Werkstatt-Tipp
So tauscht man Antriebswellen-Manschetten

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Gerissene Gummis können fatale Folgen. Zum Beispiel bei einer Achsmanschette – denn wenn man das Knirschen und Knacken hört, ist es schon zu spät. Daher: besser reparieren, bevor es zu spät ist.

Antriebswellen-Manschetten, Anna Matuschek
Foto: Hardy Mutschler

Regelmäßig den Zustand der Gummimanschetten prüfen

Im Gegensatz zu abgefahrenen Bremsklötzen merkt man eine gerissene Achsmanschette leider erst, wenn das Gelenk Geräusche macht. Dann ist es meist für eine Gut-und-günstig- Lösung zu spät. Die Kugeln sind trockengelaufen und haben „gefressen“. So weit zum Dumm-gelaufen-Szenario. Der aufmerksame Selberschrauber erkennt den Mangel beim regelmäßigen Check.

Ganz oben auf der „Muss-man-haben-Liste“ für die Reparatur einer Achsmanschette steht ein Drehmomentschlüssel mit Anzugsdrehmomenten über 200 Newtonmetern. Das ist deswegen so wichtig, weil die Zentralmutter in der Mitte der Nabe damit angezogen wird. Passt das Drehmoment nicht, kann sich die Mutter lösen, das komplette Fahrzeug würde massiv schwimmen, und Stunt- Einlagen à la Actionfilm wären möglicherweise unumfahrbar. Zum Thema Fotofahrzeug sei noch zu erwähnen, dass es sich um das schöne Modell VW Jetta „Coach“ handelt, welches ab Frühjahr 1988 erhältlich war. Aber das nur am Rande.

Mit Hammer und Kumpel zum Erfolg

Wer sich an die Arbeit macht, braucht nebst dem passenden Werkzeug auch ein schönes Hemd. Die Reparatur der Achsmanschette eignet sich hervorragend, um den heimischen Kleiderschrank auszudünnen. Nachdem die Klamotte sitzt, die Lappen liegen und das Werkzeug in Position gebracht ist, beginnt die Arbeit am Fahrzeug mit dem Lösen besagter Zentralmutter. Ach so: Gang einlegen und Handbremse anziehen, bevor raue Kräfte walten. Bei der Gelegenheit können auch gleich die Radmuttern oder Schrauben gelöst werden. Eigentlich muss das Rad nicht zwingend ab, macht die Baustelle aber übersichtlicher. Das ist vor allem recht sinnvoll, wenn die zu lösenden Schrauben „irgendwo da hinten“ sitzen und mit handelsüblichem Werkzeug nahezu unerreichbar scheinen. Ein bisschen Kreativität kann da gefragt sein. Im Falle Jetta heißt das zwei lange Verlängerungen plus Innenvielzahn M8.

Es gilt nun, acht Schrauben zu lösen, die jahrelang in Wasser und Straßendreck gebadet wurden. Den Schmutz herauskratzen oder mit der Drahtbürste säubern. Ein bisschen Sprühfett kann auch nicht schaden. Und dann kommt beim Wechsel der Achsmanschette der Punkt, an dem Sie zwei Dinge bei der Hand haben sollten: einen Hammer und eine zweite Person. Das Werkzeug zum Lösen mit dem Hammer eintreiben, bis es perfekt sitzt und nicht mehr rutschen kann. Anschließend mit sehr viel Feingefühl die Schraube langsam lösen.

Helfer erleichtert die Arbeit

So geht das dann achtmal für acht Schrauben. Die Hilfsperson kann die Bremsscheibe (oder falls verbaut das Rad) beim Lösen halten und bei Bedarf weiterdrehen. Ist keine Freundin und kein Kumpel parat, bleibt nur die Möglichkeit: Handbremse und Gang einlegen, eine Schraube lösen, Gang raus, Bremse raus, Antriebswelle samt Achsmanschette auf die nächste Position drehen, Bremse rein, Gang rein, lösen. Kein schönes Geschäft. Aber irgendwann ist es erledigt, und die Antriebswelle kann aus dem Motorraum gefädelt werden. Als Nächstes kommt ein Schraubstock wie gelegen. Dort die Welle einspannen. Unbedingt Aluzwischenstücke oder ordentlich Pappe zwischenlegen.

Die kaputte Achsmanschette entfernen. Dann das Gelenk mit geschmeidiger Kraft unter Einsatz eines Gummioder Alu-Hammers von der Welle klopfen. Dabei darauf achten, dass die Kugeln nicht aus dem Lager hopsen. Übrigens gilt dieser einfache Schritt nur für die äußere Einheit, an der Innenseite gelingt das Zerlegen nach dem Lösen eines Sprengringes. Nachdem die körperlich anstrengenden Tätigkeiten vollbracht sind, geht es an die gemütlichen: das Putzen.

Penible Reinigung ist ein Muss

Das Lager, das durch den Defekt der Achsmanschette ordentlich Dreck abbekommen kann, will nun feinst säuberlich gereinigt werden. Mit hartem Zeug, zum Beispiel Verdünnung, und einem Pinsel gelingt diese Arbeit recht mühelos. Bei dieser Gelegenheit gleich die Laufflächen der Kugeln überprüfen. Angelaufene Murmeln deuten ganz klar auf Überhitzung hin, Riefen sind ebenfalls kein gutes Zeichen. Unter Umständen die komplette Welleneinheit ersetzen.

Aber wir gehen vom Idealfall aus und bringen die neue Achsmanschette an. Wer kein passendes Werkzeug für die gelieferten Schellen hat, greift zum Kabelbinder. Etwas Fett erleichtert das Eintreiben des Gelenkes, das fett mit Fett gefüllt werden will. Mit dem Befestigen der Achsmanschette an der Außenseite ist die Übung abgeschlossen, und es geht ans Montieren. Das gelingt in umgekehrter Reihenfolge wie der Ausbau. Antriebswelle an ihren Platz jonglieren und die Schrauben getriebeseitig mit Gefühl von Hand ansetzen. Anschließend bekommen sie (beim VW Jetta) je einen Drehmoment- Griff von 45 Nm.

Drehmoment beachten!

Um die Arbeit an der Achsmanschette zu beschleunigen, ist wie beim Ausbau eine zweite zupackende Person mindestens ein Sixpack Helferbier wert. Ebenso wichtig wie das ordentliche Arbeiten an der Getriebeseite ist das Anzugsdrehmoment an der Radseite. Die Zentralmutter ist selbstsichernd und sollte erneuert werden. Die Mutter bei aufgebocktem Wagen so kräftig wie möglich ansetzen. Nach dem Herablassen des Autos auf die Räder die Zentralmutter mit dem vorgeschriebenen Anzugsdrehmoment nachziehen. Bei unserem VW sind das 230 Newtonmeter.

Kein Job für blutige Hobbyschrauber

Die Reparatur sicherheitsrelevanter Teile kann natürlich nur auf eigene Gefahr geschehen – und auch nur dann, wenn der Mechaniker ein gutes Grundwissen mitbringt. Bremsen, wie auch Antriebswellen, können im Zweifel über Leben und Tod entscheiden. Das richtige Werkzeug und die Gewissheit, seine Arbeit mit größter Sorgfalt auszuführen, sind das A und O.