Auch BMW nutzt Quantencomputer
Hightech für Lieferketten-Optimierung in Echtzeit

BMW setzt jetzt Quantencomputer für erste Berechnungen ein – für die Optimierung von Lieferketten.

Quanten-Computer
Foto: Getty Images (Alfred Pasieka / Science Photo Library)

Autohersteller sind auf funktionierende Lieferketten angewiesen – schließlich hat beispielsweise die aktuelle Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 zum Ausfall einiger Automobil-Zulieferer geführt, und schon standen in vielen Werken die Bänder still. Abseits von solchen extremen Beispielen können optimierte Lieferketten helfen, Zeit und Kosten zu sparen. BMW geht es dabei um eine Optimierung in Echtzeit – die Verbesserungen greifen also unmittelbar im laufenden Betrieb.

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Über den Einsatz von Quantencomputern möchte BMW beispielsweise ermitteln, welche Zulieferteile ein entsprechender Lieferant zu einem bestimmten Zeitpunkt günstig liefern kann. Dabei soll der Rechner verschiedenste Optionen und Unteroptionen abschätzen.

Quanten-Computer
Getty Images / Misha Friedman
Quantencomputer arbeiten aktuell in den Versuchslaboren der Computer-Entwickler (im Bild der IBM Q One).

Großflächiger Einsatz erst in der Zukunft

BMW kann sich den Einsatz der ultramodernen Quantencomputer zwar auch für die Berechnungen bei der Batterie-Chemie für Elektroautos, bei der Verteilung von Ladestationen oder von Anforderungen für Sicherheit, Aerodynamik, Design und Fertigung vorstellen, ist sich aber bewusst, dass es bis zu einem regelmäßigen Einsatz noch Jahre dauert, da die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindlichen Rechner noch nicht für einen großindustriellen Einsatz geeignet sind. Mercedes setzt Quantencomputer allerdings bereits für die Berechnung von Molekülen für Elektroauto-Batterien ein und hat jetzt einen Durchbruch bei der Optimierung der dafür notwendigen Hamiltonian-Funktion erzielt.

Quanten-Computer
Getty Images / Denis Pobytov
Die Rechenoperationen von Quantencomputern basieren auf Qbits. Diese Quantenbits können einen von zwei Zuständen einnehmen. Allerdings können sich diese beiden Zustände auch überlagern, ohne sich gegenseitig zu behindern.

Rechner von Honeywell

Für die testweisen Berechnungen nutzt BMW den Quantencomputer H0 des US-Herstellers Honeywell, später möchten die Bayern auch das Modell H1 testen. Während der H0 mit sechs Qbits arbeitet, sind es beim H1 bereits zehn – die besten Quantencomputer arbeiten aktuell mit bis zu 70 Qbits. Auf seiner Internetseite verkauft Honeywell Rechenzeit auf den beiden Systemen auch an andere interessierte Unternehmen.

ZF-Baukasten-Hybridgetriebe, Getriebe
ZF
Autohersteller nutzen für den Autobau viele Bauteile von Zulieferern (im Bild eine Hybridgetriebe von ZF).

Permanenter Ergebnis-Abgleich mit PC-Werten

Während des testweisen Einsatzes der Quanten-Rechner vergleicht BMW permanent die Rechengeschwindigkeit und die Genauigkeit der Berechnungen mit den Werten, die bekannte Hochleistungs-PC-Systeme bei gleichen Anforderungen liefern. BMW-Experten gehen davon aus, dass die Quantenrechner in ein bis zwei Jahren Probleme lösen können, die mit der bisherigen PC-Technik nicht lösbar ist.

Cray-1 Super Computer
Getty Images (Charles O'Rear)
Schon in den frühen 1980er-Jahren berechneten Autohersteller Crash-Simulationen mit Supercomputern - im Bild der legendäre Superrechner Cray-1 (das erste Exemplar war seit 1976 im Einsatz), unter dessen Sitzbank sich das Kühlsystem des Hochleistungs-Computers befindet.

Algorithmen vom Dienstleister

Für die Erstellung der komplizierten Quantencomputer-Algorithmen hat sich BMW mit Entropica Labs zusammengetan. Die Experten des Dienstleisters aus Singapur haben sich auf Modelle, Software Tools und Algorithmen für Quantencomputer spezialisiert. Ihr für die BMW-Lieferketten entwickeltes Modell scheint nach ersten Test zu herkömmlichen PC-Algorithmen konkurrenzfähig zu sein.

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Fazit

Die Autoindustrie war schon immer an Computern mit einer immensen Rechenleistung interessiert. So berechnete beispielsweise Porsche seit 1983 Crashsimulationen auf dem legendären Supercomputer Cray-1, von dem die Universität Stuttgart ein Exemplar betrieb – 1986 übernahm eine Cray-2 die Rechenarbeit. An die Berechnung von Molekülen oder von Echtzeit-Eingriffen in Lieferketten war damals noch nicht zu denken.

Quantencomputer scheinen eine Möglichkeit zu sein, die Rechengrenzen von aktuellen PC-Systemen zu sprengen. Deshalb probiert BMW bereits jetzt, in einem Stadium, in dem funktionierende Quantencomputer noch in ihren Anfängen stecken, die Technik und die Methoden aus. Hersteller, die von Anfang an bei Hochtechnologien dabei sind, können später aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse gegenüber ihrer Konkurrenz möglicherweise enorme Vorteile aufbauen.