VW Tiguan R (2021) im Fahrbericht
SUV-Rakete mit 320 PS kostet 56.700 Euro - noch

Erstmals bietet VW den Tiguan in einer scharfen R-Version an. Was der 320-PS-Benziner mit dem Familien-SUV anstellt, haben wir ausprobiert. Die Preisliste beginnt bei 56.700 Euro.

VW Tiguan R MY 2021 Fahrbericht
Foto: VW

Zum Jahreswechsel sortiert VW das Tiguan-Angebot neu, gönnt dem Kompakt-SUV ein umfangreiches Technik-Update und Karosserie-Facelift (Neuvorstellung), tüftelt alle Motoren auf die neuen Abgasvorschriften um und bringt mit dem Plugin-Tiguan eHybrid (Fahrbericht) eine zusätzliche Variante für das grüne Gewissen und den Zugang zu mehreren tausend Euro Umweltbonus. Mit seinen 245 PS dank Elektro-Unterstützung könnte sich der Tiguan eHybrid eigentlich die Leistungskrone der Modellreihe aufs Haupt setzen. Aber da war noch was ...

Unsere Highlights

Erster Tiguan mit R

Denn das böse Familienmitglied mit dem verheißungsvollen "R" in der Typbezeichnung braucht keine Elektrounterstützung, um richtig Alarm zu machen. Zum ersten Mal durfte die Sport-Abteilung Volkswagen R Hand an den Tiguan legen, und das geschah mit bemerkenswerter Konsequenz. 235 kW/320 PS setzt der EA888 evo4-TSI-Motor frei und macht den Tiguan R damit zum Wolf im SUV-Pelz. 420 Newtonmeter Drehmoment stehen bereits bei 2.100 Umdrehungen zur Verfügung, für Druck ist also entsprechend gesorgt.

VW Tiguan R MY 2021 Fahrbericht
Torsten Seibt
Kostet 3800 Aufpreis: Bärig klingende Akrapovic-Anlage.

Dabei darf man die neue Topvariante der Baureihe keineswegs nur auf die ansehnliche Motorleistung des Zweiliter-TSI reduzieren, denn auch das ganze Umfeld ist erheblich nachgeschärft. Die Kraftverwaltung übernimmt ein verstärktes Siebengang-DSG, das auch im ersten Gang die volle Attacke des Performance-Motors abkann. Dazu gesellt sich ein für den Tiguan R eigens abgestimmter Allradantrieb mit aktivem Torque Vectoring (Drehmomentverteilung) in der Hinterachse. Ergänzt wird das Sportpaket von der Progressivlenkung mit variabler Übersetzung und dem adaptiven DCC-Sportfahrwerk.

Mit eigenem Race-Programm

Lohn der Mühe ist ein ziemlicher "Wow!"-Effekt, sobald vom (ausreichend komfortablen) Alltags-Komfort-Programm per Schnellwahltaste am Lenkrad der Race-Modus aufgerufen wird und man förmlich spürt, wie der Tiguan die Muskeln anspannt. Die Abgasklappen werden geöffnet, das Torque Vectoring scharfgeschaltet, die Lenkung und die Aktivdämpfer wechseln in den Angriffsmodus. Schon auf gerader Strecke ist es beachtlich, wie der Tiguan R plötzlich auf Befehl losbellt, was angesichts des bärigen, stark nach grimmigem Fünfzylinder klingenden Stakkatos aus der Abgasanlage (und dem Soundgenerator) wörtlich zu nehmen ist. Sehr kurze Schaltpausen, untermalt von Zwischengas-Gesprotzel, strammer Druck nach vorn, kernige Soundkulisse ohne die bei Klappenanlagen nicht seltene Tendenz zum vulgären Gebrülle.

VW Tiguan R MY 2021 Fahrbericht
Torsten Seibt
Die neue Hinterachse mit Torque Vectoring sorgt für reichlich Fahrvergnügen.

Der wahre Spaß wartet jedoch auf engen Kurvenstrecken, die auch gerne ein bisschen "bumpy" sein dürfen, damit die Gaudi den Höchstlevel erreicht. Dann tobt der Tiguan wie von der Kette gelassen durch die Landschaft, mustergültige Traktion, höchstpräzise Lenkung, unnachgiebige Pflichterfüllung aus dem Fahrwerk. Am meisten beeindruckt jedoch die Momentenverteilung aus der Hinterachse. Das Torque Vectoring-System bezieht seine Arbeitsaufträge aus diversen Messgrößen (unter anderem Lenkwinkel, Querbeschleunigung und Gaspedalstellung), um die Kraft zwischen den beiden Hinterrädern zu verteilen. Bis zu 100 % kann dabei ein Rad mit der Hinterachs-Antriebskraft beaufschlagt werden.

Torque Vectoring in der Hinterachse

Bemerkbar macht sich das dadurch, dass der Tiguan R in engagiert genommene enge Kurven zunächst neutral hineinsticht und anschließend mit spürbarem Druck das Heck eindreht. Eine Auslegung, die auf abgesperrter Strecke amtliche Drifts ermöglichen dürfte. Wo ein regulär ausgelegter Permanent-Allradantrieb den Wagen im Grenzbereich gleichmäßig nach außen drücken würde, kommt mit dem Torque Vectoring im Tiguan R ein Hecktriebler-Moment ins Spiel, mit dem man schon vor dem Kurvenausgang wieder hart am Gas sein kann.

Klar, dass auch ohne Gekurve am Grenzbereich der Vorwärtsdrang für Freude am Lenkrad sorgt. Zwischensprints sind schon im Standard-Programm (vier Fahrprogramme sind wählbar) sehr vergnüglich, sieht man über eine ungewöhnliche Gedenksekunde beim Kickdown einmal hinweg. Überholvorgänge schrumpfen auf ein eher von Motorrädern gewohntes Niveau, auf der Autobahn wird bei 250 abgeriegelt.

VW Tiguan R – der Preis

Ende November hat VW auch den Preis für den neuen Tiguan R verkündet. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Basispreis des 320-PS-SUV bei 56.703,53 Euro. Wer im Konfigurator "einmal alles mit scharf" ankreuzt, landet schließlich im Bereich von 75.000 Euro, je nach spezieller Vorliebe für Lackfarben und Design-Details. Die dicksten Aufpreisposten bilden dabei das Nappa-Lederpaket (2.573,45 Euro), das Discover-Pro-Navi (1.584,04 Euro) und die klangstarke Titan-Performance-Auspuffanlage von Akrapovic für 3.704,20 Euro. Bei all diesen Preisen handelt es sich um die Angaben zum November 2020 mit noch 16 Prozent Umsatzsteuer. Bei einer Auslieferung des Fahrzeugs ab Januar 2021 erhöhen sich die Bruttopreise für Endkunden entsprechend mit dem dann wieder gültigen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Der Brutto-Basispreis für den Tiguan R liegt entsprechend ab Januar 2021 bei 58.170 Euro.

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Und wie, endlich rührt sich was im VW-SUV!Nichts für mich, SUV bleibt SUV, da hilft auch kein R!

Fazit

Ein SUV für die Rundstrecke? Klingt komisch, aber der Tiguan R hat das Zeug dazu. Noch viel besser könnte ich mir die neue SUV-Granate aber auf einem Schotter-Parcours vorstellen, wo sich die mitdenkende Hinterachse so richtig in Szene setzen könnte. Dass ein Tiguan so viel Spaß machen kann, war bei Beginn der Baureihe sicher nicht geplant. Aber künftig tobt da ein echter Rock´n´Roller durch die Familie.