Alfa Romeo Spider 2.0 TS (916)
Der Frauenversteher

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Redakteur Alf Cremers stellt einen attraktiven Youngtimer vor: Den Alfa Spider 916, der von provokanter Selbstverliebtheit lebt. Nichts ist ihm heilig. Frontantrieb, Fiat-Motor – seine Form verhöhnt die Harmonie. Aber Frauen mögen ihn wie ein paar extravagante Designer-High-Heels.

Alfa Romeo Spider 2.0 TS, Seitenansicht
Foto: Archiv

Ausgerechnet der Keil-Spider, über den ich seit es ihn gibt zornige Tiraden ausgekübelt habe. Ich glaubte nicht recht zu hören, als meine Frau irgendwann vor drei Jahren sagte: „Der gefällt mir, den will ich.“ Sie sagte dies mit einer Entschlossenheit, der man nicht mehr entkommen kann.

Erst steil nach oben dann radikal nach unten

Es war in Lindau, als wir einen Alfa Spider Twin Spark umrundeten. Wir fühlten uns von ihm angezogen – so gelb, offen und auf seltsame Weise animalisch stand er da, eher ein Tier als ein Auto. Sie bewundernd, ich fassungslos: „Wie kann man nur bei Alfa Romeo so ein Auto auf die Räder stellen. Da ist ja sogar ein Subaru XT schöner. Das soll Pininfarina sein, diese debil dreinblickenden vier Murmeln als Scheinwerfer, diese Proportionen, ebenso breit wie lang. Dieses abgehackte Profil, erst steil nach oben, dann radikal nach unten. Das Ganze als Zweiliter Twinspark auch noch knapp 50.000 Mark teuer.“

Unsere Highlights

Okay, über Frontantrieb und Quermotor kann man beim Alfa Spider 916 noch hinwegsehen, Plattform-Strategie eben, moderne Zeiten. Wenn man schon alle Stilelemente des immerhin 27 Jahre lang gebauten klassischen Alfa Spider radikal über Bord kippt, dann kommt es auf die inneren Werte auch nicht mehr an.

Zuerst kämpfte ich noch, dann fügte ich mich, suchte einen Spider aus, 916 heißt das Modell intern, das schließt Verwechslungen aus. Rasch fand ich einen guten, einen milden Alfa Romeo Spider 1.8 Twin Spark mit 144 PS, den Zahnriemen-Doppelnocker mit gusseisernem Fiat-Block, aber ohne Ausgleichswellen. Silber mit schwarzem Verdeck, 85.000 km, 5.000 Euro. Stoffsitze, aber elektrisches Verdeck und kein V6, das stand unbedingt im Lastenheft meiner Frau.

Alfa Spider 916 mit überzeugendem Qualitätsgefühl

Auf der Überführungsfahrt an einem kalten Februartag kamen wir uns näher, der Spider und ich. Anfangs spürte er noch meine Verachtung, lief nach langer Standzeit lange unrund, wer kauft schon ein solch hässliches Auto? Ausgerechnet das Qualitätsgefühl des Alfa Spider 916 überzeugte mich. Schwere Türen, die satt schließen, kein Gerappel über Bahnübergänge, das bullige Auto mit knapp 4,30 Meter gar nicht so kurz, wiegt ja auch satte 1.350 Kilo, dabei ist die komplette Frontpartie aus Kunststoff.

Okay, der Wendekreis eine Katastrophe, aber Temperament, Sound und eine für die verquere Motorlage wunderbar exakte Schaltung erinnern an goldene Alfa-Zeiten – als wäre nichts gewesen mit Fiat, Frontantrieb und so. Auch das Cockpit des Alfa Spider 916 zeigt sich funktional und dennoch geschmackvoll, die Sitze bieten festen Seitenhalt, und ihre Steppung ist so schön geformt, wie es nur die Italiener können.

Der breitspurige Alfa Spider 916 liegt satt auf der Straße, federt allein schon wegen seines Gewichts erstaunlich komfortabel, den Grenzbereich lassen wir aber in Ruhe, noch fürchte ich die Rache der Tiraden. Wenigstens der Rost kann uns dereinst nicht heimsuchen, die Bodengruppe und viele Anbauteile sind verzinkt oder eben aus Kunststoff.

Coupé Fiat ist ein enger Verwandter des Alfa Spider

Die kompromisslose Form, die so heftig polarisiert, sieht gar nicht so schlecht aus. Ich betrachte sie fortan als Skulptur, weniger als Automobil. Wenn der Alfa Spider 916 offen vor dem Haus parkt, gibt er eine schöne Plastik ab. Öfter mal aus dem Fenster sehen hilft, das banale Wort „gewöhnungsbedürftig“ wird plötzlich zum Sinn stiftenden Schlüsselbegriff. Meine Frau ist überglücklich: „Endlich mal kein Spießerauto“. Und ich habe mich überraschend schnell mit dem exaltierten Spider arrangiert. Neben Pininfarina trug das Alfa Romeo Centro Style zu seinem zeitlos-avantgardistischen Kleid bei, auch das skurrile Coupé-Fiat ist stilistisch ein Verwandter des Spider.

Schon 1986 stand die Pininfarina-Studie eines längst fälligen Alfa Spider-Nachfolgers auf dem Turiner Salon, sie hieß Vivace und nimmt bereits die formalen Grundzüge der erst 1994 in Paris erscheinenden Alfa-Zwillinge Spider und Coupé GTV der völlig neuen Baureihe 916 auf. Das Coupé ist noch ein wenig schroffer als der Spider, die Blechmütze als Dach wirkt schon sehr zackig und kantig. Unpraktisch sind beide: Keine Türgriffe, man muss sich entscheiden, entweder Kofferraum oder Reserverad, schlechte Sicht seitlich und nach hinten. Meine Frau sagt, schon Stilettos zeigen, dass praktisch und schön einfach nicht geht. Manchmal zickt das Verdeck, es gibt nach dem Drücken der viel zu kleinen Taste auf der Mittelkonsole immer eine bange Gedenksekunde, bis die Elektrohydraulik ihr Ballett aufführt.

Auch als Dreiliter-V6 mit viel Leistung

Im Moment fährt der Alfa Spider 916 als Schwellen-Youngtimer durchs tiefe Tal der Tränen, verbrauchte, verbastelte Autos mit Wartungsstau bevölkern die Kiesplätze. Wie jeder Alfa ist auch der Spider, besonders als Dreiliter-V6, ein anspruchsvolles Auto in Technik und Konstruktion. Das gilt es zu wissen, bevor man im Schnäppchenrausch zuschlägt. Neben einem guten Allgemeinzustand zählt vor allem die regelmäßige Wartung. Nur dann macht die zeitlose Spider-Skulptur Spaß.

Auf einen Blick: Alfa Spider 916

  • Vierzylinder-DOHC-Motor quer
  • Hubraum: 2,0 Liter
  • Leistung: 155 PS
  • Frontantrieb
  • Hilfsrahmen
  • vorn McPherson-Federbeine
  • hinten Mehrlenkerachse
  • Radstand 2.540 mm
  • Gebaut von 1994 bis 2005
  • Topmodell 3,2-Liter-V6-24V mit 240 PS
  • Stückzahl 81.799
  • Gute Exemplare ab 3.000 Euro.

Fazit

Jenseits der Vorurteile: Spaß im Spider
Frontantrieb, Quermotor und ein Design, bei dem Pininfarina zu viel Asti Spumante getrunken hat. Ich mochte ihn nicht, den aufsässigen Alfa Spider 916. Bis sich meine Frau einen kaufte, da lernte ich ihn ganz langsam lieben.

Technische Daten
Alfa Romeo Spider 1.8 T.Spark Alfa Romeo Spider 2.0 T.Spark
Grundpreis23.468 €24.747 €
Außenmaße4285 x 1780 x 1315 mm4285 x 1780 x 1315 mm
Kofferraumvolumen147 l147 l
Hubraum / Motor1747 cm³ / 4-Zylinder1970 cm³ / 4-Zylinder
Leistung106 kW / 144 PS bei 6500 U/min114 kW / 155 PS bei 6400 U/min
Höchstgeschwindigkeit205 km/h211 km/h
Verbrauch8,9 l/100 km9,4 l/100 km