McLaren identifiziert Schwachstellen
Fortschritt erst mit neuem Windkanal?

GP Imola 2023

Das Rennen in Miami hat die Problemzonen des McLaren MCL60 schonungslos aufgedeckt. Laut Teamchef Andrea Stella arbeiten die Ingenieure aber schon an der Beseitigung der Schwächen. Eine schnelle Lösung scheitert aber womöglich an den veralteten Simulationswerkzeugen.

Lando Norris - GP Miami 2023
Foto: McLaren

Die McLaren-Fans hatten nach dem Baku-Upgrade schon an die Wende zum Guten geglaubt. Mit dem neuen Unterboden war Lando Norris direkt in die Punkte gerast. Doch nur sieben Tage später war in Miami schon wieder Katzenjammer angesagt. Beide McLaren-Piloten scheiterten schon in der ersten Quali-Runde. Punkte blieben im Rennen stets außer Reichweite.

Für Teamchef Andrea Stella kam die Pleite nicht sonderlich überraschend. "Es entwickelt sich langsam ein Trend heraus. Wenn der Grip der Strecke hoch ist, wird unser Auto besser. In Miami war der neu verlegte Asphalt zwar schneller als im Vorjahr, aber der Grip war immer noch relativ niedrig. Das hat zur Folge, dass die Piloten häufig den Fuß vom Gas oder von der Bremse nehmen mussten. In diesem Zustand funktioniert unser Auto leider nicht sehr gut."

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In den Telemetrie-Daten lässt sich genau erkennen, wo das Defizit liegt: "Wenn der Grip höher ist, können die Fahrer mehr attackieren. Die Fahrer können dann tiefer in die Kurve hineinbremsen und früher beschleunigen. Die Rollphase wird verkürzt. Da fühlt sich das Auto deutlich wohler und wir sind direkt stärker im Vergleich zur Konkurrenz."

Andrea Stella - GP Miami 2023
McLaren
Teamchef Andrea Stella bittet die Fans um Geduld. Der Fortschritt kommt nicht über Nacht.

Baku-Fortschritt nicht von Dauer

In Baku war der Asphalt deutlich griffiger als in Miami. Hier konnte das Auto seine Stärken auf der Bremse und in den schnellen Kurven ausspielen. Auch die kurzen, rechtwinkligen Kurven im ersten Sektor, bei denen der Pilot nur kurz vom Gas und auf die Bremse muss, haben dem MCL60 deutlich besser geschmeckt als die langgezogenen Kehren rund um das Hard Rock Stadium in Südflorida.

Aber auch in Baku wurden die Problemstellen bereits sichtbar, zum Beispiel in den verwinkelten Altstadt-Passagen. "Das Baku-Upgrade hat uns Abtrieb gebracht, aber es hat nichts am grundlegenden Charakter des Autos geändert", bedauert Stella. "Es ist leider nicht so einfach, die Probleme anzugehen. Aber wir kennen nun das Problem und haben unsere Entwicklungsrichtung bereits darauf ausgelegt."

So einfach abzustellen sind die Schwächen jedoch nicht. Die Aerodynamik in langen Kurven lässt sich in der Entwicklung nur schwer simulieren, weil der Luftstrom im Windkanal stets frontal auf das Auto trifft. Dazu kommt, dass sich McLaren immer noch im alten Windkanal von Toyota in Köln einmietet. Hierbei handelt es sich noch um ein Modell der alten Generation.

Lando Norris - GP Miami 2023
McLaren
Ein zu hoher Luftwiderstand auf den Geraden und Schwächen in der Rollphase in langen Kurven kosten McLaren viel Zeit.

Probleme in der McLaren-DNA

McLaren kämpft schon seit Jahren mit ähnlichen Problemen – auch schon vor der Umstellung auf die neuen Groundeffect-Autos. Die Schwäche in langgezogenen Kurven steckt quasi in der McLaren-DNA. "Das kann durchaus mit den Methoden zusammenhängen, die wir bei der Entwicklung anwenden", vermutet Stella. Trotz der großen Regeländerung habe die Entwicklung zum gleichen Ergebnis geführt, was den Charakter des Autos angeht.

Der Ingenieur erhofft sich aber schon bald Antworten auf die drängendsten Fragen: "Mit unserem neuen Windkanal, der uns bald zur Verfügung steht, sollten wir repräsentativere Daten sammeln können, weil sich die Wände dort anpassen lassen. In ein paar Monaten sind wir da hoffentlich schlauer, wenn wir die Ergebnisse der ersten Runs mit den Daten aus den letzten Jahren vergleichen können."

Aber noch bevor der neue Windkanal im Sommer eingeweiht wird, hofft McLaren auf Fortschritte. Die Fans müssen aber noch etwas Geduld mitbringen. Während die Konkurrenz schon in Imola größere Upgrades bringt, werden Lando Norris und Oscar Piastri noch ein paar Rennen warten müssen. "Was jetzt in Imola kommt, wurde schon vor ein bis zwei Monaten entwickelt. Wir werden ein paar Kleinigkeiten bringen. Die reichen aber nicht aus, um wieder regelmäßig in die Punkte zu fahren", dämpft Stella die Erwartungen.

Der große Schritt, den manche auch als B-Version des MCL60 bezeichnen, soll aber auf jeden Fall noch vor der Sommerpause kommen: "Er wird auf zwei Rennen verteilt: Kanada und England. Das Rennen in Österreich dazwischen lassen wir aus, weil es sich um ein Sprint-Wochenende handelt. Bei der Größe des Pakets haben wir nicht das nötige Vertrauen. In Baku hatten wir es trotz Sprint gemacht, weil es sich nur um den Unterboden handelte. Beim nächsten Upgrade müssen wir mehr umbauen. Deshalb wird das komplette Paket erst in Silverstone gezeigt."

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