Zu viele H-Kennzeichen
Bundesrechnungshof rügt Oldtimer-Besteuerung

Der Bundesrechnungshof hat die Steuerermäßigungen für Oldtimer beanstandet, die als Alltagsfahrzeuge genutzt werden. Die obersten Rechnungsprüfer hatten das Bundesfinanzministerium zu einer Stellungnahme aufgefordert. Beide Seiten beharren auf ihren Standpunkten.

H-Kennzeichen Saison 2017
Foto: Patrick Lang

Laut Bundesrechnungshof (BHR) widerspricht die vergünstigte Kfz-Steuer für Oldtimer, die als Alltagsauto genutzt werden, den klimapolitischen Zielen der Bundesregierung. Darüber hinaus gehen dem Bund durch die "rasante Zunahme" der Fahrzeuge mit H-Kennzeichen jährlich 170 Millionen Euro an Steuernahmen durch die Lappen.

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BHR will zügige Gesetzesinitiative

"Es ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil dieser Mindereinnahmen auf Oldtimer entfällt, die als Alltagsfahrzeuge genutzt werden. Aufgrund der höheren Produktionszahlen und der Langlebigkeit der Fahrzeuge überschreiten künftig immer mehr Alltagsfahrzeuge die 30-Jahres-Grenze für die Einordnung als Oldtimer, sodass die Mindereinnahmen weiter steigen", argumentieren die Rechnungsprüfer. Entsprechend forderte die Behörde das Bundesfinanzministerium zu einer "zügigen Gesetzesinitiative" auf, um Alltagsfahrzeuge aus der besonderen Oldtimer-Besteuerung auszuschließen.

Als 1997 die Oldtimer-Besteuerung eingeführt wurde, ging die damalige Bundesregierung davon aus, dass ca. 135.000 Fahrzeuge ein H-Kennzeichen erhalten können. 2007 wurde die Vorschrift für die Zuteilung des H-Kennzeichens in die neue Fahrzeug-Zulassungsverordnung überführt, gleichzeitig die Voraussetzungen gelockert. Für das H-Kennzeichen müssen die Fahrzeuge seitdem nicht mehr "vornehmlich zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes eingesetzt" werden, sondern nur noch "zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen". Mit diesem Passus sind auch Oldtimer als Alltagsfahrzeuge möglich. Der Bundesrechnungshof stellt fest, dass der Bestand an Fahrzeugen mit dem "H" im Kennzeichen bis 2020 auf 391.000 Fahrzeuge angewachsen war. Eine Verdreifachung gegenüber 1997.

Bundesfinanzministerium vs. Bundesrechnungshof

In einer Stellungnahme bestreitet das Bundesfinanzministerium (BMF), die Subventionierung von Alltags-Oldies. Dem BMF seien keine belastbaren Zahlen darüber bekannt, ob und ggf. in welchem Ausmaß Oldtimer als Alltagsfahrzeuge genutzt werden. Die Studie "Emissionen von über 30 Jahre alten Fahrzeugen" der Bundesanstalt für Straßenwesen weise jedoch auf eine vergleichbar geringe durchschnittliche Jahresfahrleistung von Oldtimern hin, was gegen eine signifikante Alltagsnutzung von Oldtimern spreche. Nach dieser Studie sei auch die Umweltbelastung gering, die von Oldtimern ausgehe.

Der Bundesrechnungshof weist hingegen die Behauptung des Ressorts von Christian Lindner (FDP) zurück, "von Oldtimern gingen nur geringe Umweltbelastungen aus." Unbestreitbar würden die durchschnittlichen Emissionen pro gefahrenem Kilometer bei alten Fahrzeugen, die der Gesamt-flotte um ein Vielfaches überschreiten. Sogar die vom BMF angeführte Studie würde das bestätigen. Man bleibe bei der Forderung, Alltags-Oldtimer von der subventionierten Besteuerung auszuschließen. "In Zeiten des Klimaschutzes ist es weder angemessen noch zeitgemäß, Alltagsfahrzeuge mit hohen Emissionen steuerlich zu begünstigen". Die genaue Anzahl der Oldtimer als Alltagsfahrzeuge sei hierfür letztlich nicht entscheidungsrelevant, resümiert die Bundesbehörde.

Pauschale Besteuerung

Hintergrund: Für Fahrzeuge, die älter als 30 Jahre sind, können die Halter ein H-Kennzeichen beantragen. Die Voraussetzung dafür ist, dass sich das betreffende Modell weitestgehend im Originalzustand befindet oder fachmännisch restauriert wurde. Für das H-Kennzeichen ist ein Oldtimer-Gutachten vonnöten. Die Kfz-Steuer beträgt pauschal 191,73 Euro pro Jahr.

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Fazit

Oldtimer mit H-Kennzeichen sollen nach dem Willen des Bundesrechnungshofes künftig nicht mehr günstig pauschal versteuert werden. Eine entsprechende Gesetzesinitiative fordert die oberste Bundesbehörde nun vom Bundesfinanzministerium, weil jährlich 170 Millionen Euro Steuern dem Fiskus durch die Lappen gehen. Zudem stünde die Steuerpraxis der Umweltstrategie der Bundesregierung entgegen. Das Bundesfinanzministerium sieht jedoch keinen Handlungsbedarf.

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