Revanche für Melbourne
Red-Bull-Sieg dank Reifenvorteil

GP Imola 2022

Beim Sprint in Imola revanchierte sich Red Bull für die herbe Niederlage von Melbourne. Und zwar mit den gleichen Waffen, mit denen Ferrari in Australien gewonnen hatte. Die Red Bull hielten ihre Reifen besser in Schuss.

Max Verstappen - GP Emilia Romagna - Imola - 23. April 2022
Foto: Wilhelm

Red Bull und Ferrari haben zwei fast gleichwertige Rennautos. Details entscheiden über Sieg und Niederlage. Es gilt immer noch, dass der Red Bull seine Zeit auf den Geraden holt und Ferrari in den Kurven. Speziell in den langsamen Ecken.

"Der Ferrari hat aus den langsamen Ecken raus die beste Fahrbarkeit. Vom Motor und vom Auto her", staunt Red Bull-Technikchef Adrian Newey. Genau diese Stärke konnte der Ferrari in der Endphase des Mini-Grand Prix aber plötzlich nicht mehr ausspielen.

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Charles Leclerc bekam exakt die Probleme, die Max Verstappen und Sergio Perez in Melbourne jeder Chance beraubten. Ab Runde 14 begann der Ferrari zu untersteuern. Vorne rechts stellte sich Körnen ein. Ab da schrumpfte der Vorsprung des WM-Spitzenreiters auf Verstappen. Von 1,7 Sekunden auf Schlagdistanz drei Runden vor Schluss.

Mit dem DRS-Vorteil von 9 km/h flog der Weltmeister vor dem Bremspunkt zur Tamburello-Kurve an dem Ferrari vorbei. Danach ließ Leclerc abreißen. Für einen Gegenangriff fehlte dem WM-Spitzenreiter der Grip an der Vorderachse.

Max Verstappen vs. Charles Leclerc - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
Ferrari
Erst in der vorletzten Runde wechstelte die Führung im Sprint.

Eine Frage der Balance

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto räumte ein: "Wir haben das Körnen erwartet, aber nicht so früh." Red Bull-Sportdirektor Helmut Marko scherzte: "Bei uns wäre es auch gekommen, aber erst in Runde 22." Der Grazer sah das Geheimnis in einem perfekt ausbalancierten Auto. Ganz im Gegensatz zu Melbourne: "Da wollten wir ein Übersteuern bekämpfen und haben ein Untersteuern geerntet."

Binotto bestätigte: "Die Balance unseres Auto war heute nicht perfekt. Bei nur einem Regentraining als Vorbereitung auf ein Trockenrennen kann man schon mal daneben liegen." Leclerc hatte einen anderen Verdacht: "Vielleicht habe ich am Anfang des Sprints zu sehr aufs Tempo gedrückt." Der Monegasse musste wegen des SafetyCars nach der ersten Runde gleich zwei Mal auf Attacke fahren, um Verstappen aus dem DRS-Bereich zu schütteln. "Das war vielleicht ein Malk zu viel."

Carlos Sainz im zweiten Ferrari blieb von den Reifenproblemen übrigens verschont. "Er ist von seinem Startplatz auch ein anderes Rennen gefahren. Deshalb wurde seine Reifen auch ganz anders gefordert", erklärte Binotto. Sainz machte im Rennen sechs Positionen gut. Red Bulls Nummer zwei Sergio Perez sprang von Platz 6 auf Rang 3.

Marko hält einen Doppelsieg nicht für ausgeschlossen: "Perez hätte Leclerc in der nächsten Runde eingeholt. Er war mit dem gleichen Speed wie die Spitze unterwegs, nachdem er freie Fahrt hatte. Wenn wir zu Ferrari aufschließen wollen, müssen wir am Sonntag mehr als nur einen Punkt gutmachen."

Die Niederlage von Melbourne war laut Newey ein Warnschuss für die Ingenieure, hat aber keine direkten Erkenntnisse für Imola geliefert. "Das ist nicht vergleichbar. Es war ein anderes Auto, eine andere Strecke und andere Bedingungen."

Der einzige Lerneffekt bestand darin, dass man sorgfältiger bei der Suche nach der perfekten Fahrzeugbalance vorging und im zweiten freien Training am Samstagmittag zwei Reifenmischungen ausprobierte, um mehr über das Verhalten des Soft- und des Medium-Gummis zu lernen.

Max Verstappen - GP Emilia Romagna - Imola - 23. April 2022
xpb
Am Start hatte Verstappen Probleme mit dem Getriebe. Das soll sich am Sonntag nicht noch einmal wiederholen.

Red Bull-Upgrade funktioniert

Entscheidend war auch, dass Max Verstappen von Anfang an den Druck auf Leclerc hochhielt. Der Ferrari-Pilot konnte sich nie sicher fühlen, auch dann nicht als er für zehn Runden den Verfolger aus dem DRS-Bereich geschüttelt hatte.

Leclerc musste immer attackieren, und das hat ihn am Ende in die Reifenfalle getrieben. "Am Anfang war Charles schneller, aber dann ist das Pendel umgeschlagen. Wir hatten in den letzten Runden die besseren Reifen. Das gab den Ausschlag", analysierte Verstappen.

Die Führung verlor der Trainingsschnellste schon beim Start. Da hat der Red Bull nicht zum ersten Mal in dieser Saison ein Problem. "Die Synchronisation beim Hochschalten vom ersten in den zweiten Gang hat nicht gepasst", erklärte Marko, sieht aber keinen Grund zur Sorge, dass sich das im Hauptrennen wiederholt: "Das war ein Programmierfehler."

Ein trockener Samstag gab Red Bull die Gewissheit, dass auch das zweite Aerodynamik-Upgrade nach dem Bahrain-Test funktioniert. "Es hat das gebracht, was wir uns erwartet haben", lobte Marko. Und es hat möglicherweise die Lücke zu Ferrari geschlossen, die in Melbourne noch drei Zehntel betrug. "Jetzt haben wir noch den Gewichtsfaktor auf unserer Seite", hofft Marko. "Der Ferrari ist ein gutes Stück leichter als unser Auto."

Da die Autos bis zum Hauptrennen im Parc fermé bleiben, stellt sich die Frage, ob Leclerc am Sonntag die gleichen Probleme fürchten muss und Verstappen sich schon als Sieger fühlen kann. "Da sind andere Reifen im Spiel. Das kann also auch ganz anders laufen", winkt der Sprint-Sieger ab.

Newey warnt, dass man auch auf der Medium-Mischung mit Körnen rechnen kann, wenn die Balance nicht stimmt. "Es gibt Möglichkeiten, das mit den erlaubten Eingriffen zu beheben", beruhigt Binotto die Tifosi. Zum Beispiel mit der Aero-Balance, dem Reifendruck oder der Bremskühlung.

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