Jetzt wissen es alle. McLarens gute Form ist kein Zufall. Zum fünften Mal in Folge ist der britische Rennstall bei der Musik. Lando Norris stellte seinen MCL60 neben Max Verstappen in die erste Startreihe. Der Rückstand hätte auch geringer als 0,537 Sekunden ausfallen können. "Mit einer perfekten Runde wären wir zwar immer noch Zweiter geworden, aber wir wären näher an Max dran gewesen", glaubt McLaren-Teamchef Andrea Stella.
Im ersten Sektor nahm Norris dem WM-Spitzenreiter sogar eine halbe Zehntelsekunde ab. Doch in Kurve 7 war der Vorsprung schon aufgebraucht. Scheivlak zählt zu den schnellen Kurven, in denen McLaren normalerweise eine Macht ist. Doch diesmal waren Red Bull und Ferrari dort flotter unterwegs.
Stella differenziert: "Da kommt es auch darauf an, wie das Auto auf der Straße aufsetzt, und ob du konstant durch die Kurve Grip hast. Es ist eine lange Kurve, und wenn die Vorderräder lange eingeschlagen sind, haben wir im zweiten Teil der Kurve immer noch unsere Probleme. Nicht mehr so schlimm wie am Anfang der Saison, doch spürbar genug, um weiter daran zu arbeiten."
Lando Norris steuerte seinen McLaren neben Max Verstappen in die erste Startreihe.
Norris baut Fehler ein
Als Norris auf seinem Display ablesen konnte, dass das Delta zu seiner bis dahin schnellsten Runde dahin schmolz, versuchte er es mit der Brechstange. Und das verzeihen die Groundeffect-Autos nicht. "Lando baute ein paar kleine Fehler in den Rest der Runde ein, und da warten dann auch die Kurventypen, in denen wir noch Nachholbedarf haben", nahm Stella das ganze Team in die Pflicht. Norris hatte zuvor ehrenhaft alles auf den Fahrer geschoben. Er erklärte: "Der erste Teil der Runde war mega, der zweite einer der schlimmsten."
McLaren lässt sich durch den zweiten Platz nicht blenden. "Bei normalen Bedingungen wäre Mercedes vor uns gestanden", fürchtet Stella. Das aber soll sich ändern. Bis Singapur sollen die Änderungen am Auto kommen, die den McLaren auch in langsamen Kurven konkurrenzfähig machen.
Der neue Heckflügel zählte nicht dazu. Er wurde trotz eines erfolgreichen Testes am Freitag wieder eingepackt. "Wir hätten ihn bei komplett trockenen Bedingungen genommen, weil er etwas weniger Abtrieb und etwas weniger Luftwiderstand bietet als unser Budapest-Flügel. Mit dem Regen aber haben wir auf maximalen Anpressdruck gesetzt."
Oscar Piastri kannte Zandvoort vor dem Wochenende nur von wenigen Runden in einem Formel Renault.
Piastri fehlt Zandvoort-Erfahrung
Norris wird im Rennen alle Hände voll zu tun haben, seinen Platz gegen George Russell, Fernando Alonso, Carlos Sainz und Sergio Perez zu verteidigen. Ein Faktor könnte die Reifenabnutzung werden. In den Longruns am Freitag deutete sich an, dass Mercedes eine harte Nuss wird und vielleicht auch Aston Martin mit dem neuen Unterboden.
Oscar Piastri schaffte es zwar mühelos ins Q3, verlor dann aber acht Zehntel auf den Teamkollegen. Der Teamchef nahm den Australier in Schutz: "Oscar war zum ersten Mal mit einem Formel-1-Auto in Zandvoort. Der Unfall im zweiten Training hat ihm viel Trainingszeit geklaut. Er ist vor der Qualifikation nur ein einziges Mal mit den weichen Reifen gefahren, aber nicht mit wenig Sprit im Tank. Ohne diese Erfahrung war es für ihn ganz schwer abzuschätzen, wie sich das Auto im Q3 mit den Soft-Reifen verhalten wird. In den ersten drei Kurven hat er den Extra-Grip unterschätzt, in Kurve 7 unterschätzt."
