Fünf Gründe für die Ferrari-Pole
Neuer Setup-Weg bewährt sich

GP Aserbaidschan 2023

Der Bann ist gebrochen. Zum ersten Mal steht ein Red Bull nicht ganz vorne. Charles Leclerc entriss Max Verstappen und Sergio Perez die Pole Position. Fünf Gründe erklären das Ferrari-Wunder.

Charles Leclerc - Formel 1 - GP Aserbaidschan - 28. April 2023
Foto: Motorsport Images

Das Aufatmen war hörbar. Endlich mal kein Red Bull ganz vorne. Auch wenn es nur ein Freitag ist, aber immerhin die Qualifikation für das Hauptrennen. Charles Leclerc startet beim GP Aserbaidschan zum dritten Mal in Folge von der Pole Position. Doch noch nie konnte der Monegasse das Stadtrennen durch Bakus enge Gassen gewinnen.

Die Trainingsbestzeit kam selbst für Ferrari überraschend. "Wir wurden in den ersten drei Rennen zwar unter Wert geschlagen, haben aber trotzdem mit Red Bull gerechnet, weil ihre Stärke auf den Geraden gerade in Baku voll zur Geltung kommt", relativierte Teamchef Frédéric Vasseur.

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Tatsächlich konnten beim Topspeed nur die Williams mit den Red Bull mithalten. Mit 339,1 km/h war Verstappen auf der langen Zielgerade 3,6 km/h schneller als Leclerc. Und er nahm seinem Bezwinger im letzten Sektor, der ein reines Vollgasstück ist, 0,102 Sekunden ab.

Max Verstappen - Sergio Perez - Red Bull - Formel 1 - GP Aserbaidschan - 28. April 2023
Motorsport Images
Sergio Perez und Max Verstappen blieben nur die Plätze zwei und drei.

Drei Sektoren, drei Bestzeit-Halter

Das Ferrari-Wunder war kein Zufallsprodukt. Leclerc gewann schon das Q1 und war im Q2 auf der zweiten Runde mit seinen Soft-Reifen nur knapp zwei Zehntel langsamer als Max Verstappen. Der Weltmeister meinte selbstkritisch: "Es ist schwierig hier eine Runde perfekt zusammenzukriegen." Der erste Sektor ging an Perez, der zweite an Leclerc und der dritte an den Holländer.

Die Kombination Ferrari und Leclerc wurde für Red Bull aus fünf Gründen zu einem gefährlichen Gegner. Leclerc ist ein Baku-Spezialist. Was der 25-jährige Monegasse gar nicht so richtig erklären kann: "Ich liebe Straßenkurse, weiß aber auch nicht, warum es ausgerechnet in Baku immer so gut läuft."

Der neue für Baku maßgeschneiderte Heckflügel reduzierte den Topspeed-Verlust auf die Red Bull. "Sie sind uns auf den Geraden aber immer noch überlegen", bedauert Vasseur. Kollege Christian Horner wundert das: "Der Ferrari-Motor hat aus unserer Sicht den meisten Punch."

Carlos Sainz - Ferrari - Formel 1 - GP Aserbaidschan - 27. April 2023
ams
Ferrari hatte eine neuen Heckflügel für Baku dabei.

Ferrari fährt tiefer und schneller

Mithilfe leisteten die kühlen Asphalttemperaturen, die während der Qualifikation von 39 auf 29 Grad fielen. "Ferrari zündet die Reifen schneller an als wir", beobachtet Horner. Je kühleres ist, umso mehr zahlt sich diese Eigenschaft aus. Verstappen warf ein: "Dabei haben wir unsere Aufwärmstrategie noch verändert." Trotzdem nahm ihm Leclerc in Sektor 2, in dem zehn der 20 Kurven liegen, eineinhalb Zehntel ab.

Und dann war da noch der Lerneffekt von Melbourne. "Wir sind dort das erste Mal mit einer anderen Setup-Philosophie gefahren. Das war ein Fortschritt, auch wenn man es nicht gleich erkannt hat. Diesen Weg sind wir in Baku weitergegangen", berichtete Leclerc.

Carlos Sainz - Ferrari - Formel 1 - GP Aserbaidschan - 28. April 2023
xpb
Ferrari geht nun beim Setup andere Wege.

Ferrari konnte auf dem Baku City Circuit so tief wie gewünscht fahren, was dem Auto mehr Abtrieb und mehr Stabilität gab, gleichzeitig den Fahrern mehr Vertrauen in den SF-23. Der neue Asphalt bügelte einige der alten Bodenwellen glatt. Das half beim Absenken der Bodenfreiheit im Heck, und Ferrari hat es mittlerweile auch geschafft, dabei nicht mehr ins Bouncing zu fallen.

Das alles hilft nicht viel, wenn die roten Autos am Sonntag wie in Bahrain oder Saudi-Arabien rückwärts marschieren sollten. "Wir haben ein gutes Rennauto", drehten Verstappen und Perez im Gleichklang. Aus den Longruns im freien Training ließ sich nicht viel herauslesen. Ferrari drehte drei Runden am Stück, Red Bull fünf. Dazu noch auf unterschiedlichen Reifen. Ferrari gab dem harten Reifen den Vorzug, Red Bull der Medium-Mischung. Was Red Bull zu der Annahme bringt, dass Ferrari den Sprint möglicherweise mit Medium-Reifen fahren will.

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