Concours d'Lemons 2019
Angriff der Killer-Zitronen

Das entspannte Anti-Glamour-Highlight der Monterey Car Week hat wieder viel Schlimmes zu bieten. Das ist genauso gut wie der Wandel des Concours d'Lemons.

Karmann Ghia Typ 14 Cabriolet
Foto: Gregor Hebermehl

Die Moderatoren betonen es unablässig: Hier gibt es ganz schlimme Autos. Deren stolze Besitzer gäben jedem gerne zu ihren vergammelten Fahrzeugen umfassend Auskunft. Von einer Parade der Schande und von einer Versammlung wirklich hässlicher Autos ist die Rede. Dies lockt jede Menge Publikum an. Viele sind ohnehin wegen der Monterey Car Week hier, deren Höhepunkte die megaexklusiven Events The Quail und der Pebble Beach Concours d'Elegance sind. Für Otto-Normalverdiener sind diese Veranstaltungen unbezahlbar und bei weitem nicht jeder, der die mehreren hundert Dollar Eintrittspreis berappen kann und möchte, bekommt auch ein Ticket ab. Beim Concours d'Lemons ist der Eintritt frei, es gibt keinen Dresscode und die entspannte Herangehensweise an das Thema Autopflege ist kaum zu toppen.

Unsere Highlights
Concours d'Lemons 2019
Gregor Hebermehl
Motorkontrolleuchte leuchtet? Für einen Concours-d'Lemons-Besucher heißt das: einfach weiterfahren.

Megaschrott als Daily Driver

So schlimm der Zustand manches der hier gezeigten Autos auch ist: Sie sind alle auf eigener Achse angereist und die Eigentümer schwören auf die Qualitäten ihrer fahrbaren Untersätze. Und Qualität gibt es oft nur eine: Das Auto fährt noch. Ein ordentlich durchgerostetes und von Spanngurten zusammengehaltenes Karman Ghia Typ 14 Cabrio dient seinem Besitzer als Alltagsauto, dass er jeden Tag gerne fährt. Und der Besitzer eines Toyota Corona 1600 weist stolz darauf hin, dass sein Auto nicht mit Rost, sondern Zementstaub überzogen ist. Der Japaner stand jahrelang an einem Ort, wo er permanent Zementstaub ausgesetzt war – Luftfeuchtigkeit panzerte den Staub mit der Zeit aufs Blech. Um das Auto fahren zu können, hat der Fahrer ein schmales Guckloch in den Zement auf der Windschutzscheibe gekratzt. Außerdem funktionieren die Bremsen kaum, nur die Handbremse verzögert noch halbwegs. Und die Automatik schaltet seit Jahren nur noch im manuellen Modus: "Deshalb haben sich viele von diesem Toyota getrennt. Und weil die A-Säule oft vom Dach abgebrochen ist. Bis auf diese Schwachstellen ist das ein gutes Auto, es fährt sich prima." begeistert sich der Fahrer.

Concours d'Lemons 2019
Gregor Hebermehl
Entspannte Stimmung auf dem Concours d'Lemons. Sehr entspannt.

Inzwischen auch bessere Zustände

Allerdings sind in diesem Jahr viel mehr tolle Autos auf dem Concours d'Lemons zu sehen. Stammgäste irritiert das im ersten Moment. Porsche 914, VW Bulli und Facel Vega in akzeptablen Zuständen hatten bisher nichts auf dem Schrott-Event zu suchen. Dadurch schlich sich eine gewisse Eintönigkeit ein, Autos wie der AMC Pacer und der AMC Gremlin waren (und sind) Stammgäste, der Ford Pinto durfte nicht fehlen und ein umgebautes Zombie-Apokalypsen-Auto war auch immer mit dabei. Diese Kruste brechen die Veranstalter jetzt mit interessanten Fahrzeugen auf. Die sind nicht hyper-restauriert, sondern einfach gut erhalten – und teilweise besonders. So wie das Yugo Cabrio mit unter 19.000 Meilen auf der Uhr. Der Yugo sorgt bis heute für Gespött: Sein günstiger Preis war das Ergebnis von schluderiger Ingenieursarbeit und übler Verarbeitung. Aber auf einmal steigen die Preise für Yugos wieder – nur wenige haben überlebt und als Hassobjekt sind sie bis heute nicht aus dem Gedächtnis vieler Amerikaner verschwunden.

Fazit

Der Concours d'Lemons ist ein erfrischender und gleichzeitig entspannender Gegenpol zum Rest der Monterey Car Week – eine der teuersten und reichsten Wochen der Welt, wie die Leute vor Ort sagen. Die Tatsache, dass die Veranstalter nicht unerbittlich an ihrer Megaschrott-Tradition festhalten, sondern jetzt auch halbwegs gut erhaltene aber auf jeden Fall interessante Autos zulassen, sorgt für Zukunftssicherheit. Der Concours d'Lemons dürfte auch in den nächsten Jahren frei von Langeweile bleiben.