Red-Bull-Gegner rücken näher
Muss Verstappen bald kämpfen?

GP Kanada 2023

Der Sieg von Max Verstappen in Montreal war ein gewohntes Bild. Hoffnung macht, dass Aston Martin, Mercedes und Ferrari nun langsam näher rücken. Fernando Alonsos Abstand wäre ohne ein eingebildetes Technikproblem noch kleiner gewesen.

Podium - Formel 1 - GP Kanada 2023
Foto: Wilhelm

Das achte Rennen, der achte Sieg von Red Bull. Zum sechsten Mal mit Max Verstappen. Der Triumph von Montreal machte die 100 voll für den Rennstall aus Milton Keynes. Was wie eine Fortsetzung der Red-Bull-Dominanz aussah, machte trotzdem Hoffnung. Zum ersten Mal gibt es Anzeichen, dass die Konkurrenz näher rückt.

Verstappen führte zwar wie in Monte Carlo und Barcelona von der ersten bis zur letzten Runde, doch sein Vorsprung fiel mit 9,5 Sekunden kleiner aus als sonst. In Barcelona waren es noch 24 Sekunden. Der Weltmeister musste richtig Gas geben, um seine Verfolger abzuschütteln.

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Allen voran Fernando Alonso, der bereits vor dem Rennen angekündigt hatte, dass er den Druck auf Verstappen erhöhen würde. Die feinen Antennen des Spaniers hatten ihm bereits an den Trainingstagen gemeldet, dass sein Aston Martin mit dem Upgrade deutlich stärker sein würde, als es die Rundenzeiten andeuteten.

Offenbar sind die Daten aus dem Windkanal und den Simulationen so gut, dass es im Team Leute gibt, die dem Auto jetzt schon zutrauen auf dem Niveau von Red Bull zu fahren. Wenn man das Upgrade besser versteht. "Wir werden erst in Spielberg und Silverstone in der Lage sein, das Paket zu optimieren", kündigte Alonso an.

Fernando Alonso - Formel 1 - GP Kanada 2023
xpb
Alonso hätte schneller gekonnt, er musste aber erst an Hamilton vorbei.

Alonso muss Sprit sparen

Der WM-Zweite hätte schon in Montreal den Rückstand auf Verstappen kleiner halten können. Doch Alonso kamen drei Dinge dazwischen. Ein Start, der ihn hinter Lewis Hamilton warf. Es dauerte 22 Runden, bis er den Mercedes überholen konnte. Da betrug der Abstand zum Spitzenreiter 2,7 Sekunden. Er wuchs bis zum zweiten Boxenstopp auf 4,9 Sekunden an.

Für den dritten Stint hatte Aston Martin nur noch harte Reifen übrig. Seine Gegner fuhren auf dem Medium-Gummi. Aston Martin-Teamchef Mike Krack glaubt nicht, dass die härteren Reifen ein Nachteil waren: "Sie haben uns in der zweiten Hälfte des Stints geholfen, Lewis wieder auf Abstand zu halten."

Und dann war da noch ein unsichtbares Problem, das Alonso bremste. Sein Renningenieur wies ihn an, Lift and Coast zu betreiben. Das kostete ein bis zwei Zehntel pro Runde. Rein mathematisch hätte bei optimistischer Sichtweise der Rückstand auf den Sieger nur noch 3,7 statt 9,5 Sekunden betragen. Aston-Martin-Teamchef Mike Krack will sich auf solche Rechenspiele nicht einlassen: "Wir wissen ja nicht, welche Reserven Max noch gehabt hätte, wenn wir dichter dran gewesen wären."

Alonso & Hamilton - Formel 1 - GP Kanada 2023
Wilhelm
Alonso will Red Bull schon in Spielberg stärker fordern.

Ein Problem, das keines war

Waren es hoher Spritverbrauch oder wie es Mercedes vermutete Bremsprobleme, die den WM-Zweiten dazu zwangen auf den Geraden früher den Fuß vom Gas zu nehmen? "Keine Ahnung. Ich habe im Auto nichts gespürt und bin nur den Instruktionen der Ingenieure gefolgt", antwortete Alonso auf Fragen im Parc fermé.

Krack klärte nach einer ersten Untersuchung auf: "Die Daten haben gesagt, dass es ein Problem mit dem Benzinsystem gibt. Weil wir nicht ohne Sprit liegenbleiben wollte, haben wir Fernando geben Benzin zu sparen. Es hat sich am Ende als falscher Alarm erwiesen."

Statt die Lücke auf den Spitzenreiter zu schließen, musste sich Alonso nach hinten orientieren. Hamilton holte zunächst von 5,3 auf 1,4 Sekunden auf, um dann bis zum Ziel wieder auf 4,6 Sekunden zurückzufallen. "Ich musste im Rahmen der Vorgaben von der Box 70 Qualifikationsrunden fahren", gab Alonso zu.

Verstappen & Hamilton - Formel 1 - GP Kanada 2023
Red Bull
Mercedes hofft, schon mit den nächsten Upgrades auf Red-Bull-Niveau zu kommen.

Mercedes hat noch zwei Upgrades im Ärmel

Mike Krack wollte nach nur einem Rennen keine Aussage treffen, wie viel man auf Red Bull aufgeholt hat. Weil es von Strecke zu Strecke Schwankungen geben kann. Sicher ist nur, dass der Abstand verkürzt wurde. Das gleiche gilt für Mercedes. Lewis Hamilton kam 14,1 Sekunden hinter Verstappen ins Ziel. Und das auf einer Strecke, die eher die Schwächen des Mercedes hervorkehrt als seine Stärken.

Die Silberpfeile verloren auf den Geraden und beim Beschleunigen aus den langsamen Kurven heraus. Am schwachen Topspeed war die Wahl eines größeren Heckflügels schuld. Red Bull und Aston Martin entschieden sich für einen Flügel mit weniger Abtrieb. Die Traktionsprobleme sind immer noch Teil der DNA dieses Autos. "Aber wir werden auch da immer besser. Da hilft uns die neue Plattform, die wir jetzt haben", freut sich Teamchef Toto Wolff.

Hamilton zählte auf, was noch fehlt: "Wir brauchen mehr Abtrieb im Heck, eine bessere Traktion und weniger Luftwiderstand." Bei Mercedes glaubt man, dass dieser letzte Schritt zu Red Bull nur noch ein Upgrade entfernt ist. "Und wir haben in den nächsten Rennen noch zwei. Ein großes in Silverstone, das andere vor der Sommerpause", verrät Wolf. Wenn die neuen Teile genauso einschlagen wie der letzte Entwicklungsschritt, dann traut sich Mercedes zu, Red Bull in der zweiten Saisonhälfte herauszufordern.

Charles Leclerc - Formel 1 - GP Kanada 2023
xpb
Ferrari brachte sich mit dem schlechten Qualifying aus dem Podiumsrennen. Die Pace stimmte aber.

Auch Ferrari mit Aufwärtstrend

Es könnte ein Vierkampf werden. Auch Ferrari ist auf dem Weg zur Besserung. Das Barcelona-Upgrade zeigte bei seinem zweiten Auftritt in Montreal zum ersten Mal, was in ihm steckt, wenn man die Autos richtig einstellt. Charles Leclerc und Carlos Sainz kamen mit einem Stopp weniger als die Konkurrenz über die Distanz. Das Schreckgespenst Reifenverschleiß war zumindest für dieses Rennen verschwunden.

Teamchef Frédéric Vasseur sah im Vergleich des letzten Stints einen klaren Fortschritt. "Wir sind mit dem gleichen Reifentyp wie Alonso ungefähr die gleiche Distanz gefahren und haben auf ihn nur eine Sekunde verloren." Wo Leclerc und Sainz von besseren Startpositionen aus gelandet wäre, wollte Vasseur nicht nachrechnen: "Es bringt nichts sich mit Hypothesen zu belügen. Wenn ich immer auf der Basis ‚was gewesen wäre wenn‘ arbeite, dann bin ich immer Weltmeister. Für uns ist wichtig, dass jetzt die Richtung stimmt."

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