Startplatzstrafe und Reifenpatzer
Ferrari schlägt sich selbst

GP Kanada 2023

Ferrari präsentierte sich im Montreal-Qualifying von der konfusen Seite. Die Quittung für einige kostspielige Fehler waren zweistellige Startplätze. Charles Leclerc kritisierte seine Mannschaft mit deutlichen Worten. Carlos Sainz richtete seinen Frust in Richtung FIA-Kommissare.

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - Montreal - GP Kanada - 17. Juni 2023
Foto: xpb

Nach dem Freitagstraining war die Ferrari-Welt noch in Ordnung. Im Briefing mit den Ingenieuren herrschte ungewöhnlich gute Stimmung. Die üblichen Schimpfereien der Piloten über schwache Longruns blieben dieses Mal aus. Die Balance passte. Das Auto reagierte berechenbar. Und der Reifenverschleiß hielt sich in Grenzen. Es sah ganz nach einer Trendwende aus.

Doch dann kam am Samstag der Regen und spülte die Scuderia aus der Bahn. Das Drama begann schon im dritten Training, als Carlos Sainz sein Sportgerät in die Bande von Kurve 1 feuerte. In der kurzen Pause bis zum Qualifying mussten die Mechaniker zwei angeknackste Aufhängungen sowie Schäden am Unterboden und den Flügeln instandsetzen.

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"Die Mechaniker haben wirklich unglaubliche Arbeit geleistet. Sie überraschen mich immer wieder", lobte der Spanier seine Schrauber-Crew. Nach dem Crash musste aber nicht nur das Auto sondern auch das Ego des Piloten repariert werden. Es dauerte etwas, bis Sainz auf der feuchten Piste wieder Vertrauen fand. "Das war eine der schwierigsten Quali-Sessions meiner Karriere", gab der Madrilene zu.

Carlos Sainz - Ferrari - Formel 1 - Montreal - GP Kanada - 17. Juni 2023
Motorsport Images
Carlos Sainz begann den Samstag mit einem Crash im dritten Training.

Sainz-Strafe nach Gasly-Ärger

Am Ende fuhr er immerhin die achtschnellste Zeit im Top-Ten-Finale. Ohne die Unterbrechung wäre sogar noch mehr drin gewesen. Doch in der Startaufstellung muss Sainz seinen roten Renner auf der elften Position parken. Die FIA-Kommissaren rückten den Spanier drei Plätze zurück, weil er im Q1 vor der Zielschikane nicht korrekt Platz machte, als von hinten Pierre Gasly heranbrauste.

Der Franzose schäumte vor Wut: "Carlos fuhr mitten auf der Ideallinie. Wir wissen alle, wie gefährlich diese Stelle ist. Da muss man extravorsichtig sein, und zumindest neben der Spur bleiben. Ich finde gar keine Worte für meine Enttäuschung und meinen Frust. Meine Zeit hätte locker für die Top Ten gereicht. Und dann wird uns der Tag komplett zerstört. Das ist so unfair. Die Strafe hilft uns natürlich nicht weiter, aber sowas muss Konsequenzen haben."

Sainz selbst war sich keiner Schuld bewusst: "Ich wurde heute auch bestimmt sieben Mal blockiert. Ich schreie aber nicht sofort am Funk herum. Andere beschweren sich offenbar lauter. Ich habe mein Bestes gegen, um aus dem Weg zu gehen. Es war ganz eng mit der karierten Flagge. Ich musste schauen, dass ich meine Runde noch rechtzeitig beginne und wurde dabei auch behindert. Da konnte ich nicht viel mehr machen."

Carlos Sainz - Ferrari - Formel 1 - Montreal - GP Kanada - 17. Juni 2023
xpb
Bei schwierigen Bedingungen behielt Ferrari nicht immer den Überblick.

Leclerc hadert mit Reifenwahl

Während der Frust von Sainz gegen die Schiedsrichter ging, richtete Teamkollege Charles Leclerc seine Kritik direkt an das Team. Der Monegasse war schon im Q2 durch den Rost gefallen. Bei abtrocknender Strecke hatte er sich bereits nach wenigen Metern am Funk den Wechsel auf Slicks gewünscht. Doch der Kommandostand wies den Piloten an, erst noch eine fliegende Runde mit den Intermediates zu drehen.

Als Leclerc dann mit Verspätung den Soft-Reifen bekam, brachte er in dem kleinen Zeitfenster keine ausreichend schnelle Runde zusammen. Als die Strecke dann wieder feuchter wurde, probierte es Leclerc noch einmal mit Intermediates. Aber da war es dann schon zu nass. Die Quittung für die Reifenkonfusion war der das Aus im Q2 auf Rang elf. Durch die Sainz-Strafe rutscht das Schwesterauto auf Rang zehn nach vorne.

Nach der Session zeigte sich Leclerc vor den Mikrofonen emotional: "Wir machen uns das Leben selbst viel zu schwer. Ich habe meine Meinung klar geäußert und wir haben uns dazu entschieden, etwas anderes zu machen. Das ist frustrierend. Wenn die Strecke trocken ist, braucht man Slicks. Ich weiß nicht, was da passiert ist."

Carlos Sainz - Ferrari - Formel 1 - Montreal - GP Kanada - 17. Juni 2023
xpb
Können Charles Leclerc und Carlos Sainz das Ruder am Sonntag nochmal rumreißen?

Schadensbegrenzung am Samstag

Andere Fahrer schafften es mit der gleichen Strategie durch das Q2, wie auch Leclerc selbst zugab. Trotzdem nahm der Pilot sein Team in die Pflicht: "Wir müssen besser sein. Wir können uns nicht erlauben, immer wieder solche Fehler zu machen. Es war nicht das erste Mal, dass wir in solchen Situationen auf der falschen Seite stehen. Das müssen wir nun intern besprechen, damit wir es beim nächsten Mal besser machen."

Statt der anvisierten Podiumsplätze steht am Sonntag nun Schadensbegrenzung auf dem Plan. "Ich hoffe, dass wir sauber durch das Rennen kommen. Von meinem Startplatz aus wird das aber leider ein hartes Stück Arbeit." Diese Saison waren meistens die Samstage die besseren Tage für die Scuderia-Piloten. Vielleicht wendet sich das Blatt dieses Mal am Sonntag. Die Fans könnten ein Erfolgserlebnis gut gebrauchen.

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