Haas-Drama in zwei Akten
Hülkenberg fehlen fünf Runden

GP Mexiko 2023

Wieder hätte es Punkte für Haas geben können. Stattdessen regiert der Frust. Das Auto frisst immer noch zu stark seine Reifen. Nico Hülkenberg hatte WM-Punkte vor Augen, als die Reifen einbrachen. Der Teamkollege verunfallte schwer.

Kevin Magnussen - Haas - Formel 1 - GP Mexiko 2023 - Rennen
Foto: xpb

Jetzt ist es passiert. Haas ist in der Konstrukteurs-WM auf den letzten Platz abgerutscht, und es wird schwer werden, die vier Zähler auf Alfa-Sauber und Alpha Tauri noch aufzuholen. Die einzige Chance ist ein Chaosrennen in Brasilien. Läuft das Rennen normal, stolpert Haas weiter über eine zu starke Reifenabnutzung. Es ist mit dem Upgrade etwas besser geworden, doch noch lange nicht gut genug.

Besser, weil Nico Hülkenberg 65 Runden lang auf einem Punkteplatz lag. Im ersten Teil des Rennens auf Rang 8, nach dem Re-Start auf Platz 10. Früher hätten sich die Reifen schon viel früher verabschiedet. Hülkenberg hatte fast ständig einen Alpine im Rückspiegel. Zuerst Pierre Gasly, dann Esteban Ocon.

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Der lange Rheinländer verteidigte sich nach allen Regeln der Kunst, war schnell, wo er schnell sein musste, und langsam, wo es nicht wehtat. Hülkenberg konzentrierte sich auf eine gute Beschleunigung aus der Zielkurve raus. Den Rest erledigte ein guter Topspeed. Die Alpine waren auf der Gerade eine Schnecke. Nicht mal mit DRS kamen sie in die Nähe eines Überholmanövers.

Hülkenberg - Ocon - Formel 1 - GP Mexiko 2023 - Rennen
Motorsport Images

Gegen die Alpine konnte sich Nico Hülkenberg halbwegs wehren.

Haas hat zu wenig Abtrieb

Doch mit dem guten Topspeed beginnt das Problem des Haas VF-23. Wenn alle gezwungen sind, maximalen Abtrieb zu fahren, dann ist es kein gutes Zeugnis, das schnellste Auto auf der Gerade zu haben. Das bedeutet zwangsläufig, dass der Anpressdruck fehlt. "Wir haben einfach zu wenig Abtrieb. Deshalb sind wir in den schnellen Kurven im Sektor 2 auch so langsam. Und deshalb gehen bei uns die Reifen früher k.o. als bei den anderen", beschreibt Ayao Komatsu das Dilemma.

Das gilt auch noch für die B-Version des US-Renners. Ein paar Punkte Abtrieb sind dazugekommen und sie sind ein bisschen stabiler, doch das reicht noch lange nicht aus, den Sprung zu machen, wie ihn Alfa-Sauber und Alpha Tauri mit ihren letzten Upgrades geschafft haben. "Der einzige Lichtblick ist, dass wir mit diesem Konzept das Potenzial haben, besser zu werden. Mit dem alten ging das nicht mehr", hofft Teamchef Guenther Steiner.

Viel freie Fahrt für Hülkenberg

Noch wissen die Haas-Ingenieure nicht so genau, wo ihr umgebautes Auto steht. Hülkenbergs Rennen war durch den Umstand begünstigt, dass er die meiste Zeit freie Fahrt hatte. "Das ist bei uns nach wie vor ein entscheidender Faktor", gibt Komatsu zu. "Kevin steckte viel mehr im Verkehr als Nico. Er hat erstaunlich lange in der Gruppe mitgehalten, aber dann hat er doch dafür bezahlt, dass ständig einer vor ihm gefahren ist. Sein Reifenverschleiß war viel höher als der von Nico."

Der Haas verliert überproportional viel Abtrieb, wenn er ein Auto vor sich hat. Da reichen ein paar Runden, und der Reifen ist vorgeschädigt. Dann bezahlt man mit einem früheren Reifentod. Nach dem ersten Stint hatten die Haas-Techniker ausgerechnet, dass ein frischer Medium-Reifen 30 Runden halten könnte.

Bei idealen Bedingungen vielleicht auch die Restdistanz von 36 Runden. Doch die Bedingungen waren nicht ideal. "Nico lag nach dem Re-Start zehn Runden hinter Albon, bis die Lücke aufging. Das hat das Leben des Reifens verkürzt", berichtet Komatsu. Teamchef Steiner ärgerte sich: "Sieben Runden vor Schluss ist der Reifen eingebrochen. Zwei Runden später sind die Alpine vorbei. Nico ist super gefahren, aber zum Schluss war er machtlos." Das schwache Glied in der Kette waren wieder mal die Hinterreifen.

Kevin Magnussen - Haas - Formel 1 - GP Mexiko 2023 - Rennen
xpb

Kevin Magnussen steckte einen heftigen Abflug weg.

Heiße Bremsen killen Spurstange

Bei der Reifenwahl für die zweite Hälfte des Rennens gab es keine Frage. Hülkenberg hatte noch einen frischen Satz Medium in seinem Depot. Der harte Reifen, den er in Runde 23 ans Auto bekam, war beim Abbruch auch schon elf Runden alt. Der ursprüngliche Plan, den Punkteplatz mit den harten Reifen bis ins Ziel zu halten, platzte in dem Augenblick, in dem Kevin Magnussen mit 210 km/h in die Tecpro-Barrieren von Kurve 8 abbog. "Das Timing der roten Flagge war nicht ideal für uns, aber viel wichtiger ist, dass sich Kevin nicht verletzt hat", meinte Hülkenberg,

Am Haas mit der Startnummer 20 war links hinten die Spurstange gebrochen. Zu hohe Bremstemperaturen hatten die Karbon-Strebe weichgekocht. Die Ingenieure waren sich sicher, dass sich der Schaden bei Hülkenberg nicht wiederholt. "Kevin ist viel mehr im Verkehr gefahren. Seine Bremsen hatten weniger Kühlung als die von Nico."

Das Auto war nach dem heftigen Einschlag Schrott. Zum Glück für die Fahrer hatte das Team ein viertes Kit des Austin-Upgrades nach Mexiko geflogen. Somit sind noch drei für den GP Brasilien übrig. Ohne einen Ersatz in der Hinterhand hätten die Piloten Vorsicht walten lassen müssen. Auch in Interlagos macht man schnell mal ein Auto kaputt, wenn man zu viel riskiert. Und auf das Rennen in Brasilien setzt Haas nun seine einzige Hoffnung.

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