McLaren musste nach der Qualifikation zum GP Abu Dhabi viel im Konjunktiv reden. Was wäre gewesen wenn? Eigentlich war der MCL60B bei den kühlen Bedingungen am Abend das zweitbeste Auto im Feld. Doch Oscar Piastri und Lando Norris starten nur von den Plätzen 3 und 5. Vor einem halben Jahr hätte sich jeder im Team noch über das Ergebnis gefreut. Doch jetzt wollen alle mehr.
Für McLaren lag durchaus ein Platz in der ersten Startreihe drin. Beide Fahrer gaben zu, in den Q3-Runden zu viele Fehler gemacht zu haben. Norris stellte sich in Kurve 13 quer. "Auch ohne den Fehler hätte es für Lando wahrscheinlich nicht für die Pole gereicht, aber er wäre zumindest nahe dran gewesen", rechnete Teamchef Andrea Stella nach.
Norris ging wieder mit sich selbst hart ins Gericht: "Ich mache am Samstag zu viele Fehler." Kollege Piastri übte ebenfalls Selbstkritik: "Ich hatte bis zur Qualifikation keine fehlerfreie Runde. Q1 war schlecht, Q2 wurde es besser und Q3 ziemlich gut. Die letzte Runde war noch meine Beste." Der Australier gab aber auch zu: "Wir haben hier ein sehr schnelles Auto."
Oscar Piastri war erst mit seiner Q3-Runde zufrieden.
Verstappen auch mit Idealzeit auf Pole
Stella wollte es nicht allein auf seinen Fahrern sitzen lassen. "Wir müssen uns fragen, ob wir bei der Entwicklung des Autos in Zukunft nicht mehr darauf achten müssen, dass solche Fehler nicht mehr provoziert werden. Mit diesem Auto fährt man wahrscheinlich besser, wenn man nur mit 99 Prozent unterwegs ist. Unter bestimmten Bedingungen verlieren wir zu schnell Grip und dann passieren Fehler."
Der Teamchef meinte, dass man an diesem Tag der Fehler schon eine Kombination aus Norris und Piastri gebraucht hätte, um Verstappen herauszufordern. Aber auch im Vergleich der Idealzeiten hätte Weltmeister die Pole Position geholt. Wir haben nachgerechnet:
Verstappen | 1.23,372 min |
Leclerc | 1.23,559 min |
Norris | 1.23,575 min |
Russell | 1.23,668 min |
Piastri | 1.23,691 min |
Schnell sein genügt McLaren nicht
Bei der Analyse, wo McLaren auf Red Bull verliert, steht der zweiten Sektor im Visier. Er besteht aus zwei DRS-Geraden und zwei langsamen Kurven. Norris büßt in der Passage 0,193 Sekunden ein, Piastri 0,199 Sekunden. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wäre mangelnder Topspeed daran schuld. McLaren verliert auf der ersten Gerade 6,7 und auf der zweiten 5,1 km/h auf Red Bull.
Doch Stella widerspricht: "Im Topspeed sind wir gar nicht mehr so schlecht. Vor allem dort, wo wir den Flügel nicht öffnen dürfen. Beim DRS-Effekt hinken wir noch hinterher, aber bei diesem Flügel handelt es sich auch um einen alten Entwicklungsstand. Ich möchte nicht wieder die gleiche Schallplatte auflegen, aber mehr Zeit bleibt in den beiden langsamen Kurven liegen."
Stella ist trotzdem guter Dinge, dass man am Sonntag das Ruder herumreißen und Ferrari und Mercedes schlagen kann. "Unser letztes große Upgrade in Singapur hat uns vor allem mit gebrauchten Reifen besser gemacht. Deshalb sind wir seitdem auch im Rennen stärker als in der Qualifikation."
Für Red Bull hat er nur Lob übrig. Nicht die Rundenzeit, die Verstappen hingelegt hat, sei beeindruckend, sagt Stella, sondern dass er es immer und immer wieder tut. Auch an Tagen, wo es mal nicht optimal für Red Bull und Verstappen läuft. "Sie kriegen es mit einer atemberaubenden Konstanz immer wieder hin. Das zeigt, wie viel Arbeit wir noch vor uns haben. Nur so schnell zu sein wie sie reicht nicht."
