Lithium-Förderung für Batterien in Deutschland
Vulcan Energie nimmt erste Anlage in Betrieb

Die Firma Vulcan Energy Resources aus Karlsruhe will im Oberrheingraben umwelt- sowie klimaschonend Lithium für Elektroautos gewinnen. Nun startet die nächste Erprobungsphase. Doch die ersten regulären Jahresproduktionen sind schon ausverkauft.

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Foto: Audi, Auto-Innovations, Bosch, Chevrolet, Decoster, Kia, Tesla, Volkswagen, WWU/MEET

Wenn Kritik an der Ökobilanz von Elektroautos laut wird, geht es oft um die Rohstoffe für die Batterien. Beispiel Lithium: Das Alkalimetall lässt sich bislang fast ausschließlich unter großem Aufwand gewinnen. Entweder sehr CO2-intensiv im oberirdischen Bergbau, was vor allem in Australien und China praktiziert wird. Oder durch Verdunstung von lithiumreichem Wasser, wie es besonders in Südamerika geschieht. Mit kritischen Folgen für den Grundwasserspiegel in der wasserarmen Regionen.

Der große E-Ratgeber

Die CO₂-Bilanz verschlechtert sich zusätzlich, weil der Rohstoff zur Verwendung in Elektroauto-Batterien zu Lithium-Hydroxid weiterverarbeitet werden muss. Das geschieht zum Großteil in Asien – meist in China -, was lange Transportwege erfordert. Damit ist das Lithium ein Grund dafür, dass E-Fahrzeuge bereits einen großen CO₂-Rucksack mit sich herumschleppen, bevor sie überhaupt einen Kilometer gefahren sind.

Lithium aus dem Oberrheingraben

Das Unternehmen Vulcan Energy Resources will diesen Kohlendioxid-Ballast massiv verkleinern. Und hebt zu diesem Zweck einen Schatz, der direkt vor unserer Haustür liegt: Im Oberrheingraben befindet sich Firmenangaben zufolge das größte Lithium-Vorkommen Europas. Die etwa 300 Kilometer lange und bis zu 40 Kilometer breite Tiefebene, die sich in Südwest-Deutschland, der Schweiz und Ost-Frankreich zwischen Frankfurt/Main und Basel erstreckt, verfügt über salzhaltiges Tiefengrundwasser, das zehntausende Tonnen des Alkalimetalls in sich tragen soll.

Die Firma, die in Karlsruhe gegründet wurde, aber an der australischen Börse notiert ist, hat sich die Lizenz gesichert, das in diesem Gebiet vorhandene europäische Lithium zu gewinnen. Damit will Vulcan Energy Resources den Bedarf, der durch die stetig steigende Produktion von Elektroautos stark zunehmen wird, "über viele Jahre hinweg" decken. Das Lithium des Oberrheingrabens soll insgesamt für bis zu 400 Millionen E-Fahrzeuge reichen. Für den Anfang rechnet Horst Kreuter noch mit kleineren Zahlen: "Wir wollen ab 2025 40.000 Tonnen Lithium-Hydroxid pro Jahr fördern. Das genügt für die Herstellung von Batterien für etwa eine Million Elektrofahrzeuge pro Jahr", sagte der Unternehmens-Mitgründer beim auto motor und sport Kongress 2022. Inzwischen heißt es, das Unternehmen plane in einem ersten Schritt mit 24.000 Tonnen pro Jahr. Vulcan könne perspektivisch jedoch so viel Lithium fördern, dass es für die Versorgung der gesamten Batterieproduktion in Deutschland reiche.

Wenig Wasser- und Flächenverbrauch

Das Ganze funktioniert angeblich auf eine saubere und klimaschonende Art und Weise: Seinen Förderprozess hat sich Vulcan Energy Resources bereits als CO₂-neutral zertifizieren lassen. Das Verfahren läuft mehrstufig ab und beginnt mit dem Pumpen des 165 Grad heißen Thermalwassers aus den unterirdischen, bis zu vier Kilometer in der Tiefe liegenden Reservoiren zur Oberfläche. Dort treibt es eine Dampfturbine an, um auf umweltfreundliche Art Strom zu erzeugen. Dieser dient als Energie für eine Extraktionsanlage, in der der Akku-Rohstoff in Form von Lithium-Chlorid von anderen im Wasser gelösten Elementen getrennt wird. Parallel wird die überschüssige Energie in das öffentliche Wärme- und Stromnetz eingespeist. Darum lässt sich das Verfahren auch als CO₂-negativ bezeichnen.

03/2021, Lithium Gewinnung im Oberrheingraben durch Geothermie
Vulcan Energy Resources
Schematische Darstellung des Lithium-Gewinnungsprozesses, den Vulcan Energy Resources anstrebt.

Das verwendete Thermalwasser führt das Unternehmen anschließend in das natürliche Reservoir zurück. Vermutlich reichert es sich dort erneut mit Lithium an, so Horst Kreuter am Randes des Kongresses. Dafür stehe aber die Probe aufs Exempel noch aus. Ein Problem mit einem sinkenden Grundwasserspiegel entstehe nicht, wobei Vulcan Energy Resources generell einen deutlich geringeren Wasserverbrauch verspricht als bei der herkömmlichen Lithium-Gewinnung. Auch der Flächenverbrauch und die Abfallproduktion seien deutlich minimiert. Der Nullwert beim CO₂-Ausstoß erscheint plausibel, da während des Prozesses, der noch durch ein internationales Patent geschützt werden soll, keine fossile Energie verwendet wird.

Probeanlage im Maßstab 1:50

In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat Vulcan den Lithium-Produktionsprozess in einer Pilotanlage im rheinland-pfälzischen Insheim – nach eigenen Aussagen erfolgreich – getestet. Nun geht die Firma einen Schritt weiter und nimmt im benachbarten Landau eine Lithium-Extraktions-Optimierungsanlage (LEOP) in Betrieb, in der Lithium-Chlorid gewonnen wird. Der Standort, dessen Bau 2022 begonnen hatte, soll von Oktober 2023 an komplett genutzt werden können und dient Vulcan zur Produktqualifizierung und Optimierung sowie zur Schulung des künftigen Betriebs-Teams. Er wurde im Maßstab 1:50 im Vergleich zur geplanten kommerziellen Lithiumextraktionsanlage (LEP) aufgebaut und verfügt über dieselbe Ausrüstung wie diese. In der LEOP sollen im Jahr 100 Tonnen Lithium-Chlorid-Lösung erzeugt werden.

Das in Landau produzierte Lithium-Chlorid muss allerdings noch weiterverarbeitet werden. Aktuell transportiert es Vulcan in seine Zentrale Lithium-Elektrolyse-Optimierungsanlage (CLEOP) in Frankfurt-Höchst. Ursprünglich war geplant, diese Raffinerieanlage direkt neben der Extraktionsanlage anzusiedeln, um die Logistik zu vereinfachen und die Transportwege zu verkürzen. Ob dieser Plan umgesetzt wird, sobald die kommerzielle Lithium-Förderung beginnt, ist bislang jedoch nicht bekannt. Nach der Weiterverarbeitung in der CLEOP kann das Material, das in Kürze von den künftigen Kunden getestet werden soll, als Kathodenmaterial in einer Lithium-Ionen-Elektroauto-Batterie verwendet werden. Und das sogar kostengünstiger als bei den eingangs erwähnten Verfahren.

Günstige Preise, namhafte Kunden

Der Preis für die Tonne Lithium stieg in den letzten Jahren von etwa 10.000 auf rund 60.000 Euro. Kreuter und Vulcan rechnen allerdings bis zum eigenen Produktionsstart Ende 2025 mit auf etwa 20.000 Euro sinkenden Preisen. Früheren Unternehmensangaben zufolge soll eine im Oberrheingraben gewonnene Tonne Lithium-Hydroxid sogar nur 4.690 Euro kosten. Doch auch damit wäre die neuartige Lithium-Förderung profitabel. "Wir haben keinen Bergbau, wir haben Einnahmen aus dem Lithium sowie aus der Wärme und Stromerzeugung. Wir haben einen Preisvorteil gegenüber der Konkurrenz, wir sind die billigsten", versprach Kreuter auf dem auto motor und sport Kongress. Obendrein wären die Wege zu den immer häufiger in Deutschland zu findenden Fabriken für Elektroauto-Batterien deutlich kürzer. Das würde die Transportkosten minimieren, den CO₂-Ausstoß weiter verringern und die Autohersteller unabhängig von komplexen weltweiten Lieferketten machen, die schnell zusammenbrechen können.

Auch das Problem des Kapitalmangels hat sich weitgehend gelöst. Namhafte Automobil- und Batterieproduzenten gehören zu den Investoren von Vulcan Energy Resources: Mit dem Volkswagen-Konzern, der Stellantis-Gruppe, Renault, dem belgischen Recycling-Unternehmen Umicore sowie dem südkoreanischen Akku-Hersteller LG Energy Solutions, der als einer der weltweit größten Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien gilt, bestehen Abnahmeverträge oder Kooperationen auf Investorenebene.

Europas andere Lithium-Projekte stocken

Was die Realisierung angeht, ist das Projekt im Oberrheingraben den weiteren europäischen Lithium-Vorhaben offenbar weit voraus: Im Erzgebirge wurden vor einigen Jahren Vorkommen des Alkalimetalls entdeckt. Danach wechselten sowohl auf deutscher als auch auf tschechischer Seite mehrfach die Lizenznehmer; hier fehlt bislang schlicht das nötige Kapital. Weitere Lithium-Vorkommen gibt es in Serbien; aber dort hat der Abbau laut "Handelsblatt" ebenfalls noch nicht begonnen.

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Fazit

Vulcan Energy Resources hat mit seinem Vorhaben, in Südwest-Deutschland Lithium für die Verwendung in Elektroauto-Batterien zu fördern, verhalten angefangen. Doch jetzt scheint das in Karlsruhe ansässige Unternehmen durchzustarten – nicht zuletzt dank der Investitionen und bestehender Abnahmeverträge mit namhaften Großkunden. Nun kommt es darauf an, dass Vulcan sein Förder-Verfahren möglichst schnell so weit hochskalieren kann, um mit seinem Lithium möglichst viele in Europa produzierte E-Auto-Akkus ausrüsten zu können. Es wäre ein entscheidender Schritt für eine wirklich nachhaltige Elektromobilität und einer aus der Rohstoffabhängigkeit Europas – insbesondere jener von China.