Ratlose Verlierer nach Red Bull-Show
Zu viel Auf und Ab bei den Gegnern

GP Österreich 2023

Beim GP Kanada hatten Red Bulls Gegner Hoffnung geschöpft. Die Freude über kürzere Abstände währte nur kurz. Am Red-Bull-Ring wuchsen sie wieder an. Weder Ferrari, Mercedes noch Aston Martin hatten eine eindeutige Erklärung dafür.

Carlos Sainz - Lewis Hamilton - GP Österreich 2023 - Spielberg
Foto: Motorsport Images

Wir erinnern noch einmal an den GP Kanada. Da gewann Max Verstappen 9,5 Sekunden vor Fernando Alonso, 14,1 Sekunden vor Lewis Hamilton und 18,6 Sekunden vor Charles Leclerc. So nah waren die Verfolger bei der Zieldurchfahrt noch nie an dem Seriensieger dran.

Zwei Wochen später zerplatzten alle Hoffnungen, dass Ferrari, Aston Martin und Mercedes den Rückstand dauerhaft verkürzt haben. Verstappen war so überlegen, dass Red Bull seinen Gegnern noch eine schallende Ohrfeige verpasste. Man holte den Weltmeister zwei Runden vor Schluss an die Box, um ihm weiche Reifen für den Angriff auf die schnellste Runde zu geben.

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Damit verbrachte Verstappen 17 Sekunden mehr in der Boxengasse als seine Rivalen. Das bedeutete für die Abstände, dass Ferrari tatsächlich 22 Sekunden auf den Sieger verlor, Aston Martin 47 Sekunden und Mercedes 56 Sekunden.

Dieses Auf und Ab im Verfolgerpulk ist bezeichnend für diese Saison. "Konstant ist nur der Red Bull mit Verstappen. Selbst beim anderen Auto mit Perez gibt es diese Schwankungen", stellt Mercedes-Teamchef Toto Wolff fest. Auf die Frage nach dem Warum, hat der Österreicher auch keine Antwort: "Wir erkennen kein Muster, warum es mal gut, mal schlecht läuft."

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Österreich 2023 - Spielberg - Rennen
Wilhelm
Ferrari präsentierte sich in Österreich als die Nummer 2 im Feld.

Ferrari löst nicht alle Probleme

Am meisten durfte in Spielberg noch Ferrari feiern. Doch die Freude über das beste Saisonresultat war gedämpft. Weil ein GP-Sieg immer noch in weiter Ferne ist. Charles Leclerc bescherte dem Traditionsteam das zweite Podium des Jahres, und Carlos Sainz verlor den dritten Platz gegen Sergio Perez erst zehn Runden vor Schluss. Sechs Stunden nach Rennende relegierten Strafen den Spanier noch auf den 6.Platz.

Die bittere Pille dabei: Perez startete von Platz 15, Sainz von Rang 3. Und die Schere ging im Rennen mal wieder auf. In der Qualifikation verlor Leclerc nur 48 Tausendstel auf Verstappen. Im Rennen waren es drei Zehntel pro Runde.

Immerhin zeigte das zweite große Upgrade von Ferrari Wirkung. Es war ein weiterer Schritt in Richtung mehr Berechenbarkeit, mehr Freiheit beim Setup, weniger Reifenverschleiß und einem größeren Fenster, in dem die Aerodynamik funktioniert. Beide Fahrer lobten die jüngsten Fortschritte. Sainz sagte aber auch: "Unser Problem mit der Reifenabnutzung ist nicht vollständig gelöst. Wenn wir uns mit Red Bull vergleichen, liegen wir im Renntempo noch ein gutes Stück zurück."

Tatsächlich hatte Verstappen im ersten Stint innerhalb von nur zehn Runden 6,6 Sekunden auf Leclerc gewonnen. Dass Red Bull die VSC-Phase dann nicht zum Boxenstopp nutzte, war ein Geschenk an Ferrari, die dadurch zehn Führungsrunden für sich verbuchen durften. "Wir waren aber zu langsam, um uns gegen Max zu verteidigen", bedauerte Leclerc. Der Grund dafür wurde bei einem Funkspruch an Leclerc deutlich. "Die Reifen bauen stärker ab als erwartet. Sollen wir auf drei Stopps umdisponieren?" Der Fahrer lehnte ab.

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Österreich 2023 - Spielberg - Rennen
Wilhelm
Aston Martin und Spielberg: Das passt ganz offensichtlich nicht zusammen.

Aston Martins Spielberg-Allergie

Bei Aston Martin war man ratlos, warum die grünen Autos wie in Barcelona nicht nur Speed verloren, sondern auch die Reifen zu stark strapazierten. Es lag vermutlich am Layout der Strecke. Auf eine Runde gab man den drei DRS-Zonen die Schuld, warum die Aston Martin auf den Geraden zu den langsamsten Autos zählten. "Unser DRS-Effekt ist nicht so gut wie bei anderen Autos", erklärte Chefingenieur Tom McCullough.

Doch für den Rennspeed spielt DRS nur einen untergeordnete Rolle. Die meiste Zeit blieb der Heckflügel zu. Alonso belegte an den Messstellen der beiden schnellsten Streckenteile den letzten und den vorletzten Platz. Zwei Wochen zuvor in Montreal trat das Handikap noch nicht so deutlich auf. Weil dort Traktion Trumpf ist. Und das kann der AMR23 so gut wie der Red Bull.

Der Red-Bull-Ring unterscheidet sich jedoch deutlich von dem Kurs auf der Isle de Notre-Dame. Er hat fünf schnelle Kurven. Dafür braucht man Abtrieb. Und der geht beim Aston Martin offenbar in den Luftwiderstand mit ein. Der Unterboden produziert bei der für Spielberg geforderten Bodenfreiheit offenbar nicht genug Abtrieb. Und das macht das Auto auf dieser speziellen Strecke ineffizient. Wie in Barcelona. "Da hatte ich ein ähnliches Gefühl", räumt Alonso ein.

Der Spanier bemüht auch noch die Historie. "Wenn man sich das letztjährige Rennen in Spielberg anschaut, dann war der Aston Martin nur das zehntschnellste Auto. Irgendetwas an dieser Strecke passt nicht zum Konzept des Autos. Das gleiche kann man bei Ferrari und Mercedes auf anderen Strecken beobachten. Konstant ist nur der Red Bull. Wir dürfen uns damit natürlich nicht zufriedengeben, sondern müssen herausfinden, warum das so ist."

Lewis Hamilton - Mercedes - Formel 1 - GP Österreich 2023 - Spielberg - Rennen
Wilhelm
Mercedes fuhr in Österreich den eigenen Erwartungen deutlich hinterher.

Zu langsam mit Kompromiss-Abstimmung

Auch bei Mercedes herrschte Ratlosigkeit. Man einigte sich aber wie Aston Martin darauf, dass der W14 auch nach seinem Generalumbau gewisse Strecken besser kann als andere. Weil auf den Angststrecken die Schwachstellen des Autos bei der Traktion und dem Topspeed aufgrund des jeweiligen Layouts stärker zutage treten.

Teamchef Toto Wolff wunderte sich über den Absturz. "Wir hatten größere Sorgen vor Montreal, und sind dort gut durchgekommen. Hier in Österreich waren wir optimistischer, weil wir dachten, dass die schnellen Kurven unser Problem in den langsamen überdecken. Das hat nicht funktioniert. Wir haben es einfach nicht geschafft, das Auto schnell zu machen. Schon am Freitag haben uns ein paar Zehntel zu unserer Prognose gefehlt."

Wie bei Ferrari und Aston Martin reichte die eine Stunde Setup-Zeit am Freitag nicht aus, das Auto in sein Wohlfühlfenster zu bringen. Die jüngsten Upgrades sind offenbar noch nicht voll verstanden. Da tut sich Red Bull leichter. Die Ingenieure ändern den RB19 nur im Detail und bauen auf einer bekannten Basis auf.

Lewis Hamilton ging ins Detail: "Wir waren gezwungen, der Balance zuliebe weniger Frontflügel zu fahren, weil wir das Heck nicht stabil hingekriegt haben." Der schlechte Kompromiss ging am Ende auch auf den Reifenverschleiß.

George Russell hatte sich nach dem Zwischenhoch im Sprint ebenfalls mehr erhofft als den 8. Platz hinter seinem Teamkollegen: "Wir haben das gleiche Auto wie in Barcelona, also müssen wir verstehen, was diesmal schiefgelaufen ist. Unsere Leistung ist aktuell eindeutig streckenabhängig. Hier waren wir im Nirgendwo, aber in Montreal und Barcelona waren wir gut. Das verheißt Gutes für Silverstone, denn die Strecke ist Barcelona ähnlicher als Österreich."

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