Trainingsanalyse GP Monaco 2023
Endlich Gegner für Red Bull

GP Monaco 2023

Max Verstappen führt nach dem ersten Trainingstag die Tabelle an. Doch der Weltmeister bekommt so viel Gegenwehr wie noch nie in der Saison. Die Ferrari-Piloten und Fernando Alonso sind ihm dicht auf den Fersen.

Max Verstappen - Red Bull - GP Monaco - Formel 1 - Freitag - 26.5.2023
Foto: Wilhelm

Das Wochenende in Monte Carlo begann für alle Teams mit einer Überraschung. Im letzten Jahr war der Streckenbelag nach einer Neuasphaltierung eben wie ein Spiegel. Ein Jahr später hatte der normale Straßenverkehr schon wieder Wellen in den Belag gegraben. Die schlimmste vor der Zielkurve, obwohl dort der Asphalt noch einmal neu geflickt worden war.

Bei den Simulationen gingen die Teams vom Zustand des Jahres 2022 aus. Nur um festzustellen, dass fast alle zu tief unterwegs waren. Nicht alle Auto reagierten gleich auf die korrigierte Fahrzeughöhe. Red Bull brauchte ein ganzes Training lang, um auf Speed zu kommen. Ferrari und Aston Martin waren sofort schnell.

Unsere Highlights

Longruns spielen in Monte Carlo nur eine Nebenrolle. "Wenn dein Auto im Rennen ein paar Zehntel langsamer ist, kannst du dich über die ganze Distanz retten", weiß Nico Hülkenberg. Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur pflichtet bei: "Das Rennen wird am Samstag entschieden." Weder die beiden Ferrari-Piloten noch Alonso spulten eine verwertbare Rennsimulation ab. Der Fokus lag ganz klar auf der Qualifikation. Deshalb gehen wir in unserer Analyse auch mehr auf die schnellsten Runden als auf die Dauerläufe ein.

Sechs Dinge, die Sie wissen müssen:

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Monaco - 26. Mai 2023
xpb
Charles Leclerc näherte sich Max Verstappen bis auf 65 Tausendstel.

1) Muss Red Bull um den Sieg zittern?

Das kommt davon, wenn man zu sehr an den Simulator glaubt. "Der Max war nach den Simulatorfahrten Anfang der Woche super happy. Leider hat uns die Realität eingeholt. Und die ist leider nicht immer so wie die Datenwelt", berichtete Sportchef Helmut Marko nach dem ersten Training, in dem Sergio Perez und Max Verstappen nur auf den Plätzen 4 und 6 landeten. Sechs Zehntel hinter der Bestzeit. Die Fahrer klagten über zu starkes Aufsetzen auf der Straße. "Wir sind mit dem Auto um Welten zu tief gefahren", verriet Marko.

Das wurde korrigiert, schlug aber erst im zweiten Training an. Max Verstappen rückte mit der Tagesbestzeit von 1.12,462 Minuten die Verhältnisse wieder gerade. Doch diesmal sieht es nicht nach einem Durchmarsch für die Red Bull aus. Verstappen lag nur 0,065 Sekunden vor Leclerc und 0,220 Sekunden vor Alonso.

Perez musste sich sogar hinter Hamilton und Norris anstellen. Der Mexikaner beklagte Probleme mit der Traktion. "Auf den Leclerc müssen wir aufpassen. Vielleicht auch auf Alonso. Der ist seine schnellste Runde mit einem Reifensatz gefahren, der schon acht Runden drauf hatte", warnte Marko. Die starken Longruns der Red Bull-Piloten sind laut dem Grazer Schall und Rauch: "Alles hängt vom Startplatz und dem Start selbst ab. Für die guten Longruns können wir uns nichts kaufen."

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Monaco - 26. Mai 2023
Wilhelm
Aston Martin ist zumindest mit Fernando Alonso im Auto ein Kandidat für die vorderen Startreihen.

2) Wer ist besser: Aston Martin oder Ferrari?

Das Duell ging unentschieden aus. Charles Leclerc, Carlos Sainz und Fernando Alonso trennten nur 0,155 Sekunden. Ein Unfall von Sainz beendete die wilde Jagd. Der Spanier streifte in der zweiten Schwimmbadschikane innen die Leitplanke und rutschte geradeaus in die gegenüberliegende Mauer. Charles Leclerc brauchte lange, bis er auf Speed kam. Der Hausherr fuhr seine schnellste Runde erst nach 41 Minuten. Zuvor lag Teamkollege Carlos Sainz beständig vor dem Mann, der 2021 und 2022 auf der Pole Position stand.

Aston Martin ist bis jetzt ein Einmann-Team. Lance Stroll fehlt eine halbe Sekunde auf seinen Teamkapitän. Alonso demonstrierte von der ersten Runde an, dass er ein Wort um den Sieg mitreden will. Meistens lag der Spanier in den Top 3. Erst Leclercs Angriff am Ende verbannte ihn auf den 4. Platz. Mit Alonso ist trotzdem zu rechnen. Er fuhr seine schnellste Runde auf acht Runden alten Soft-Reifen.

George Russell - Mercedes - Formel 1 - GP Monaco - 26. Mai 2023
Motorsport Images
Das große Mercedes-Upgrade brachte keine bösen Überraschungen. George Russell sucht noch nach Rundenzeit.

3) Schafft Mercedes das Wunder mit der B-Version?

Der runderneuerte Mercedes hatte einen guten Start. Lewis Hamilton belegte im ersten Training den 3. Platz. Dass Teamkollege George Russell nur auf Rang 15 landete, lag an den unterschiedlichen mechanischen Abstimmungen. Andere Bodenfreiheit, unterschiedlicher Federweg. "Wir lernen, wie wir das Auto am besten einstellen sollen", hieß es bei Mercedes.

Hamilton hielt sich auch in der zweiten Trainingssitzung in den Top 6. Der Rückstand auf die Bestzeit war mit 0,498 Sekunden erträglich. Vor allem, weil Hamilton bei seinem Versuch nicht mit voller Leistung gefahren ist. Russell muss sich mit dem Auto und der Strecke noch anfreunden. Zwei Zehntel hinter Hamilton rangiert der junge Engländer auf Platz 12. Bis zur Schwimmbadpassage lagen die beiden Mercedes-Piloten auf einem Niveau. In den letzten vier Kurven zog Hamilton davon.

Das größte Problem der Mercedes-Piloten war Untersteuern in langsamen Kurven. Die Zeit auf Red Bull, Ferrari und Aston Martin ging in Loews, Portier und Rascasse verloren. Dafür notierten Hamilton und Russell ein stabileres Bremsverhalten, was möglicherweise an der neuen Vorderradaufhängung liegt. Die Kommentare der Fahrer beruhigten die Ingenieure: "Es gab keine bösen Überraschungen. Das Auto ist berechenbar."

Teamchef Toto Wolff war mit dem ersten Tag des Facelifts zufrieden. "So ein großer Schuss kann auch nach hinten losgehen. Monte Carlo war nie unsere Sahne-Strecke. Dafür sind wir gut bei der Musik, auch wenn der Rückstand auf einer normalen Strecke wahrscheinlich sieben Zehntel betragen würde", relativierte der Österreicher. Auf der anderen Seite hat Monte Carlo die aerodynamischen Qualitäten des Upgrades noch gar nicht hervorgekehrt. Die haben sich nur im Simulator angedeutet. "Wir werden erst in Barcelona ein Bild haben, wo wir stehen", zog Wolff eine Zwischenbilanz.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Monaco - 26. Mai 2023
xpb
Lando Norris belegte im zweiten Training einen starken fünften Platz.

4) Wer hat überrascht, wer enttäuscht?

Der 5. Platz von Lando Norris spricht mehr für den Fahrer als für das Auto. Teamkollege Oscar Piastri wurde regelrecht demontiert. Der Australier verlor sieben Zehntel auf Norris. Eine Überraschung war auch die Longrun-Bestzeit von Esteban Ocon. Der Alpine-Pilot lag bei einem Dauerlauf mit den Medium-Reifen mit einem Schnitt von 1.16,311 Minuten sogar vor den Red-Bull-Piloten. Doch das wird ihm in Monte Carlo wenig nützen, wenn er wie im zweiten Training nur Zehnter ist. Ocon war trotzdem zufrieden: "Das Auto fühlt sich gut an. Ich habe das Gefühl, dass da viel für uns drin liegt."

Für Alpha Tauri und Williams verlief der erste Trainingstag enttäuschend. Trotz großer Upgrades war kein großer Fortschritt in Sicht. Die Williams-Piloten fuhren in einer eigenen Liga. Alexander Albon und Logan Sargeant fehlte eine halbe Sekunde auf den Rest des Feldes. Bei Albon spielte auch die Vorsicht eine Rolle. Nach einem heftigen Crash in Ste.Dévote am Ende des ersten Trainings wurden die Williams-Mechaniker erst zwölf Minuten vor Schluss mit den Reparaturarbeiten fertig. Da wollte Albon keinen zweiten Unfall riskieren.

Nico Hülkenberg - Haas - Formel 1 - GP Monaco - 26. Mai 2023
Motorsport Images
Nico Hülkenberg touchierte im ersten Training die Leitplanke.

5) Was bedeutet Hülkenbergs Mauerkuss?

Nach 37 Minuten war das erste Training für Nico Hülkenberg beendet. Der Deutsche streifte eingangs der Hafenschikane mit dem linken Hinterrad die Mauer und legte eine Pirouette aufs Parkett. Das Auto blieb weitgehend heil. "Der größte Verlust war der Reifensatz. Wir wollten keinen zusätzlichen verschwenden", erklärte Teamchef Guenther Steiner. Hülkenbergs erster Eindruck nach vier Jahren Monaco-Pause: "Das ist das schnellste Ding, das ich jemals auf dieser Strecke gefahren bin."

Im zweiten Training wirkte der Deutsche ein bisschen gehemmt. Teamkollege Kevin Magnussen war auf eine Runde allerdings nur 0,063 Sekunden schneller. Bei den Longruns splitteten die Haas-Piloten die Arbeit. Hülkenberg ging auf Soft-Reifen auf eine Zehnrunden-Tour, Magnussen auf Medium-Gummis. Kein Wunder, dass der Däne im Schnitt um vier Zehntel schneller war. Die Soft-Reifen zeigten die Tendenz zum Körnen. Pirelli-Sportchef Mario Isola erklärte: "Das hatten wir schon letztes Jahr. Der Soft-Reifen ist ein bisschen kritisch. Ich erwarte für das Rennen soft-hart oder medium-hart."

Valtteri Bottas - Alfa Romeo - GP Monaco - Formel 1 - Freitag - 26.5.2023
xpb
Nach den ersten Eindrücken schlagen die neuen Teile am Alfa Romeo an.

6) Warum brachte Alfa-Sauber das Upgrade erst im FP2?

Alfa-Sauber hatte neben Mercedes, Alpha Tauri und Alpine das größte Upgrade im Gepäck. Der C43 war in neun Punkten modifiziert worden. Doch im ersten Training blieben die neuen Teile in der Garage. Es gab nur zwei Kits. Weitere Ersatzteile sollten erst am Samstag im Fürstentum eintreffen. Damit waren Unfälle am ersten Trainingstag verboten.

Das Team wollte Valtteri Bottas und Guanyu Zhou trotzdem die Möglichkeit geben, sich auf die Strecke einzuschießen, ohne Angst haben zu müssen, die Mauer zu treffen. Sie nutzten die Gelegenheit und legten insgesamt 54 Runden auf den Asphalt.

Am Nachmittag kamen dann die Neuentwicklungen an die Autos. Die Plätze 8 und 13 für Bottas und Zhou sind ein erstes Kompliment an die Entwicklungsarbeit. Die Strecke bestätigte die Simulationen. "Die Upgrades bringen schnellere Rundenzeiten. Deshalb haben wir sie mitgebracht."

Longruns GP Monaco 2023

Fahrer

⌀ Rundenzeit

Runden

Reifentyp

Stint

Bottas

1.16,177 min

4

oft

1

Zhou

1.16,506 min

3

soft

1

Stroll

1.16,718 min

3

soft

2

De Vries

1.16,787 min

8

soft

1

Hülkenberg

1.17,187 min

10

soft

1

Sargeant

1.17,901 min

10

soft

1

Ocon

1.16,311 min

10

medium

1

Verstappen

1.16,387 min

10

medium

1

Perez

1.16,584 min

9

medium

1

Piastri

1.16,618 min

9

medium

1

Zhou

1.16,713 min

7

medium

2

Magnussen

1.16,747 min

10

medium

1

Hamilton

1.16,754 min

8

medium

1

Stroll

1.16,772 min

7

medium

1

Gasly

1.16,866 min

10

medium

1

Bottas

1.17,135 min

9

medium

2

Russell

1.17,186 min

7

medium

1

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