer eine Startplatzstrafe bekommen."

Verstappen half, dass es keinen Kläger gab. Alpha Tauri hatte darauf verzichtet, den Fahrer oder ein Teammitglied zur Anhörung zu schicken. Man wollte dem befreundeten Schwesterteam nicht in die Suppe spucken. Das aber kann keinen Einfluss auf das Urteil haben. Wenn das Zeugnis verweigert wird, dann erfüllt der Inhalt des Funkspruchs die Anklage. Und der war ziemlich eindeutig.

Auch für die lange Wartezeit an der Boxenausfahrt gab es nur eine Verwarnung. Die Zeitangabe von 14 Sekunden in der Urteilsbegründung war schon einmal falsch. Es waren 18. Dass keiner zu Schaden kam, ist erstens nicht richtig, zweitens unerheblich. Es wurden auch schon Behinderungen gebüßt, obwohl der betroffene Fahrer in der Qualifikation dann noch eine Runde weitergekommen ist.

Sergio Perez & Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Singapur - 16. September 2023
Wilhelm

Verstappen hatte seinen Red Bull 18 Sekunden am Boxenausgang geparkt.

Falsches Timing nach Boxen-Blockade

Ein Ingenieur widerspricht auch der Behauptung, dass am Ende doch alle in einem weiteren Stau auf der Strecke geraten sind: "Diese Rechnung können die Sportkommissare gar nicht anstellen. Die Fahrer werden gemäß einer bestimmten Zeitschleife aus den Garagen geschickt. In die werden der aktuelle Verkehr auf der Strecke, die benötigte Zeit für die ideale Aufwärmrunde und auch unvorhergesehene Zwischenfälle wie das Wiegen des Autos am Ende der Runde mit einkalkuliert. Wenn da plötzlich 18 Sekunden ohne Grund dazukommen, stimmt das komplette Timing nicht mehr."

Viele kamen zu dem Schluss, dass bestimmte Fahrer oder Teams öfter mit einem blauen Auge davonkommen als andere. Zumal Sergio Perez im Rennen drei Gegner (Tsunoda, Albon, Lawson) aus dem Weg boxte, am Ende aber nur fünf Sekunden aufgebrummt bekam, was auf sein Resultat keinen Einfluss hatte. Tsunoda Rennen war nach der Kollision zu Ende, Alexander Albon flog aus den Punkterängen. Um diesem Verdacht aus dem Weg zu räumen, wünschen sich viele Teams in Suzuka ein Gespräch mit den Sportkommissaren, um in Zukunft solche Widersprüche auszuräumen.

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