Ferrari 250 GTO
Fakten zum teuersten Auto der Welt

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Es sind die teuersten drei Buchstaben der Welt auf vier Rädern: GTO. Mit diesem Kürzel bezeichnete Enzo Ferrari sein GT-Modell für die Zeit ab 1962. Der 250 GTO ist der teuerste Gebrauchtwagen aller Zeiten, der jede Sammlung adelt. Der letzte Verkauf eines Ferrari 250 GTO bei einer Auktion in Monterey brachte den Weltrekordpreis von 48,4 Millionen US-Dollar ein.

Ferrari 250 GTO (1962) 3413GT
Foto: Patrick Ernzen © 2018 Courtesy of RM Sotheby’s

Kein Oldtimer scheint begehrter zu sein als der Ferrari 250 GTO. Rekordpreise von bis zu 70 Millionen US-Dollar sollen angeblich Sammler für ein Exemplar bezahlt haben. Doch warum ist der 250 GTO so selten, so begehrt und so besonders? Wer sind die Besitzer dieses Autos, das selbst für einen Ferrari der Sechzigerjahre sehr teuer und selten ist? Wir klären die wichtigsten Fragen und versuchen, damit den Mythos Ferrari 250 GTO zu erklären.

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Was ist das technisch für ein Auto?

Der Ferrari 250 GTO ist ein für den Renneinsatz in Kleinserie gebauter Sportwagen, der als GT eingesetzt werden kann. Die Abkürzung steht für Gran Turismo Omologato, homologierter GT. Offiziell hieß dieses Modell 250GT Competizione Berlinetta 1962.

Ferrari 250 GTO (1962) 3413GT
Patrick Ernzen © 2018 Courtesy of RM Sotheby’s
Unter der langen Haube steckt das Hertz des 250 GTO: ein Dreiliter-V12 mit 300 PS.

Das Herz des GTO steckt unter der lange, geschwungenen Motorhaube: Es ist der rund 300 PS starke Colombo-V12 mit drei Litern Hubraum. Das Leichtmetall-Triebwerk (Silumin) mit einem Bankwinkel von 60 Grad geht auf den Motor des ersten Ferrari von 1947 zurück – konstruiert von Ingenieur Gioachino Colombo. Alle V12 dieser Entwicklungslinie mit dem kurzen Motorblock werden inoffiziell mit seinem Namen gekennzeichnet. Für die Entwicklung des 250 GTO nutzte Giotto Bizzarrini und sein Team einen Rennmotor des 250 Testa Rossa. Für die Version der Kleinserie änderten die Techniker Details wie die Ölwanne oder das Gehäuse für die Steuerkette. Außerdem verringerten sie die Fertigungstoleranzen.

Der GTO entstand eine Evolution des 250 GT SWB (= Short Wheel Base, ital. Passo corto) mit dem kurzen Radstand von 2,40 Meter. Er wurde weiterentwickelt, weil in der Sportwagen-Weltmeisterschaft ab 1962 nur noch GT-Fahrzeuge punktberechtigt waren. Ferrari Vormachtstellung dort sollte ein aerodynamisch günstigeres Auto dort sichern. Mit Erfolg: Laut der offiziellen Angabe lief der GTO mit 280 km/h Höchstgeschwindigkeit 12 km/h schneller als der 250 GT SWB. Zusätzlich motiviert war Ferrari durch die Vorstellung des Jaguar E-Type auf dem Genfer Autosalon 1961, der nach den ersten Renneinsätzen als ernstzunehmender Gegner in der GT-Kategorie gesehen wurde. Die britische Konkurrenz sollte allerdings in der Weltmeisterschaft keine große Rolle spielen.

Wie andere Hersteller auch nutzte Ferrari für die Konstruktion des GTO eine Regel im internationalen Sportgesetz. Ein Passus gestattete für GTs eine Sonderkarosserie, wenn die Grundmaße und die Technik des homologierten Basismodells eingehalten wurden. Um eine flachere Frontpartie gegenüber dem alten 250 GT SWB zu schaffen, ließ Bizzarrini das V12-Triebwerk so tief wie möglich im Gitterrohrrahmen montieren. Die Karosserie, deren Form die Ferrari-Techniker und Sergio Scaglietti entwickelten, bestand wie beim Short Wheel Base aus Leichtmetall. Das Chassis mit der Bezeichnung 539/62 wurde allerdings gegenüber dem 250 GT an etlichen Punkten versteift. Das Fahrwerk mit der Einzelradaufhängung vorn und einer Starrachse hinten übernahmen die Techniker vom 250 GT SWB. Die GTO-Hinterachse bekam Schraubenfedern und wurde aber durch ein Wattgestänge geführt. Mit dem Evolutionsmodell von 1964, das über eine breitere Spur verfügte, entfernte sich Ferrari noch weiter vom ursprünglichen 250 GT. Streng genommen war der GTO ein Prototyp.

Was macht den GTO zum Mythos?

Ein Teil des Mythos liefert die Ausstrahlung der Marke selbst. Der 250 GTO wird zu einem besonderen Ferrari durch die Verbindung von hoch entwickelter Rennsporttechnik mit einem seriennahen Sportwagen. Fahrfreudige Sammler wie Nick Mason schätzen diese praktische Vielseitigkeit: Der GTO macht auf öffentlichen Straßen ebensoviel Spaß wie auf der Rennstrecke. Der traditionsreiche V12 mit seinem faszinierenden Klang hat einen ebenso großen Anteil am Charisma wie die runde, schnörkellose Karosserielinie, deren endgültige Form von Scaglietti stammt. Ab 1988 machen Preisrekorde im zweistelligen Millionenbereich den 250 GTO als teuerstes Auto der Welt zum Spekulationsobjekt.

Den Mythos bilden auch die Erfolge im Motorsport: Der GT sichert Ferrari von 1962 bis 1964 drei Weltmeistertitel in Folge. Dazu kommen zwei Gesamtsiege bei der Tour de France und GT-Siege bei den prestigeträchtigsten Langstreckenrennen in Le Mans, Sebring, Goodwood, auf dem Nürburgring oder bei der Targa Florio – das alles mit einer klassischen Frontmotor-Berlinetta.

Zum GTO-Mythos gehört auch die "Palastrevolution" bei Ferrari, die mitten in die Entwicklungszeit des Modells. Nach einem Streit zwischen dem Verkaufschef Girolamo Gardini und Enzo Ferraris Frau Laura verlassen im November 1961 fast alle Führungspersönlichkeiten des Unternehmens: Neben Gardini, der gekündigt wird, gehören dazu Giotto Bizzarrini, Carlo Chiti und Romolo Tavoni, der Manager des erfolgreichen Rennteams. Um die Technik, und damit auch um die letzten Entwicklungsschritte des 250 GTO, wird sich künftig der damals junge Ingenieur Mauro Forghieri kümmern.

Wie selten ist der 250 GTO? Warum so extrem selten?

Von der ursprünglichen Version des 250 GTO wurden 1962 und 1963 nur 36 Exemplare gebaut. Mit der gleichen Karosserielinie entstanden außerdem drei 330 GTO mit einem Vierliter-V12, der allerdings nur in der Sportwagen-Kategorie zugelassen waren.

1964 entstanden drei weitere 250 GTO mit aerodynamisch verbesserter Karosserie, die flacher, breiter und kürzer war als die ursprüngliche Version. Mit einer breiteren Spur wurde das Fahrwerk angepasst. Zusätzlich ließen vier Besitzer ihren GTO auf den neuen Stand umrüsten, zum Beispiel auch Corrado Ferlaino aus Neapel. Dieses Auto (Chassis 3413 GT), mit dem der Privatfahrer die GT-Klasse bei der Targa Florio gewann, erzielte bei der Auktion von RM Sotheby’s in Monterey 2018 den Rekordpreis von 48,4 Millionen US-Dollar. Nur wenige Privatfahrer und Teams konnten sich einen GTO leisten: Der Kaufpreis für den Renn-GT war extrem hoch – wie auch die Wartungsaufwand für die Technik des Zwölfzylinders.

Auktions-Rekord: 48,4 Millionen US-Dollar

Im Frühjahr 2018 wechselte das Exemplar mit der Chassisnummer 4153 GT den Besitzer und gehört jetzt einem Sammler in den USA. Es ist der Siegerwagen der Tour de France Automobile 1964 und mit weiteren Spitzenergebnissen in Le Mans, auf dem Nürburgring, in Reims oder Montlhery bei Paris der bekannteste 250 GTO. Er soll 70 Millionen US-Dollar gekostet haben. Die bei Privatkäufen erzielten Preise sind allerdings meist Spekulationen, weil offizielle Angaben fehlen. Doch egal ob Handel oder Auktion: Jeder Preis ist nur eine Momentaufnahme. So wie auch der neue Auktionsweltrekord von 48,4 Millionen US-Dollar. Spitzenpreise sind nur mit Exemplaren zu erzielen, die bekannte Vorbesitzer und eine bedeutende Renngeschichte aufweisen sowie eine sehr gute Materialsubstanz haben. Unfallschäden und Austausch von Originalteilen bei Restaurierungen drücken den Preis.

Spannend ist die Entwicklung der Preise vom Neuwagen bis zur Top-Wertanlage für Sammler: Erstbesitzer haben 1962 in den USA 18.000 US-Dollar gezahlt, in Deutschland laut Preisliste des Importeurs Auto-Becker 78.750 Mark. Ein Jahr später findet sich die Angabe ein Preis von 50.500 Mark in einer Veröffentlichung. Damals konnte man einen 250 GTO sogar als Gebrauchtwagen im Kleinanzeigenteil von auto motor und sport finden: "Zu verkaufen: Ferrari GTO, spez. leichtes, vom Werk total rev. Fahrzeug. Kalman von Czazy". Einen Preis nennt der Besitzer, ein junger Schweizer ungarischer Abstammung, allerdings nicht.

Nach drei Jahren ist dieser GTO (3809 GT) nur noch 20.000 Mark wert: Vom zweiten Besitzer, dem Schweizer Privatfahrer Pierre Sudan, wird das Auto im Oktober 1965 für diesen Preis an einen deutschen Sammler weiter verkauft. Zehn Jahre später hat sich der Preis mehr als verdoppelt: Beim nächsten Besitzerwechsel werden rund 50.000 Mark fällig.

Etwa zur gleichen Zeit zahlt der Pink-Floyd-Schlagzeuger Nick Mason für sein Auto in England 35.000 britische Pfund. Das ist zwar 1978 auch für einen Rockstar sehr viel Geld, im Vergleich zu heutigen Werten aber natürlich ein Schnäppchen. 1985 zahlte Ralph Lauren für sein Exemplar 650.000 US-Dollar. Im Ferrari-Hype ab 1988 explodieren die GT-Preis: In diesem Jahr zahlt der Schweizer Sammler Engelbert Stieger für das Auto mit der Chassisnummer 3589 GT bereits 4,2 Millionen US-Dollar. Im neuen Jahrtausend durchbricht der Wert erstmals die 10-Millionen-Schallmauer: Ein US-Sammler zahlt für den ersten 250 GTO (3223 GT) angeblich 10,6 Millionen US-Dollar.

Prominente GTO-Besitzer

Zum erlauchten Kreis der GTO-Besitzer gehören aktuell Mode-Milliardär Ralph Lauren, der britische Baumaschinen-Mogul Sir Anthony Bamford (JCB), der italienische Geschäftsmann und Ex-Formel-1-Teameigner Giuseppe Lucchini aus Brescia sowie der Musiker Nick Mason. Der Drummer von Pink Floyd ist einer der treuesten GTO-Eigner. Seit 40 Jahren gehört ihm das Ferrari-Coupé mit der Chassisnummer 3757GT. Fast so begehrenswert wie sein roter Renner selbst ist dessen Nummernschild: "250GTO".

Nick Mason fährt seit 40 Jahren 250 GTO

Ferrari 250 GTO (1962) 3413GT
Patrick Ernzen © 2018 Courtesy of RM Sotheby’s
Ferrari-Fahrer Nick Mason schätzt am 250 GTO unter anderem, dass der Motor im Stau nicht überhitzt.

"Das Auto stand ganz oben auf meiner Wunschliste", erzählt der Auto- und Kunstsammler Mason, der für sein Traumauto 1978 ganze 35.000 britische Pfund (damals umgerechnet etwa 135.000 Mark) bezahlte. Der Musiker bringt die Vorteile des 250 GTO auf den Punkt: "Mit all seinen Qualitäten kommt der GTO dem perfekten Auto sehr nahe." Der Ferrari-V-12 und sein Klang sind nur zwei von vielen Aspekten, sagt auch Mason: "Die angenehm ausgeglichene Kombination aus Scheibenbremsen und einem schön balancierten Fahrwerk mit ausreichender Motorleistung gibt Dir den Thrill eines Rennwagens ohne den lebensgefährlichen Terror eines 600-PS-Monsters." Der Ferrari mit dem rund 300 PS starken Dreiliter-Triebwerk hat für Mason auch ganz praktische Vorzüge: "Man kann ihn im Straßenverkehr nutzen, er hat Platz, um mehrere Taschen mitzunehmen, und selbst im zähfließenden Verkehr überhitzt der Motor nicht."

Doch vielen Fans reicht schon der Anblick des italienischen Sportwagens, um ins Schwärmen zu geraten. "Äußerlich ist der 250 GTO ein hinreißendes Beispiel für die Karosseriebaukunst", lobt auch Mason die Form seines Ferraris. "Vom Cockpit aus ist der Blick über die Rundungen der Motorhaube ein ästhetischer Genuss. Wenn je ein Auto absolut perfekt aussah, dann ist es der Ferrari GTO."

Design aus der Werkstatt

Ferrari 250 GTO (1962) 3413GT
Courtesy of The Klemantaski Collection
Eine Legende wurde der 250 GTO auch wegen seiner vielen Rennerfolge.

Die Form der Leichtmetallhülle stammt allerdings nicht von Pininfarina, sondern aus der kleinen Karosseriewerkstatt der Ferrari-Rennabteilung in Maranello. Die ersten Prototypenkarossen sind das Werk von Giotto Bizzarrini. Die Serienversionen entstehen bei Sergio Scaglietti in Modena in Handarbeit. Mit der neuen, aerodynamisch günstigeren Form des GTO reagiert Ferrari auf eine Regeländerung für die Markenweltmeisterschaft. Ab 1962 werden nur die Ergebnisse der GT-Fahrzeuge für die WM gewertet – die Karosserie des 250 GT SWB (Short Wheel Base) könnte wegen des zu hohen Luftwiderstands und des Topspeeds von 250 km/h nicht mehr konkurrenzfähig sein. Ende 1960 beginnen die Planung für die neue Berlinetta, Im September 1961 testet Stirling Moss den neuen GT in Monza erstmals auf einer Rennstrecke – kurz vor dem italienischen Grand Prix, bei dem Ferrari-Pilot Wolfgang Graf Berghe von Trips tödlich verunglückt.

Mitten in die Entwicklungsphase des 250 GTO fällt außerdem die "Palastrevolution" bei Ferrari. Insgesamt acht leitende Mitarbeiter verlassen das Unternehmen, darunter auch Giotto Bizzarrini, Chefkonstrukteur Carlo Chiti und der Rennleiter Romolo Tavoni. Auslöser soll ein Streit zwischen Laura Ferrari und dem Verkaufsleiter Federico Gilberti gewesen sein.

GT im Sinne des Reglements

Zum Nachfolger von Carlo Chiti steigt der erst 26 Jahre alte Ingenieur Mauro Forghieri auf. Er treibt auch die Weiterentwicklung des 250 GTO voran. Am 24. Februar 1962 wird der neue GT von Ferrari in Maranello offiziell vorgestellt. Die offizielle Typenbezeichnung lautet: "250 GT Competizione Berlinetta 1962". Die legendäre Bezeichnung GTO folgt etwas später – laut Buchautor Jess Pourret aufgrund eines Fehlers in einem an Ferrari gerichteten Telegramm. Das "O" steht für "omologato", das italienische Wort für "homologiert" und deutet an, das der neue Ferrari in der GT-Kategorie zugelassen ist. Wie Jaguar, Aston Martin und Porsche zum Beispiel nutzt Ferrari einen Passus im GT-Reglement (Gruppe 3), der für ein homologiertes Modell (Mindeststückzahl: 100 Exemplare) unter Beibehaltung der technischen Basis eine Sonderkarosserie erlaubt.

Nur einen Monat nach der Pressevorstellung feiert der 250 GTO seine Rennpremiere beim 12-Stunden-Rennen von Sebring. Im vom North American Racing Team (N.A.R.T.) eingesetzt Ferrari gewinnen die Werksfahrer Phil Hill und Olivier Gendebien die GT-Kategorie mit sechs Runden vor dem vom gleichen Team eingesetzten 250 GT SWB. Ferrari kann so viele Autos verkaufen, dass beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans im Juni insgesamt 15 GTO eingesetzt werden, einige allerdings mit größeren Motoren und anderen technischen Veränderungen als Prototypen. Übrigens: In Deutschland ruft Importeur Auto-Becker 78.750 Mark auf. Zum Vergleich: Ein Mercedes-Benz 300 SL Roadster hat damals 29.000 Mark gekostet.

Drei WM-Titel und viele GT-Siege

Mit dem GTO setzt Ferrari seine Erfolgsserie in der Sportwagen-Weltmeisterschaft fort. Drei Mal hintereinander erringen die Italiener den Titel in der Division für Autos mit über zwei Litern Hubraum. Lediglich 1965 müssen sie sich Shelby-Ford geschlagen geben. Daran ändert auch die 1964 aerodynamisch verbesserte GTO-Karosserie nichts. Zu den größten Erfolgen des GTO zählen neben den drei Titeln und den vielen GT-Siegen in den WM-Läufen die zwei Siege bei der Tour de France Automobile 1963 und 1964.