Leclerc wirft sieben Punkte weg
„Boxenstopp war nicht falsch“

GP Imola 2022

Red Bull dominierte in Imola wie Ferrari in Melbourne. Ausgerechnet beim Heimspiel lief bei Ferrari viel schief. Nach dem Rennen mussten sich die Strategen die Frage gefallen lassen, ob der zweite Boxenstopp die richtige Entscheidung war.

Charles Leclerc - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
Foto: xpb

Ein Sieg lag für Ferrari nicht drin. Red Bull war eine Macht in Imola. Charles Leclerc konnte seine Siegchancen schon nach den ersten 575 Metern abschreiben. Da war der Mann vom zweiten Startplatz Vierter statt Erster. Max Verstappen konnte flüchten, während sein WM-Gegner zuerst an Lando Norris vorbeimusste, und dann 44 Runden lang Sergio Perez vor der Nase hatte.

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto führt die schlechten Starts seiner Fahrer auf die Strecke zurück. Charles Leclerc und Carlos Sainz standen in der rechten Reihe. Dort war die Spur nasser als links. "Charles und Carlos haben von der her Startprozedur alles richtig gemacht, sie hatten einfach weniger Grip."

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Sainz kam das teuer zu stehen. Im Kampfgetümmel der ersten Runde bugsierte ihn Daniel Ricciardo ins Kiesbett. "Ich mache Daniel keinen Vorwurf. Er ist kein unfairer Fahrer. Als er kurz sein Auto verloren hat, hat er mich getroffen. Das kann passieren. Er kam anschließend in unsere Box um sich im Beisein meiner Mechaniker zu entschuldigen. Das war eine tolle Geste. Da kann ich ihm nicht böse sein."

Carlos Sainz - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
xpb
Für Carlos Sainz war das Rennen schon nach wenigen Metern beendet.

An Perez nur mit DRS vorbei

Für Leclerc wurde der zweite Red Bull von Perez zum unüberwindlichen Hindernis. Wie immer hatten die Red Bull den besseren Top-Speed. "Wir wären nur mit Hilfe von DRS vorbeigekommen", gab Binotto zu.

Doch FIA-Rennleiter Niels Wittich gab das Flachstellen des Heckflügels erst in der 34. Runde frei. Das Risiko mit nur einer trockenen Spur aber allen Autos auf Slicks schien ihm zu groß. Da geisterte offenbar noch der schwere Unfall von Valtteri Bottas und George Russell vom Vorjahr in den Köpfen der Rennleitung herum.

Bei Halbzeit des Rennens trennten Perez und Leclerc rund zwei Sekunden. Da die Medium-Reifen nicht den Eindruck machten am Ende des Rennens entscheidend einzubrechen, musste sich Ferrari etwas einfallen lassen, um Leclerc auf den zweiten Platz zu bringen.

"Wir sahen keine Chance Perez anzugreifen. Deshalb haben wir Charles an die Box geholt, in der Hoffnung Red Bull folgt uns eine Runde später", erklärte Binotto. Leclerc sollte die Festung dann mit den bereits aufgewärmten Soft-Reifen sturmreif schießen.

Max Verstappen - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
Red Bull
Ferrari versuchte den Red-Bull-Doppelsieg mit einer riskanten Strategie zu verhindern.

Abstand zu Norris zu knapp

Tatsächlich reagierte Red Bull auf den Lockversuch, doch der Schachzug funktionierte nicht. Ferrari hatte zu früh die Reißleine gezogen. In Runde 48 betrug der Rückstand auf Perez 2,7 Sekunden und der Vorsprung auf Lando Norris 27,4 Sekunden. Das lag an der Grenze des Deltas, um mit einem schnellen Boxenstopp vor dem McLaren-Piloten zu bleiben. Der Reifenwechsel war gut, aber nicht gut genug. Als Leclerc auf die Strecke ging, hatte er plötzlich den McLaren vor der Nase. Und Perez blieb mit dem besten Boxenstopp des Tages vorn.

Bis der WM-Spitzenreiter Norris hinter sich gelassen hatte, war die beste Chance Perez anzugreifen schon verstrichen. Hätte Ferrari nur zwei Runden gewartet wäre der Vorsprung auf Norris wohl groß genug gewesen, um auf jeden Fall die dritte Position zu halten.

Es ging bei dem Manöver übrigens nicht um die schnellste Runde, wie viele vermutet hatten. Dafür hätte der Stopp viel später getimt werden müssen. "Wir hatten nicht den Extra-Punkt für die schnellste Runde im Auge, sondern den zweiten Platz", ließ der Teamchef wissen.

Charles Leclerc - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
Wilhelm
Der Reparaturstopp nach dem Ausrutscher kostete Charles Leclerc sieben Punkte.

Kein Fehler unter Druck

Vier Runden nach dem Boxenstopp war der Traum vom zweiten Platz endgültig ausgeträumt und auch der dritte Rang verschenkt. Leclerc drehte sich in der Variante Alta, weil er zu hart attackierte. Der Ferrari streifte im Rückwärtsgang kurz die Mauer. Das hatte einen weiteren Reifenwechsel und einen Nasenwechsel zur Folge. Als Neunter reihte sich der Liebling der Tifosi wieder ins Feld ein. Die Aufholjagd endete auf Platz 6.

Statt drei Punkte zu gewinnen hatte Leclerc sieben Punkte verloren. "Es war ein Fehler von mir, so viel Risiko zu gehen. Es wäre besser gewesen, Platz drei abzusichern. Aber in dieser WM kann es um jeden Punkt gehen. Die Variante Alta war eine der Kurven, in denen wir schneller waren als die Red Bull. Da habe ich es etwas übertrieben." Leclerc wollte unbedingt den Rückstand vor dem DRS-Messpunkt auf der folgenden Gerade auf unter eine Sekunde drücken, um dann auf der langen Zielgerade mit DRS anzugreifen.

Den Vorwurf, Ferrari habe seinen Fahrer mit dem riskanten Boxenstopp-Timing zu sehr unter Druck gesetzt, konterte Binotto: "Der Fehler hatte nichts mit Druck zu tun. Rennfahrer sind es gewohnt immer am Limit zu fahren. Die Autos sind dieses Jahr härter gefedert. Wenn man zu hoch auf den Randstein kommt, kann man das Auto schon einmal verlieren."

Charles Leclerc - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
xpb
Leclerc büßte ordentlich von seinem Vorsprung in der WM-Wertung ein.

Kein großes Ferrari-Upgrade in Miami

Ferrari verlor das Heimspiel auch deshalb, weil der Red Bull eine Spur schneller war. Und damit war die Sicherheit da, die Autos trotz der erschwerten Bedingungen mit nur einer Stunde Training im Regen perfekt auszubalancieren. "Uns ist das nicht so gut gelungen", gab man bei Ferrari zu. Beim Sprint schlug Red Bull seinen Rivalen, weil Auto und Fahrer die Reifen besser schonten. Ferrari korrigierte das für das Hauptrennen. "Die Reifenprobleme vom Samstag waren nicht mehr da."

Red Bull reduzierte sein Gewichtshandikap gegenüber Ferrari und fand mit einem Aerodynamik-Upgrade auch ein bisschen Abtrieb. Ferrari will trotzdem in Miami noch nicht mit einer großen Ausbaustufe kontern. "Wir werden daran arbeiten das Bouncing zu verhindern und unser Aerodynamikpaket für diese Strecke, die weniger Abtrieb verlangt, anzupassen. Das größere Upgrade wird etwas später folgen", bremst Binotto die Erwartungen.

Für Leclerc und Sainz geht es darum, Imola aus dem Kopf zu streichen. Leclerc haben Fehler noch nie lange beschäftigt. Der Monegasse steckt so etwas nach kurzer Analyse immer gut weg. Carlos Sainz dagegen braucht endlich mal wieder ein Rennen, das länger als zwei Runden dauert. "Fehler passieren. Pech passiert. Mir ist es lieber ich hake das am Anfang des Jahres als später in der Saison ab", macht sich der Spanier Mut.

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