Opel Corsa 1.7 CDTi im Test
100.000 Kilometer mit dem Corsa D

Kleinwagenbonus? Gibts auf 100.000 Kilometer keinen. Für die vierte Opel Corsa-Generation erst recht nicht – immerhin ist der Vorgänger ein Dauertest-Held und unser Opel Corsa D für 19.365 Euro Basispreis so teuer wie ein Großer.

Dauertest Opel Corsa
Foto: Reiner Herrmann, Jens Katemann, Reinhard Schmid

Zu den Grundgesetzen beim Verfassen eines Dauertestberichts über einen Opel zählt, einen Satz aus den Worten „Opel“, „Zuverlässige“ und „der“ zu bilden. Das hat großen folkloristischen Wert und sorgt für flauschige Früher-war-alles-besser-Melancholie. Nicht immer zurecht, wenn man sieht, wie die Opel Corsa-Generationen im Dauertest abschnitten. Den Anfang macht 1983 ein Corsa A 1.2 S. Er muss über 50.000 km, erfordert etwas Schweißarbeit an einer schwächelnden Federbeinaufnahme, wird aber gelobt, weil er nach einem Jahr noch nicht rostet – was er später umso gründlicher nachholen sollte.

Opel Corsa C war 6 Jahre Dauertest-Sieger

Der Corsa B kämpft sich in den neunziger Jahren über 100.000 km und häuft einen noch immer beeindruckenden Mängelindex von 28 Punkten an – unter anderem wegen des Austauschs der Sitzbezüge, die wie ein Wunderbaum „Dönerbude“ riechen. Auf solche Kuriositäten verzichtet der Opel Corsa C, belegt dafür gut sechs Jahre lang in seiner Klasse Platz eins im auto motor und sport-Mängelindex. Denn bis zum Testende im Herbst 2003 nötigen ihn nur ein knarzendes Bremspedal sowie ein gelockerter Türgriff zu einem ungeplanten Werkstattstopp. Glaubhaften Gerüchten zufolge tobt der Opel Corsa mit einer viertel Million Kilometer auf dem Tacho noch immer munter über die Schwäbische Alb.

Im Herbst 2007 startetet der Corsa D zum Dauertest

Nun der Opel Corsa D, der im Herbst 2007 zum Dauertest startet. Den schon nicht gerade kleinwagenhaften Grundpreis von 20.740 Euro für den viertürigen 1.7 CDTi Cosmo steigern – wie sich herausstellt größtenteils unnötige – Extras wie DVD-Navigationssystem, Kurvenlicht, Tempomat oder Bluetooth-Schnittstelle auf 25.515 €. Für die Nostalgischen unter uns machen wir an dieser Stelle wieder mal diese beliebte Rechnung auf: Ja, das waren mal 49.903 Mark, und dafür hätte es 1983 dreidreiviertel Corsa A 1.2 S gegeben. In jedem Fall viel Geld für ein vier Meter langes Auto, das außen und innen so teuer nicht aussieht. Zwar sind die Vordersitze auch nach 100.000 Kilometern noch straff, bleibt der solide verarbeitete Innenraum klapperfrei und unverwohnt, doch das liegt vor allem an den Materialien, deren vornehmlicher Charakterzug Robustheit, nicht Anmut ist. Daran ändert die staubempfindliche Mittelkonsole im Klavierlack-Look nichts.

Einparken mit dem Opel Corsa D ist keine leichte Übung

Gediegener fällt das Platzangebot aus, trotz des raumgreifenden Armaturenbretts. Vier Erwachsene kommen bequem unter, an Platz mangelt es dabei vorn ebenso wenig wie im Fond. Am mit 285 bis 1.100 Liter klassenüblich großen Kofferraum stört nur der kleine Heckklappenausschnitt. Größter Kritikpunkt an der Karosserie ist die miserable Rundumsicht. Von einem Kleinwagen darf man erwarten, ihn problemlos ohne Parksensoren in eine Lücke bugsieren zu können – mit dem Opel Corsa D fast unmöglich. Nach vorn duckt sich die Motorhaube aus dem Blick, nach hinten erschweren breite C-Säulen und die kleine Heckscheibe das Rangieren. Massive, flache A-Säulen versperren den Blick nach schräg vorn.

Ein Mercedes C 250 CDI unterbietet den Corsa D beim Verbrauch

Dass der Corsa nicht zu den begabtesten Stadtautos zählt, gründet auch im Antrieb: Der 1,7-Liter-Diesel hat eine massive Anfahrschwäche. Es ist ein schmaler Grad zwischen Abwürgen und lethargischem Loszuckeln. Wer beides vermeiden will, muss mit 1.600/min anfahren, was anfängerhaft ausschaut und das Material strapaziert. Wenn er dann fährt, geht es durchaus flott voran – deswegen wurde er oft und gern für große Reisen genommen –, aber nicht ganz so energisch, wie es 125 PS und 280 Nm in einem Kleinwagen erwarten lassen. 1,3 Tonnen Gewicht drücken aufs Temperament, ebenso die lange Übersetzung des gegen Testende zunehmend hakeligen Sechsganggetriebes – bei Tempo 180 tourt der Diesel nur mit 3.000/min. Für Zwischenspurts muss oft zurückgeschaltet werden, so schadet die lange Übersetzung schließlich der Ökonomie: 7,2 L/100 km im Testschnitt sind enttäuschend – ein 204 PS starker Mercedes C 250 CDI unterbietet das.

Kurz vor der Halbzeit fängt der Opel Corsa D an Probleme zu machen

Der kernige Diesel verantwortet zudem vier der fünf ungeplanten Werkstattaufenthalte. Knapp vor Halbzeit meldet die Motorwarnleuchte einen Fehler – der Partikelfilter verlangt nach einer Regeneration. 14.000 km später blinkt sie erneut auf, diesmal wegen einer defekten Leitung des Drucksensors am Partikelfiltersystem. Bei Kilometerstand 74.591 schaltet der Motor kurzzeitig ins Notprogramm – Schuld ist ein Ventil für die Abgasrückführung. Alles Kleinigkeiten, bis kurz vor Testende die Hochdruckpumpe für die Direkteinspritzung erneuert werden muss. Weil der Schaden im Fall des Dauertestwagens nach erst gut zwei Jahren auftritt, behebt ihn Opel auf Kulanz, andernfalls hätte er 1.451 € gekostet. So bleibt es bei Reparaturrechnungen über verschmerzbare 179 € für Bremsbeläge, Glühlampen und die mehrfach abgebrochenen Haltezapfen der Laderaumabdeckung.

Hohe Kosten für die Wartungsarbeiten während dem Dauertest

Dazu kommen drei Inspektionen, deren durchschnittliche Aufwendungen wegen des teuren Zahnriemenwechsels bei der 90.000er-Wartung auf 410 € steigen – 100 mehr als beim Renault Clio. Auf große Dramen oder Liegenbleiber verzichtet der Opel Corsa D, dagegen schmälern Kleinigkeiten den guten Eindruck. Wegen des schummrigen Abblendlichts bleibt der Nutzen des optionalen Kurvenlichts (400 €) stark begrenzt. Trotz des Quickheat-Zuheizers für 260 € wärmt der Opel Corsa D im Winter nur zögerlich auf. Die leichtgängige und sehr direkt ansprechende Lenkung mit elektrischer Unterstützung sorgt in der Stadt für ausgeprägte Handlichkeit, bietet aber kaum Rückmeldung und verlangt auf der Autobahn viel Konzentration. Dort mindern die stuckernde Vorderachse sowie hohe Wind- und Abrollgeräusche den an sich ordentlichen Fahrkomfort.

Navigationssystem versagt

An die teilweise umständliche Bedienung mit nicht einrastenden Blinker- und Wischerhebeln, dem überfrachteten Lichtschalter oder dem Tempomat ohne Wiederbeschleunigungs-Funktion kann man sich gewöhnen, nicht aber an das Navigationssystem. Der Lotse namens DVD 100 Navi empfiehlt auf der Autobahn mitunter, links abzubiegen, fragt nach jedem Stopp penetrant, ob die Route fortgesetzt werden soll (was denn sonst, wir sind noch nicht da) und verliert vielfach die Orientierung, was sich erst nach drei Überprüfungen und einem Software-Update bessert. Selbst dann ist das Gerät mit seiner veralteten Grafik und der komplizierten Programmierung über den einzelnen Dreh-Drück-Schalter keine 1.805 € Aufpreis wert – fast jedes Saugnapf-Navi kann mehr.

Corsa D kann das Niveau seines Vorgängers nicht halten

Wenig überzeugende Extras, Detailmängel und der Diesel mit anfälliger Peripherie verhageln dem an sich soliden und recht wertstabilen Opel Corsa D ein besseres Ergebnis als Platz 6 im Mängelindex. Nun bilden wir ihn endlich, den Satz – allerdings nicht unwesentlich ergänzt. Denn im Vergleich zu seinem Vorgänger gilt für den Corsa D: Opel, der nicht mehr so Zuverlässige.

Technische Daten
Opel Corsa 1.7 CDTI Selection
Grundpreis18.350 €
Außenmaße3999 x 1737 x 1488 mm
Kofferraumvolumen285 bis 1100 l
Hubraum / Motor1686 cm³ / 4-Zylinder
Leistung92 kW / 125 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit195 km/h
Verbrauch4,8 l/100 km