Jaguar Mk II und Rover P5B
Die Katze und der Elefant

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Sie teilen allein das typisch Englische in ihrem limousinenhaften Wesen. Sonst sind Jaguar Mark II und Rover P5B so verschieden, wie Katze und Elefant es nun mal sind.

Jaguar MK II, Rover P5B, Frontansicht
Foto: Frank Herzog

Sie gilt als diszipliniert und schnörkellos. Blau soll zu ihren Lieblingsfarben zählen, Darjeeling zum Frühstück serviert und die Kruste vom Marmeladensandwich bitte abgeschnitten werden. Als große Tierfreundin mag sie vor allem Pferde und Hunde. Nicht weiter bekannt ist hingegen, was sie vom Automobil versteht, auch nicht, was sie an einem Wagen besonders schätzt.

Queen Elisabeth besaß zwei Rover P5B

Klar ist allerdings, dass sie der Katze den Elefant vorzog. Zwei zumindest befanden sich in ihrem Besitz, einer dunkelgrün, Baujahr 1971, Kennzeichen JGY 280. Und gerne soll sie selbst das Steuer des Rover 3.5-Litre ergriffen haben, um in der als Elefant titulierten Limousine standesgemäß in Fahrt zu kommen. Was in ihrem Fall nicht weniger heißt als: majestätisch. Der Rover P5B genoss die Gunst von Queen Elizabeth II.

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Wer nun meint, das verschaffe dem Auto eine untadelige, weil immerhin königliche Empfehlung, dem sei gesagt, dass auch Margaret Thatcher sich zum Amtsantritt als Premier-Ministerin 1979 in einem P5B nach Downing Street 10 chauffieren ließ.

Königin, Premiers und Gangster

Zwar war die Produktion des ersten Rover-Modells mit selbsttragender Karosserie da schon sechs Jahre ausgelaufen. Doch hatte sich der Elefant als Favorit der Königin und Diener mehrerer Premiers so etabliert, dass die Britische Regierung 1973 die letzte Charge von fast 100 schwarzen Fahrzeugen gekauft hatte, um sie einzumotten und bei Bedarf neu zuzulassen.

Auch dem Jaguar Mk II kam schließlich staatstragende Funktion zu. Doch lag das an ganz anderen Umständen. Während der Rover P5B sich als Wagen der Wahl derer qualifizierte, die bei aller Würde und klassenbewusster Distanz nach außen auch genügend Zurückhaltung transportieren wollten, kam in den 1960ern Scotland Yard nicht umhin, einige Mark II in Dienst zu stellen.

Denn solange die Polizei nicht selbst den schnellen Jaguar fuhr, hatte sie keine Chance, dem in kriminellen Kreisen nur allzu gern genommenen Fluchtfahrzeug hinterherzukommen. Das größte Problem, das man als Gangster mit einem Jaguar Mk II haben konnte, war, dass einem der Wagen, den man selbst gestohlen hatte, gestohlen wurde, weil er bei den Kollegen so beliebt war.

Der Jaguar war für Gangster nicht unauffällig genug

Das zumindest erzählte Bruce Reynolds, Kopf der Bande, die 1963 beim Großen Postzugraub eine Beute von umgerechnet 47 Millionen Euro abgreifen konnte. Der ursprüngliche Plan sei gewesen, sich nach dem Ding mit zehn Jaguar Mk II aus dem Staub zu machen. Einer seiner größten Vorzüge jedoch soll dem Jaguar diese Hauptrolle versaut haben: So attraktiv wie er ist, wäre er für den Job als Fluchtfahrzeug nicht unauffällig genug gewesen.

Der Rover P5B hätte sich diesbezüglich angeboten. Er ist frei von jeder aufdringlichen Gefälligkeit, die einer nüchternen Einschätzung seiner tatsächlichen Güte im Weg stehen könnte. Doch trägt er den Beinamen Elefant eben nicht, weil er schnell wäre wie ein Jaguar. Seine Massen vereiteln größere Dynamik ebenso wie sein Antrieb. Bei seiner Vorstellung 1958 schleppt das Topmodell aus Solihull einen langhubigen Sechszylinder auf dem vorderen Hilfsrahmen. Der atmet durch im Kopf hängende Ventile ein und hustet über im Block stehende ab. Wobei zahme 107 PS entstehen. Mehr als gut 130 will die eigentümliche Konstruktion trotz einiger Kopfarbeit bis 1967 nicht hergeben.

Buick-V8 mit wenig Temperament

Und obwohl der Motor des P5 ausgesprochen sanft läuft und kaum kleinzukriegen ist, muss er im Rover P5B einem Achtzylinder weichen. Den hatte Rover aus dem Orkus von Buick gekramt – daher das „B“ in der Typenbezeichnung des 3.5-Litre – und ihm erfolgreich Standfestigkeit und Laufruhe beigebracht. Temperament weniger.

Es fehlt nicht. Der Rover P5B ist nicht das Auto derer, die selbst in großer Eile noch Contenance bewahren. Es ist ein Wagen, der die Eile selbst vergessen macht. Schüchtern knarzen die Federn im weich belederten Fahrersitz dieses schönen 1972er Exemplars, das beim Classic Car Shop in Garmisch-Partenkirchen auf neues Pflegepersonal wartet. Aus dem Rover-Emblem in der Mitte des dürren Lenkrads – Servounterstützung Serie – guckt streng ein behelmter Wikinger, das Radio beinahe zwei Armlängen entfernt. So viel zu den Platzverhältnissen.

Schwer und trocken fällt die Tür ins Schloss, tantchenhaft umkränzt eine Teppichbordüre die Fenstersimse aus Nussbaum. Besänftigend untermalt das Brabbeln des amerikanischen Implantats eine Fortbewegung, die Geschwindigkeit stets der Erhabenheit nachstellt. Zumal auch dem Fahrgestell das besser passt. So kommt vor allem die starre Hinterachse nicht aus dem Tritt, wenn die Straße an Güte verliert.

Jaguar Mark II ist dem Wesen nach ein Sportwagen

Den Jaguar Mark II, auch er aus dem feinen Angebot des Classic Car Shop, lässt das lange ungerührt. Obwohl auch er die hinteren Räder nicht einzeln aufgehängt trägt, fühlt er sich der Straße verbundener und macht das Fahren zur Freude. Wiewohl er dazu unnachgiebig ambitioniertes Arbeiten fordert.

Mit rohen Kräften stemmt sich das 17-Zoll-Steuer engen Richtungswechseln entgegen. Erst bei höherem Tempo bleiben Ausfahrt und Anstrengung nicht gleichbedeutend. Auch im Moss-Getriebe des Jaguar Mk II findet der Stock dann besser den Weg durch die Kulisse, obwohl die Gänge nie wirklich flutschen wollen. An diesem Hebel bitte weder Nachlässigkeit noch Nachdruck. Sonst kracht's.

Dem Wesen nach ein Sportwagen, den seine Karosserie nur unzureichend als Limousine tarnen kann, will der Jaguar Mk II, der die Insassen auf niedrigen Sesseln viel tiefer platziert als der Rover, laufen, nicht schreiten. Servo und Automatik verändern den Eindruck. Beides aber waren teure Extras. Die Servolenkung kostete 900, ein Dreigang-Automat 2.000 Mark. Was daran erinnert, dass der Mark II ein knapp kalkuliertes Angebot war. Von jedem Pfund Umsatz, das Jaguar mit dem Mark 2 machte, blieben nur sechs Pence Gewinn. Berühmt war die Fertigungsqualität dieses Autos nicht.

Jaguar spendiert dem MkII den XK-Motor

Der Motor schon. Er entstammt dem XK, und der Jaguar Mk II lebt, von den zahlreichen Rundlichkeiten des Blechs und den vielen schönen Kippschaltern einmal abgesehen, in der Hauptsache von diesem Sechszylinder – von seinen Tonlagen, seiner Kraftentfaltung, seiner Balance. Mustergültig und doch begeisternd, vor allem beim 3,4-Liter.

Dieser Antrieb im Rover, das wäre wie ein Marmeladensandwich mit abgeschnittener Kruste. Königlich. Und die Qualität sowie der Komfort des Rover P5B im Jaguar Mark II? Wäre majestätisch.

Fazit zu Rover P5B und Jaguar Mk II

Man wickelt einen frittierten Tiefkühlfisch in die Zeitung von gestern und stellt sich an einer heruntergekommenen Bushaltestelle in den Regen. Man kann britisches Ambiente natürlich billiger haben als mit einem Rover P5B oder einem Jaguar Mark II. Das Bekenntnis zu diesen beiden fällt ebenso leicht wie die Entscheidung zwischen ihnen.

Dass die Sympathien am Ende zum Rover gehen, liegt daran, dass der Jaguar Mk II, aus gutem Grund, längst so etabliert ist. Der Rover P5B erobert als seltener Sonderling das Herz. Barry Caselton vom Classic Car Shop in Garmisch, der beide Autos zur Verfügung gestellt hat, musste übrigens auch nicht lange nachdenken. Auf die Frage, welcher besser sei, kam ohne Zögern: „Der Elefant. Seine Qualität macht den Unterschied.“

Technische Daten
Jaguar Mk II 340 Rover Rover 3.5 Litre Coupé
Außenmaße4572 x 1702 x 1473 mm4740 x 1780 x 1470 mm
Hubraum / Motor3528 cm³ / 8-Zylinder
Leistung116 kW / 157 PS bei 5200 U/min
Höchstgeschwindigkeit185 km/h185 km/h